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Bildung Neues Lehrerstudium: Magdeburg macht Schule

An der Otto-von-Guericke-Universität haben die ersten Absolventen der neu hochgefahrenen Lehrerausbildung ihre Abschlüsse in der Tasche.

Von Martin Rieß 09.08.2023, 03:00
Nick Waldstädt und Uniprofessorin Stefanie  Rach diskutieren an der Uni in Magdeburg über Material, mit dem Mathematik veranschaulicht wird. Neben geometrischen Objekten handelt es sich um das Galton-Brett. Dieses ist wichtig für die Einführung der Binomialverteilung im Bereich Stochastik.
Nick Waldstädt und Uniprofessorin Stefanie Rach diskutieren an der Uni in Magdeburg über Material, mit dem Mathematik veranschaulicht wird. Neben geometrischen Objekten handelt es sich um das Galton-Brett. Dieses ist wichtig für die Einführung der Binomialverteilung im Bereich Stochastik. Foto: Martin Rieß

Magdeburg - Nick Waldstädt ist einer der Ersten: Als an der Magdeburger Otto-von-Guericke-Universität nach Jahren wieder ein Studiengang für Lehrer an allgemeinbildenden Schulen mit Fach Mathematik eröffnet wurde, nutzte er die Gelegenheit. Aus der Nähe von Jena, aus Bad Klosterlausnitz im Saale-Holzlandkreis, kam er nach Magdeburg, absolvierte das Studium und beginnt in wenigen Tagen sein Referendariat als Lehrer für Mathematik und Sozialkunde am Sportgymnasium. Aus Praktika kennt er diese Schule bereits – ebenso wie die Gemeinschaftsschulen „August Wilhelm Francke“ und „Ernst Wille“. Jetzt aber wird er nach dem Abschluss des Studiums in einer ganz neuen Rolle vor eine Klasse treten – und er sagt: „Darauf freue ich mich.“

Warum ist Lehrerstudium in Magdeburg attraktiv?

In seiner Studienzeit hat er Magdeburg schätzen gelernt – die Stadt ebenso wie die Universität. Er sagt: „Ein Pluspunkt des Studiums in Magdeburg ist beispielsweise die sehr persönliche Betreuung durch die Lehrenden.“ Sprich: Dank der niedrigen Zahl an Studierenden kennt man einander, bekommt schnell Antworten auf Fragen.

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Schätzen gelernt hat der aus Thüringen stammende Wahl-Magdeburger das Studium an der Otto-von-Guericke-Universität aber auch aus anderen Gründen. So gab es ein breites Spektrum an Wahlpflichtkursen, so dass er genau seinen Interessen und Zielen entsprechende Inhalte auswählen konnte. In seinem Fall waren es in den Bildungswissenschaften Inhalte zu besonderen Schulformen am Beispiel der Jeetzeschule – einer Gesamtschule in freier Trägerschaft in Salzwedel – oder besondere Exkurse in die Welt der digitalen Medien.

Was waren für die Uni die Herausforderungen?

An dem guten Studienklima maßgeblich mitgewirkt hat Stefanie Rach. Die Professorin ist Inhaberin des Lehrstuhls für Didaktik der Mathematik am Institut für Algebra und Geometrie. Ihr Lehrstuhl war im Zuge des Starts für den neuen Studiengang geschaffen worden. „Dies alles ist natürlich neben Forschung und Lehre eine Herausforderung“, sagt die Professorin mit Blick auf die vergangenen Jahre.

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Unter anderem musste das Prüfungsamt erweitert werden, und das Studium für die angehenden Lehrer musste koordiniert werden. Ohne Frage eine knifflige Aufgabe: Unter einen Hut gebracht werden müssen die Angebote des Zentrums für Lehrerbildung der Uni und verschiedener Fakultäten, da beispielsweise die Inhalte für Mathematik und Sozialkunde eben an gänzlich anderen Stellen der Uni angeboten werden.

Wie wird der Studiengang ausgebaut?

Und die nächsten Herausforderungen stehen an: Das Studium für künftige Lehrer soll ab Herbst 2024 auch dual möglich sein. „Dafür müssen die Lehrinhalte entsprechend organisiert werden“, sagt Stefanie Rach.

Ziel dieses neuen Angebots ist es, den künftigen Lehrern in ihrer Ausbildung einen höheren Praxisanteil zu bieten.

Wie steht es um die Praxisnähe?

Nick Waldstädt meint: „Wichtig wird dabei sicher sein, dass die eigentlichen Studieninhalte nicht zu kurz kommen.“ Schon jetzt sei es nämlich verführerisch, als Student während des Studiums an Schulen zu arbeiten und dabei den eigenen Lernfortschritt an der Uni zu vernachlässigen.

Es müsse darum gehen, das richtige Maß zu finden: „Viele Menschen meinen ja, dass die Kinder und Jugendlichen heute schwerer zu unterrichten sind als früher. Das stimmt so nicht. Man muss einen Draht zu den Heranwachsenden finden – und das funktioniert heute anders als früher, und man lernt gerade das nur im Praktikum und nicht beim Studium“, sagt Nick Waldstädt.

Welche Tipps gibt es für junge Studierende?

