Ehrenamt Menschen in Not: Verein „Machdeburjer mit Herz“ hilft Obdachlosen aus der Wohnungslosigkeit
Sie kümmern sich um Obdachlose, um Menschen, die in Altersarmut leben, und um mittellose Alleinerziehende. Die Mitglieder des „Vereins Machdeburjer mit Herz“ helfen schnell, nachhaltig und unbürokratisch. 32 Menschen haben sie im vergangenen Jahr aus der Wohnungslosigkeit geholfen, 27 Wohnungen haben sie für Bedürftige eingerichtet.

Magdeburg - Das Baby schlief in einem Wäschekorb, die Mutter auf einer Matratze auf dem Boden. Nachbarn hatten von der prekären Situation der jungen Frau erfahren, die in einer Nacht- und Nebelaktion vor ihrem gewalttätigen Partner nach Magdeburg flüchtete. In einer Sozialwohnung kam sie mit ihrem nur wenige Wochen alten Kind unter. Zwar hatte sie ein Dach über dem Kopf, doch an einer Einrichtung fehlte es komplett.
Die Nachbarn der jungen Frau wandten sich an Sabine Köhler, die Gründerin des Vereins „Machdeburjer mit Herz“. Gemeinsam mit elf weiteren Ehrenamtlichen und einer Vielzahl Unterstützer und Spender hilft sie in Not geratenen Menschen. Ob Obdachlosen, bedürftigen Familien, in Altersarmut lebenden Menschen oder eben wie in diesem Fall Alleinerziehenden.
Kaum eine Stunde nachdem Sabine Köhler der Hilferuf erreichte, fuhr sie mit einigen Mitstreitern zu der jungen Frau. Noch am selben Abend konnten sie ein Kinderbett aufbauen, nur wenige Stunden später gar die ganze Wohnung einrichten. Ein Bett für die junge Mutter, Schränke, Tische, eine Couch - eine Wohnung, in der sich die Mutti mit ihrem Baby geborgen und wohlfühlen kann.
Die Möbel hierfür holten die „Machdeburjer mit Herz“ aus Peine, wo ein Geschäft aufgelöst wurde. Die Inhaber sind über Facebook auf die „Machdeburjer mit Herz“ aufmerksam geworden und spendeten ihre Einrichtung. Inzwischen hat der Verein in ganz Deutschland Unterstützer gefunden. Sachspenden, Möbel und auch Bekleidung bekommen die „Machdeburjer mit Herz“.
Insgesamt 27 Wohnungen haben sie so im vergangenen Jahr einrichten können. 32 Obdachlosen organisierten sie ein Dach über dem Kopf. Darunter auch Micky. Knapp 15 Jahre hatte er keine Wohnung, lebte mal hier mal dort - meistens bei Freunden. Mit seiner Freundin lebte er zuletzt in Rothensee. Als die Beziehung in die Brüche ging, landete er wieder auf der Straße. Von den Helfern mit Herz erfuhr er über einen Freund, für den die „Machdeburjer“ eine Wohnung fanden.
Nach über 15 Jahren ohne festen Wohnsitz eine eigene Wohnung
Micky schrieb den Verein an, um die Helfer wissen zu lassen, was für wertvolle Arbeit sie leisten. Da er selbst in einer schwierigen Situation sei, wisse er auch, wie aussichtslos eine Wohnungssuche sein kann, schrieb er. Knapp eine Stunde später habe sich dann Sabine Köhler bei ihm gemeldet und um ein Treffen gebeten. Kurze Zeit später konnte er einen Mietvertrag unterschreiben und lebt nun in seiner eigenen Wohnung in Fermersleben. „Ein tolles Gefühl“, erzählt er. Und da seine Nachbarn Menschen sind, die Ähnliches erlebt haben, sei der Zusammenhalt groß.
