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Parade und Fest Für Offenheit und Toleranz

Am Freitag wird am Magdeburger Rathaus die Regenbogen-Fahne gehisst. Hintergrund ist der Christopher Street Day.

Von Christina Bendigs 12.08.2016, 01:01

Magdeburg l Der Christopher Street Day steht in Magdeburg in diesem Jahr unter dem Motto „Vielfalt in Arbeit“ und bietet an 15 Tagen ein abwechslungsreiches Programm. Darüber spricht Schirmherr Jens Burkart, Geschäftsführer der Gastro Concept GmbH.

Am Freitag beginnt der Christopher Street Day in Magdeburg. Worauf freuen Sie sich besonders?

Jens Burkart: Auf die CSD-Parade und das CSD-Stadtfest auf dem Alten Markt am 27. August und natürlich auf die Abschlussparty im Theater am Hundertwasserhaus am Abend.

Die Veranstaltungen, die vor diesem Hintergrund stattfinden, stehen unter dem Motto „Out in office – Vielfalt in Arbeit“. Ich hätte gar nicht gedacht, dass das überhaupt noch ein Thema ist.

Ja, man denkt immer, dass Diskriminierung am Arbeitsplatz aufgrund von Homosexualität kein Thema mehr ist. Aber so ist das nicht. Es gibt immer noch viele Berührungsängste und Diskriminierung. Das muss überhaupt erst mal in die Öffentlichkeit gestellt werden, damit darüber gesprochen werden kann und die Menschen anfangen nachzudenken und sich fragen: Wie ist das eigentlich bei uns? Die Frage, wie Mitarbeiter miteinander umgehen, hängt sehr stark vom Firmenklima ab und wie offen das Verhältnis untereinander ist.

Gibt es Branchen, die besonders betroffen sind, wenn es um die Diskriminierung von Homosexuellen geht?

Ich denke, da kann man keine klare Trennung vornehmen. Sicher gibt es Branchen, in denen es etwas rauer zugeht. Das sind dann aber auch Berufszweige, die man sich von vornherein nicht unbedingt aussucht. Allerdings sollten sich Unternehmer gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels bewusst darüber sein, dass sie sich mit Ausgrenzung auch die Chance auf einen kreativen Mitarbeiter vergeben.

Aber anhand einer Bewerbung lässt sich doch erst mal gar nicht erkennen, ob jemand homosexuell ist.

Sicher wird niemand in einem Lebenslauf seinen „Makel“ kenntlich machen. Und das ist auch gut so. Denn private Neigungen haben nichts mit der Qualität der Arbeit zu tun, die jemand leistet, und sollten ebenso wenig wie die Hautfarbe oder der Musikgeschmack eines Menschen eine Rolle bei der Einstellung spielen. Dennoch kommt es immer wieder zu Mobbing oder Ausgrenzung am Arbeitsplatz. Denn peripher tritt das Private ja doch zutage, weil man sich am Rande über Privates unterhält. In dem Zusammenhang kann es schon passieren, dass Leute negativ reagieren und andere ausgrenzen. Deshalb trauen es sich viele gar nicht, sich auf der Arbeit zu outen, weil sie Angst vor den Folgen haben. Aber dann sind sie wie Menschen mit zwei Gesichtern, weil sie nicht sein können wie sie sind.

Und wie sollten Arbeitgeber in so einem Fall reagieren?

Da kann man ja schlecht einen Handlungsfaden herausgeben. Nein, natürlich nicht. Ich denke, vor allem sollte ein offenes Klima herrschen und die Möglichkeit gegeben werden, Probleme offen anzusprechen. Firmenchefs sollten Mitarbeiter ermutigen, Probleme anzusprechen, egal, welcher Art sie sind, und nach Lösungen suchen. Denn auf diese Weise ermöglichen sie ihren Mitarbeitern, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Vieles kann man mit Humor nehmen. Aber irgendwann ist eine Grenze überschritten. Dann muss man sehen, wie man damit umgeht.

Wo fängt Diskriminierung überhaupt an?

Sie fängt damit an, dass Mitarbeiter schikaniert oder schief angeschaut werden, weil sie homosexuell veranlagt sind, bis hin zu Mobbing durch Kollegen oder Vorgesetzte.

Gibt es Gesetze, die man ändern oder ergänzen könnte, um Diskriminierung am Arbeitsplatz entgegenzuwirken?

Es hat sich ja gesetzlich schon viel getan. Aber Diskriminierung am Arbeitsplatz kann man damit wohl nicht entgegenwirken. Letztlich ist sie ein Arbeitsvertragsverstoß. Aber mit Offenheit erreicht man meiner Meinung nach mehr als mit Drohungen und Strafen. Die Gesellschaft sollte insgesamt offener und toleranter werden. Wer zum Beispiel im Familienkreis offen mit dem Thema umgeht, wird das auch am Arbeitsplatz tun. Und wenn Betroffene im Familienkreis schon negative Erfahrungen machen, wird sich die Angst vor Repressalien auch auf das Arbeitsleben übertragen.

Sie sind seit 20 Jahren mit der Gastro Service GmbH am Markt. Wie ist das Firmenklima bei Ihnen?

In unserem Unternehmen arbeiten 54 Mitarbeiter. Mit Mitarbeitern z. B. von Zeitarbeitsfirmen und Aushilfen haben wir um die 100 Mitarbeiter im Jahr. Ausgrenzung aufgrund einer persönlichen Neigung gibt es bei uns nicht. Bei uns steht die Leistung im Vordergrund.

