Ausstellung Magdeburger Verein erinnert an verstorbenen Künstler mit Down-Syndrom
Der Kunstverein Zinnober in Magdeburg-Stadtfeld erinnert mit einer Retrospektive an das Mitglied Gunnar Kretschmer. Der Künstler mit Down-Syndrom war dort über 15 Jahre kreativ tätig.

Magdeburg - Noch an seinem letzten Tag machte Gunnar Kretschmer das, was er am liebsten tat. Er malte. Frivol oder provokant könnte man seine Bilder bezeichnen, Frauen in aufreizenden Posen waren sein Lieblingsmotiv. Mit nur 38 Jahren starb Gunnar Kretschmer im Dezember 2021.
Der Wunsch seiner Mutter Andrea Charlotte Kretschmer war es, seine Werke ein letztes Mal auszustellen. Wolfram Stäps, Vorsitzender des Kunstvereins Zinnober, erfüllt diesen jetzt. „Mit einer Retrospektive für einen herausragenden Künstler und vor allem auch Freund“, wie er sagt.
Verein fördert Kreativität
Seit über 15 Jahren war Gunnar Kretschmer Mitglied in dem Verein, der speziell Menschen mit einer Behinderung beim Ausleben ihrer kreativen Ader fördert. Dutzende Bilder hat der Mann, der mit dem Down-Syndrom zur Welt kam, in dieser Zeit gemalt. Für die Ausstellung, die am 12. März 2022 im Vereinsatelier an der Großen Diesdorfer Straße eröffnet wird, haben seine Mutter und sein Förderer 70 Werke zusammengetragen.
„Beim Rahmen merkt man wieder, wie toll seine Bilder sind“, sagt Stäps. Er erinnert sich: Als die ehemalige Justizvollzugsanstalt für das Kunstfestival „Neue Sinnlichkeit“ umgenutzt wurde, bewarb sich Gunnar Kretschmer und wurde angenommen.
Offene und charmante Art
„Wir haben eine ganze Gefängniszelle mit seinen Bildern ausgestattet“, erzählt er. „Gunnar unterhielt sich mit allen Leuten offen. Er war hochcharmant“, sagt sein Zinnober-Freund. Auch Fotos des Künstlers aus dieser Zeit werden in der Werkschau gezeigt.
Hatte seine Mutter denn keine Bedenken wegen der aufreizenden Motive? „Anfangs schon“, sagt sie lachend. „Warum musst du immer diese sexy Weiber malen? Kannst du nicht was Normales malen?“, habe sie ihn damals gefragt. Doch Wolfram Stäps habe sie dann zum Umdenken gebracht. „Kunst ist, was Wiedererkennungswert hat“, erklärt er ihr.
Präsent auf Ausstellungen
Und das haben die Bilder von Gunnar auf jeden Fall. Frauen in grellen Farben, oft leicht bekleidet, hat er festgehalten. Zum Beispiel mit Edding auf Pergament, „eine seltene Technik“, wie Stäps sagt.
Etliche seiner Werke haben bereits Käufer gefunden, auf zahlreichen Ausstellungen waren sie zu sehen. „Wir hatten noch viele Pläne, zum Beispiel Kleidung für Frauen künstlerisch zu gestalten“, erzählt Wolfram Stäps. Doch dazu kam es nicht mehr.
Verkaufserlös für Vereinsarbeit
Andrea Charlotte Kretschmer wünscht sich, dass die Ausstellung zeigt, dass ihr Sohn ein „ganz normaler Künstler“ war. Seine Werke können posthum erworben werden. Der Erlös kommt dem Kunstverein zugute, in dem er viel Zeit verbracht hat und der seine Künstler so fördert, sagt sie.
Die Vernissage ist am 12. März 2022 um 11 Uhr in der Großen Diesdorfer Straße 166a. Bis 31. März 2022 kann die Ausstellung von Montag bis Mittwoch zwischen 14 und 18 Uhr besucht werden.