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Theater an der Angel Nacht-Gedanken-Buch vertreibt Schwermut

Vertont und zum Lesen können rastlose Magdeburger Nachtschwärmer, die nicht zur Ruhe kommen, am Nacht-Gedanken-Buch mitschreiben. Es ist Kommunikation und Austausch gleichermaßen und wurde von Schauspielerin Ines Lacroix initiiert.

Von Christina Bendigs 25.05.2021, 00:14

Magdeburg - Mit dem traurigen Kopf des Lockdowns und schließlich sogar Ausgangssperre fühlte sich Schauspielerin Ines Lacroix (Theater an der Angel) in eine albtraumhafte Lage versetzt. Die Einsamkeit der Nacht, die sie sonst gut ertragen könne, sei ihr wie eine Geißel vorgekommen. „Wenn ich nicht weiter weiß, dann schreibe ich es oft auf“, sagt sie. Und so tat sie es auch an jenem Tag, an dem sie ihre Nachtgedanken mit ihrer E-Mail-Adresse veröffentlichte. Ihr Postfach sei daraufhin übergelaufen. Schnell war klar, die Resonanz auf ihren Post würde die Schauspielerin nicht allein bewältigen können. Mit ihrer Kollegin Anne Struve hatte sie bereits darüber gesprochen. Und auch mit Heimatforscherin Nadja Gröschner von der Feuerwache. Sie sieht in den zahlreich eingegangenen Gedanken ein wichtiges Zeitzeugnis für die Corona-Pandemie. „Es wäre schade, wenn diese Gedanken verloren gehen würden“, sagt sie.

Mit Hilfe von Anne Struve wurden die Einsendungen und auch jene Briefe, die am Nacht-Gedanken-Kasten vor dem Theater an der Angel angebracht wurden, in eine schöne Form gebracht und stehen als Nacht-Gedanken-Buch zur Verfügung. Gröschner sieht in dem Projekt die Möglichkeit, die kommunikative und die chronistische Seite zusammenzubringen. Weil Ines Lacroix selbst auch gern mal etwas zum Hören einschaltet, wurden die Einsendungen inzwischen auch eingelesen und können auch gehört werden.

Auf Namen unter den Texten wird bewusst verzichtet. Stattdessen können Autoren auf der Internetseite gesammelt genannt werden. Auf diese Weise soll vermieden werden, dass sich Personen selbst darstellen. Denn darum gehe es nicht. Vielmehr sei das Nacht-Gedanken-Buch ein Gespräch in Abwesenheit. Die Internetseite www.nacht-gedanken-buch.de ist noch bis zum Ende des Jahres freigeschaltet, um Gedanken aufzunehmen.

Briefkasten ist nachts beleuchtet

Die drei Initiatorinnen sind gespannt, in welche Richtung sich das Nacht-Gedanken-Buch entwickeln werde. Nach den ersten etwa 50 Beiträgen und dem Ende der Ausgangssperre sowie weiteren Lockerungen in der Corona-Pandemie sei es inzwischen etwas ruhiger geworden. Aber vielleicht werden neue Momente kommen, in denen der Austausch Menschen hilft. Ob auch ein gedrucktes Buch aus dem Projekt werden wird, das lassen die Initiatorinnen noch offen. Das Projekt solle sich selbst entwickeln, sind sie sich einig. Und was nicht von allein komme, solle nicht erzwungen werden.

Der Briefkasten vor dem Haus des Theaters an der Angel ist nachts beleuchtet. Ines Lacroix lädt dazu ein, Nachtgedanken mitzunehmen oder zu hinterlassen. Das können auch Gedichte sein, oder Bilder. Die Schreiber seien nicht an die Nachtstunden gebunden. Allerdings sind sich die Initiatorinnen einig, dass die Dinge, die nachts geschrieben und ohne eine Überarbeitung am Morgen danach abgeschickt werden, am authentischsten sein dürften. Die Schreiber scheinen sehr unterschiedlich zu verfahren.

Ein kleines Geschenk habe den Frauen Musiker Stephan Michme gemacht. Just an dem Tag, als das Nacht-Gedanken-Buch veröffentlicht wurde, hatte er den Song „Nachtgedanken“ von seinem neuen Album ausgeschlossen, erzählt Ines Lacroix. Er habe den Text schließlich an die Macherin des Nacht-Gedanken-Buchs geschickt.

Gedanken in Kontext mit anderen setzen

Was das Nacht-Gedanken-Buch mit Lacroix macht? „Dass ich etwas loswerde, es adressiere an jemanden“, sagt Ines Lacroix, um ihre mitunter schwermütigen Gedanken in einen Kontext mit anderen zu setzen.