nicht mehr zeitgemäß? Debatte um Namen: Müssen Straßennamen in Magdeburg auf den Prüfstand?
Eine Studie aus Berlin könnte dazu anregen, auch in Magdeburg die Namen von Straßen zu überdenken. Die Volksstimme hat bei der Stadtverwaltung nachgefragt.

Magdeburg - Der Antisemitismusbeauftragte der Stadt Berlin, Samuel Salzborn, hat eine Studie in Auftrag gegeben, bei der untersucht wurde, welche Namen von Berliner Straßen und Plätzen antisemitische Bezüge haben. Seither wird darüber breit diskutiert, wie mit Straßenbenennungen etwa nach Martin Luther umgegangen werden soll. Vor dem Hintergrund der Diskussionen um die Mohren-Apotheke in Magdeburg fragte die Volksstimme bei der Magdeburger Stadtverwaltung nach, ob in Magdeburg Ähnliches geplant oder bereits realisiert worden sei und ob es Plätze oder Straßen gebe, deren Namen nicht mehr zeitgemäß seien.
Die AG Straßennamen habe sich bereits mehrfach und auch im aktuellen Kontext mit den Straßennamen nach Personen, Orten und Ereignissen befasst und geprüft, welche mit den gegenwärtigen Standards für eine Benennung kollidieren, teilt die Pressestelle der Stadt mit. So seien sowohl nach 1945 als auch nach 1990 die Straßennamen mit eindeutig militaristischen, kolonialistischen, nationalsozialistischen, rassistischen, kommunistischen, stalinistischen und diskriminierenden Hintergründen um- oder auch rückbenannt worden. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand liege in Magdeburg kein Handlungsbedarf vor, informierte die Pressestelle der Stadt.
Grundsätzlich werde bei Straßenbenennungen ein Bedarf der Notwendigkeit geprüft, da sie immer mit Belastungen für die Anwohner verbunden seien. Selbst Umbenennungen ohne betroffene Anwohner hätten zu kontroversen öffentlichen Diskussionen geführt. Letztendlich liege die Entscheidungshoheit für eine Straßenbenennung oder –umbenennung bei den gewählten Stadträten.
Straßennamen in Berlin, bei denen Gutachter Handlungsbedarf sieht:
Dr. Felix Sassmannshausen, der die Studie für die Stadt Berlin erstellt hat, sieht mehrere Möglichkeiten, wie mit den Straßennamen umgegangen werden kann. Die Studie ist hier einsehbar. Er merkt an, dass bei vielen Namen nicht genügend Informationen vorlägen. Daher empfiehlt er zunächst eine weitergehende Forschung als niedrigste Form der Handlungsempfehlung. Nächste Stufe wäre eine digitale ergänzende Erklärung (Kontextualisierung). Es würde demnach in digitalen Verzeichnissen von Straßennamen auf den antijüdischen Bezug hingewiesen werden. In Stufe drei erachtet er eine Erklärung nicht nur digital, sondern auch vor Ort als notwendig, zum Beispiel durch eine Plakette oder Tafel.
Erst in der vierten Stufe empfiehlt er eine Umbenennung. Dazu gehören der Richard-Wagner-Platz, die Arndtstraße und die Lutherstraße. Straßen mit diesen Namen gibt es auch in Magdeburg. Ergänzende Erklärungen schlägt er in Berlin für die Herderstraße, die Fichtestraße, den Hegelplatz, die Harnackstraße und die Thomas-Mann-Straße vor. Weitere Forschungen und Recherchen sollte es zum Goethepark, zur Kantstraße, zur Pestalozzistraße, Rückertstraße, Schinkelstraße, Mehringstraße, Jahnstraße, Schleiermacherstraße, Hauffstraße, Melanchthonstraße, Roseggerstraße, Sudermannstraße, zum Max-Josef-Metzger-Platz und zur Fritz-Reuter-Allee in Berlin geben.
Felix Sassmannshausen hat Politikwissenschaft, Philosophie und Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Georg-August-Universität Göttingen studiert. Er lebt als Politikwissenschaftler, Autor und Journalist in Leipzig, geht aus dem Text der Studie hervor.