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Stadtrat Magdeburg soll Guerickes Knochen suchen

Otto von Guerickes Gebeine sollen mit Hilfe von DNA-Spuren aufgespürt werden. Der Stadtrat Magdeburg soll die Suche ins Rollen bringen.

Von Peter Ließmann 18.09.2018, 01:01

Magdeburg l Vor 30 Jahren wäre die „Akte Otto von Guerickes Gebeine“ wohl geschlossen worden. Man hätte die sterblichen Überreste des großen Sohns der Stadt Magdeburg für verschollen erklärt. Seitdem hat die Erforschung des menschlichen Erbguts allerdings fast atemberaubende Fortschritte gemacht. Die DNA des Menschen gilt zum größten Teil als erforscht. Eine wichtige Folge davon: DNA-Vergleiche sind relativ einfach möglich — auch nach Jahrhunderten noch.

Das soll sich jetzt die Stadt Magdeburg bei der Suche nach Otto von Guerickes Gebeinen zunutze machen. Am 20. September 2018 liegt ein entsprechender Antrag im Stadtrat zur Abstimmung vor. Der Oberbürgermeister soll beauftragt werden, ein Konzept vorzulegen, wie man Otto von Guericke in Magdeburg besser würdigen kann. Und er soll ausloten lassen, ob so ein DNA-Abgleich möglich ist, was dieser kosten und wie eine Finanzierung aussehen könnte.

Dabei geht es vor allem um ein Stück Magdeburger Erinnerungskultur. Der Name und die Vita des Universalgelehrten Otto von Guericke sind bekanntermaßen eng mit der Stadt verbunden. Das sollte, besonders im Rahmen der Bewerbung Magdeburgs für den Titel Europäische Kulturhauptstadt 2025, besonders gewürdigt und hervorgehoben werden, ist man sich im Stadtrat im Großen und Ganzen einig.

Eine Möglichkeit wäre, die Grabstätte von Guerickes zu einem Denkmal werden zu lassen. Das war bis jetzt allerdings nicht möglich. Überliefert ist, dass Otto von Guericke 1686 erst in Hamburg beigesetzt, dann zwischen 1716 und 1724 nach Magdeburg überführt und in die Familiengruft seines Enkels Leberecht von Guericke in der Stiftskirche St. Nikolai am Domplatz umgebettet wurde. 1807 haben Napoleons Besatzungstruppen die Gräber in der Kirche zugeschüttet, die Gebeine vorher allerdings vor der Stadt beerdigt, denn die Kirche wurde zum Lazarett umfunktioniert.

1959 wurde die Nikolaikirche abgerissen, heute steht an dieser Stelle der Bürokomplex der Nord-LB. Nach Otto von Guerickes Gebeinen suchen kann man folglich dort nicht mehr, so Magdeburgs Kulturbeigeordneter Matthias Puhle. Gegenwärtig erinnert die Alemann-Guericke-Gruft in der Johanniskirche an den großen Gelehrten und einstigen Bürgermeister der Stadt Magdeburg.

Ruht damit Otto von Guericke in Frieden — irgendwo? Möglicherweise nicht. Im Frühjahr 2018 wurde durch Volksstimme-Berichte bekannt, dass im Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Halle zahlreiche Knochen und Schädel lagern. Die Gebeine wurden Anfang der 1990er Jahre bei Ausgrabungen in der Johanniskirche gefunden. Die Wissenschaftler der Magdeburger Otto-von-Guericke-Gesellschaft gehen davon aus, dass sich unter diesen Knochen auch die sterblichen Überreste Otto von Guerickes befinden könnten.

Das Problem bei der Suche: Man weiß nicht, in welchem der Pappkartons im Hallenser Landesamt Otto von Guerickes Gebeine liegen. Allerdings könnte ein umfangreicher DNA-Abgleich für Klarheit sorgen, so die Otto-von-Guericke-Gesellschaft. Familiäres Von-Guericke-DNA-Material gebe es. Es stammt von Otto von Guerickes Enkelin Johanna Hedwig, die in der Krüssauer Dorfkirche beerdigt liegt. Die Suche nach einer DNA-Übereinstimmung könnte möglicherweise auch zu einem Forschungsprojekt gemacht werden. Das würde die Kosten von mehreren Hunderttausend Euro deutlich senken.

Es muss aber einen Auftraggeber mit einem berechtigten Interesse geben. Und hier kommen die Stadt Magdeburg und die Stadträte ins Spiel.

Um die Erinnerung an Otto von Guericke zu pflegen und mit einer neuen Grablegung seiner Gebeine herausragend zu würdigen, könnte die Stadt den Auftrag zur DNA-Suche erteilen. Darüber soll am Donnerstag abgestimmt werden. Die Fraktion CDU/FDP/BfM hat einen entsprechenden Antrag bereits Anfang dieses Jahres auf den parlamentarischen Weg gebracht.

Im April 2018 wurde dieser erst einmal zur Beratung in den Kulturausschuss geschickt. Dort hat man sich während eines Lokaltermins in der Johanniskirche von Fachleuten informieren lassen. Und fand den Gedanken, nach Otto von Guerickes DNA und Knochen zu suchen, richtig. Eigentlich wollte man, dass die Stadt schon bis September 2018 ein erstes Prüfergebnis dazu vorlegt. „Wir haben uns im Stadtrat ja etwas länger mit der Sache befasst, darum ist der September natürlich nicht mehr zu halten“, sagt Kulturausschussvorsitzender Oliver Müller (Die Linke). Darum werde man der Stadt natürlich mehr Zeit dafür einräumen.