Wenn Sie zurückblicken, würden Sie sagen, dass es einen Wandel gegeben hat?

Ja, es hat ein Wandel stattgefunden. Die Gesellschaft ist insgesamt schon offener und toleranter geworden. Ein ganz wichtiges Zeichen ist zum Beispiel, dass wir am Rathaus die Regenbogenfahne hissen dürfen und es einen Empfang im Rathaus geben wird. Damit zeigen die Stadt und Oberbürgermeister Lutz Trümper, dass sie offen sind, auch für Menschen mit Neigungen, die nicht der Norm entsprechen. Darüber freuen wir uns wirklich sehr. Und es ist auch ein positives Zeichen an Unternehmer, die sich in Magdeburg niederlassen wollen. Auch bei ihnen spielt bei der Auswahl eines Standortes die Offenheit einer Stadt eine Rolle. Die Gesellschaft sollte insgesamt offener werden. Wenn wir Offenheit und Vielfalt in der Gesellschaft fördern, fördern wir auch die Vielfalt am Arbeitsplatz. Die junge Generation geht offener mit dem Thema um. Aber auch junge Menschen können ausgrenzen.

Wie trägt der Christopher Street Day dazu bei, Diskriminierung am Arbeitsplatz zu mindern?

Er bietet die Möglichkeit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Durch unsere Veranstaltungen kommt das Thema überhaupt erst in die Öffentlichkeit. Und sie bieten auch die Gelegenheit, den einen oder anderen Kontakt zu knüpfen.

Also richten sich die Veranstaltungen an jedermann?

Ja, jeder kann kommen. Und er wird feststellen, dass es auch nur ganz normale Menschen sind, die feiern und lustig sein wollen. Aber wer geht denn wirklich zu den Veranstaltungen oder unserem Umzug und traut sich? Es bestehen Ängste, mit Homosexualität in Verbindung gebracht zu werden. Das fängt ja schon an, wenn man versucht, Sponsoren für unsere Veranstaltungen zu finden, oder jemanden, der eine Anzeige im Heft zum Christopher Street Day schaltet. Natürlich fragt man eher bei Unternehmen an, von denen man weiß, dass sie offen sind. Es gibt aber sicher auch Betriebe, die es ablehnen, in unserem Heft eine Anzeige zu schalten, weil sie Sorge haben, dass sie dadurch den Kontakt zu Geschäftspartnern verlieren könnten.

An wen können sich Menschen wenden, die aufgrund ihrer sexuellen Neigung ausgegrenzt oder diskriminiert werden?

Natürlich an den Verein, er sitzt in der Schäfferstraße 16. Dort gibt es viele Ansprechpartner, gerade auch für Jugendliche, die ihr Coming-out noch nicht hatten.

Die CSD-Wochen vom 12. bis 27. August 2016 im Überblick

Freitag, 12. August
14 Uhr: Hissen der Regenbogenfahne, anschließend Regenbogenempfang // Rathaus
23 Uhr:  Gaydance – CSD Start-up-Party // Feuerwache 

Sonnabend, 13. August
15 Uhr: „Bitte mit Sahne“ - Ka­ffeeklatsch // Regenbogencafé

Sonntag, 14. August
13 Uhr: Sportfest mit Kaffeeklatsch & Grillen // TuS Neustadt

Montag, 15 August
14-22 Uhr: Schnelltesttag für MSM // Aids-Hilfe
20 Uhr: LesBiSchwuler Filmabend – „Schau mich nicht so an“ // Studiokino

Dienstag, 16. August
19 Uhr: Schnupperkurs Tango Argentino // Volksbad Buckau

Mittwoch, 17. August
19 Uhr: „Best of CSD Magdeburg 2011 bis 2015“ // Bärios

Donnerstag, 18. August
18 Uhr: „QUEER.MACHT.POLITIK // ver.di Bezirksverwaltung

Freitag, 19. August
18 Uhr: Selbstverteidigungsworkshop für FLTI* // Ernst-Reuter-Haus

Sonnabend, 20. August
11 Uhr:  „Mit dem Rad durch den Sommer“// Alter Markt
18 Uhr: CSD-Andacht mit Chor „Queerubim“ // Wallonerkirche
19.30 Uhr: „Bunte Bühne - Du bist der Star“ // Familienhaus im Nordpark

Sonntag, 21. August
18 Uhr: Rainbow-Bowling // „Bowl and Diner“

Montag, 22. August
20 Uhr: LesBiSchwuler Filmabend –„Dunno Y² Life is a moment“ (Gay-Film) // Studiokino

Dienstag, 23. August
18 Uhr: Drogen & Sex – HIV and your body // Der Paritätische LSA
19.30 Uhr: LesBiSchwule Literaturnacht mit Buff­et // Feuerwache

Mittwoch, 24. August
19 Uhr: „Homophobie als Machtinstrument - Das gefährliche Wirken der AfD“ // Volksbad Buckau

Donnerstag, 25. August
18 Uhr: „Tatort Arbeitsrecht“ // ver.di Bezirksverwaltung 
19 Uhr: Speed-Dating & Schwesternkaraoke // Boys’n’Beats 

Freitag, 26. August
19 Uhr: Klosterschule mit den Schwestern der Perpetuellen Indulgenz // Familienhaus Nordpark

Sonnabend, 27. August
13 Uhr: CSD-Demo-Parade durch die Innenstadt
15 Uhr: Start Bühnenprogramm CSD Stadtfest // Alter Markt
22 Uhr: CSD Abschlussparty „Sleepless Night“ // Hundertwasserhaus