Die Wohnungen bekommen die „Machdeburjer mit Herz“ von dem Berliner Immobilienunternehmen Ambelin. In Neustadt stellen sie zwei komplette Eingänge zur Verfügung und auch in Fermersleben seien vier Aufgänge für Hilfesuchende vorgesehen, erzählt Sabine Köhler. Natürlich müsse das Amt seinen Segen für den Einzug in die Wohnungen geben, doch werden den Obdachlosen und Wohnungssuchenden seitens Ambelin keine Hürden gestellt. „Dafür sind wir unendlich dankbar. Wir und auch das Unternehmen wissen ja, dass viele unserer Hilfesuchenden ein Alkoholproblem haben oder Schulden mit sich bringen. Das macht die Wohnungssuche normalerweise zum Martyrium.“ Durch die Unterstützung Ambelins könne schnell und unkompliziert geholfen werden.
Allein in der kommenden Woche werden eine Frau, die derzeit im Frauenhaus lebt, und zwei junge Männer einen Mietvertrag unterschreiben. Doch damit nicht genug. Die „Machdeburjer mit Herz“ sind auch nach der Wohnungsübergabe für die Menschen da. Sie helfen beim Einrichten der Räume, unterstützen bei Behördengängen, statten den Menschen regelmäßig Besuche ab und helfen auch beim Finden von Arbeit. Für Letzteres arbeiten sie unter anderem mit einem Personalvermittlungsunternehmen zusammen.
256-mal für Bedürftige Menschen gekocht
Dass Sabine Köhler und ihre Mitstreiter ein großes Herz haben, hat sich längst rumgesprochen. So rief jüngst ein junger Mann an, der aus der JVA in Halle entlassen wird und dringend Hilfe braucht. Als Sabine Köhler verdutzt fragte, wie er den auf sie gekommen sei, erzählte er, dass man in der JVA über die unvoreingenommene Hilfe der „Machdeburjer mit Herz“ spricht. Zudem verweisen inzwischen auch andere Hilfsorganisationen an den Verein. Viele Menschen werden zudem über die Facebookseite auf den Verein aufmerksam, auf der das Wirken der Mitglieder festgehalten wird.
Denn neben der Unterbringung von Obdachlosen und der Unterstützung Hilfebedürftiger versorgen die Vereinsmitglieder in enger Zusammenarbeit mit den „AllesRettern“, einem Verein der Lebensmittel und vieles mehr vor dem Müll bewahrt, die Menschen auch mit Nahrungsmitteln. 256-mal haben sie im vergangenen Jahr gekocht und Obdachlose, Rentner und Bedürftige mit warmen Essen versorgt. 880 Lunchpakete haben sie gepackt und 120 Liter Kakao und 340 Liter Kaffee gekocht.
Die Dankbarkeit jener, denen sie, ob im Großen oder Kleinen, helfen konnten, sei dabei ihr größter Antrieb. Dass ihre Hilfsangebote mittlerweile derartige Dimensionen angenommen haben, kann das Team kaum fassen. Im vergangenen Jahr erregten sie erstmals Aufsehen, weil sie während einer extremen Kälteperiode kurzentschlossen und unbürokratisch Obdachlose von der Straße holten und in dem Tanzstudio Diadanza von Carmen Puschmann unterbrachten. Sie organisierte Matratzen, Wäsche, Hygieneartikel. Sie richtete ein, betreute und kochte. Ein Spendenaufruf stieß auf riesige Resonanz und zahlreiche Magdeburger schlossen sich ihr an.
Ziel ist es, schnell und nachhaltig zu helfen
Bereits zu Pandemiebeginn war Sabine Köhler einem Aufruf gefolgt, in dem Helfer für eine Obdachlosenbetreuung gesucht wurden. Nur habe sie damals festgestellt, dass die Hilfe nicht nachhaltig war. „Es half den Obdachlosen nicht, aus der Situation herauszukommen.“ So beschloss sie selbst und vor allem nachhaltig aktiv zu werden. Angesichts der 32 Obdachlosen, die sie seither mit ihren Vereinsmitgliedern und Helfern von der Straße geholt hat, mit großem Herz und Erfolg.
Natürlich kann auch Sabine Köhler mit ihren Mitstreitern keine großen Wunder vollbringen, wohl aber viele kleine. Dafür ist sie auf weitere „Machdeburjer mit Herz“ angewiesen. Wer in Form von Spenden oder tatkräftiger Unterstützung helfen möchte, der kann sich telefonisch bei Sabine Köhler unter 0176/42 96 79 21 oder via E-Mail an: machdeburjermitherz@gmx.de melden.