Überhaupt, sagt der junge Lehrer, dürfe man das Studium nicht unterschätzen. „Es hilft unwahrscheinlich, wenn man zum Beispiel fürs Mathematikstudium mit anderen Studierenden eine Lerngruppe bildet und wenn man das Angebot des Vorkurses nutzt.“

Das sieht Stefanie Rach ebenso: „Das Studium beginnt bei uns am 5. Oktober – der Vorkurs findet aber bereits ab dem 18. September statt.“ Eine Aufgabe, für die sie noch keine Lösung hat: Wie kann man jene für die Hilfsangebote begeistern, die die Hilfe brauchen. Die Vorteile, die eine Unterstützung beim Lernen bieten kann, nutzten erfahrungsgemäß vor allem die ohnehin Leistungsstärkeren. „Dies ist aber eine Herausforderung, vor der Universitäten überall und in allen Studiengängen stehen.“

Welche Chancen bietet das Bachelor-Master-System?

Eine weitere Herausforderung ist die Gliederung des Studiums. Anders als in Halle, wo das Lehramtsstudium auf Staatsexamen auf dem Stundenplan steht, ist das Magdeburger Studium auf das System von Bachelor und Master aufgebaut. Nick Waldstädt sagt: „Das habe ich von vornherein als attraktiv empfunden: Wenn ich während des Bachelor-Studiums festgestellt hätte, dass ich doch nicht Lehrer werden möchte, dann hätte ich mich nach dem Bachelor-Abschluss für ein Masterstudium neu orientieren können. Beim Lehramtsstudium auf Staatsexamen ist das nicht möglich.“

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Uni-Professorin Stefanie Rach sieht einen weiteren Vorteil: „Es soll möglich sein, dass Studierende nach einem Bachelor-Abschluss an anderen Einrichtungen bei uns aufbauend den Master auf Lehramt belegen.“ Ausdrücklich ist dabei auch die Rede von Bachelor-Absolventen von Hochschulen für angewandte Wissenschaften – besser auch noch bekannt als Fachhochschulen. Von Beginn an hatte die Magdeburger Uni hier ein Modellprojekt mit der Hochschule Merseburg erarbeiten wollen. Stefanie Rach: „Da sind wir jetzt dran.“

Es geht darum zu formulieren, welche Voraussetzungen diejenigen, die zum weiteren Studium nach Magdeburg wechseln möchten, mitbringen müssen. Es geht darum, welche Inhalte belegt sein müssen, damit das Masterstudium in Magdeburg sich passend an das Bachelor-Studium an der Hochschule anschließen kann.

Wie steht es um eine Konkurrenz mit Uni in Halle?

Der Blick in den Süden Sachsen-Anhalts bedeutet auch einen Blick nach Halle. Denn hier hatte man ja in den 2000er Jahren die Lehrerausbildung für Sachsen-Anhalt konzentrieren wollen. Wenn seit 2018 in Magdeburg wieder Lehrer für allgemeinbildende Schulen mit Fach Mathematik ausgebildet werden, würde das womöglich die Bedeutung der Angebote der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg schmälern, womöglich dort Stellen gefährden?

Stefanie Rach sieht solche Befürchtungen ausgeräumt: „In Halle sind die Zahlen bei Lehramtsstudierenden ja nicht zurückgegangen. Vielmehr ist es gelungen, junge Menschen aus dem Norden Sachsen-Anhalts für das Studium zu begeistern, die sonst in einem anderen Bundesland studiert und dort Wurzeln geschlagen hätten oder sich ein gänzlich anderes Studienziel gesucht hätten.“

Und mehr noch: Im ganzen Land ist man daran interessiert, die Lehrerausbildung voranzubringen, und vor diesem Hintergrund stehe ein kollegialer Austausch im Vordergrund und kein Konkurrenzdenken. Für den Studiengang sei wichtig, dass dessen Kontinuität auch für die Zukunft gesichert wird, so die Einschätzung von Uni-Professorin Stefanie Rach.

Was bringt der Neustart Schulen in der Region?

Abiturienten aus der Region dafür zu begeistern, in der Region zu bleiben und den Lehrerberuf zu ergreifen – ist davon an den Schulen im Norden Sachsen-Anhalts schon etwas angekommen? Vor dem Hintergrund, dass jetzt erst die ersten Absolventen für allgemeinbildende Schulen ihren Studienabschluss in der Hand halten, werden die Ergebnisse des Engagements in Magdeburg erst jetzt sichtbar. „Schon jetzt haben wir in Magdeburg aber Kooperationen beispielsweise mit der Integrierten Gesamtschule ,Willy Brandt’, der Gemeinschaftsschule ,Oskar Linke’ und dem Internationalen Stiftungsgymnasium aufgebaut.“

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Diese Schulen bieten den Raum für Praktika der Studierenden oder dafür, neue Unterrichtskonzepte und -mittel zu entwickeln. Im Falle der Willy-Brandt-Schule setzt die Uni auch darauf, dass die Landeshauptstadt in direkter Nachbarschaft den Bau eines neuen Schulgebäudes vorbereitet – dem Austausch auf dem kurzen Weg stünde also nichts entgegen.

Termine und Kontakt: Wie man auf Lehramt in Magdeburg studiert

Zu Beginn des Neustarts für die Ausbildung von Lehrern mit Fach Mathematik in Magdeburg standen die Fächer Deutsch, Ethik, Physik, Sozialkunde und Sport in Kombination mit Mathematik im Fokus. Knapp 50 junge Menschen hatten damals das Studium an der Uni in der Landeshauptstadt begonnen. Seitdem ist das Interesse ungebrochen.

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Ganz neu im Programm ist nun das Angebot, Deutsch mit weiteren Fächern zu kombinieren. Mehr im Internet.

Bewerbungen sind bis zum 15. September möglich. Die freiwilligen Vorkurse beginnen am 18. September. Die Einführungswoche für das eigentliche Studium beginnt Anfang Oktober.