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Ruhestörung Krach um Lärm in Magdeburg

Über Lärm klagen Anwohner in Magdeburg-Fermersleben. Am Notruftelefon riet man ihnen, sich selbst um das Problem Ruhestörung zu kümmern.

Von Franziska Ellrich 30.08.2018, 11:29

Magdeburg l Um kurz vor 22 Uhr hat sich in den vergangenen Wochen regelmäßig eine Gruppe von Anwohnern am Spielplatz in der Friedrich-List-Straße in Magdeburg getroffen. Um gegen die „extreme Lärmbelästigung“ anzugehen, Präsenz zu zeigen, sagt Olaf Höft.

Der Magdeburger wohnt gegenüber dem Spielplatz und hat nach diesem Sommer genug vom Lärm. Wiederholt sollen sich dort in den vergangenen Wochen mehrere Familien mit ihren Kindern getroffen und bis in die Morgenstunden für Krach gesorgt haben.

„Viele von uns müssen um 6 Uhr wieder aufstehen“, sagt Olaf Höft. Er vermisst den „Einsatz der Behörden“. Unter der 110 habe man bereits den Rat erhalten, selbst runterzugehen und das Gespräch zu suchen. Für den Fermersleber ein Unding. „Niemand hat das Recht, am Notruftelefon zu sagen: Helft euch selber!“

Es waren rund zehn Anwohner, die sich daraufhin zur Selbsthilfe entschieden und Stellung bezogen haben sollen – auf der gegenüberliegenden Straßenseite. „Wir haben die Familien auf dem Spielplatz angesprochen und wurden daraufhin beleidigt“, sagt Olaf Höft. Eskaliert sei die Situation glücklicherweise nicht. Der 51-Jährige spricht davon, dass ohne Unterstützung der Schritt zur Bürgerwehr nicht mehr weit entfernt sei.

Was den Fermerslebern zusätzlich Bauchschmerzen bereitet, sei der Müll und Dreck. Vermehrt würde die Notdurft in den Büschen verrichtet. Man habe sich bereits wiederholt an das Ordnungsamt der Stadt Magdeburg gewandt – auch da vermisst Olaf Höft Reaktionen.

Die Volksstimme hat bei der Stadt Magdeburg nachgefragt. Dort ist das Thema bekannt. Oberbürgermeister Lutz Trümper sei derzeit dabei, einen Brief der Anwohner zu beantworten. Stadtsprecherin Kerstin Kinszorra erklärt: „Sie können davon ausgehen, dass wir uns darum kümmern und das Thema sehr ernst nehmen.“

Die Lärmbelästigung weise der Stadt zufolge Parallelen zur Situation am Moritzplatz auf. In Neue Neustadt beschweren sich regelmäßig Anwohner über die große rumänische Gemeinschaft, die im Sommer ihren Lebensmittelpunkt nach draußen verlagert.

Auch in Fermersleben soll es sich hauptsächlich um rumänische Familien handeln. Einer der Briefeschreiber an den Oberbürgermeister ist Anwohner Tim Dietz. Er erklärt gegenüber der Volksstimme: „Uns geht es nicht um Fremdenfeindlichkeit oder Rassismus, sondern darum, dass wir als Anwohner nicht mehr zur Ruhe kommen, da unsere Nachtruhe gestört wird.“

Die Situation sei laut Kerstin Kinszorra „nicht mit einem Federstrich zu lösen“, sondern müsse auf vielen Ebenen – von Stadtverwaltung über Vermieter bis hin zur Zivilgesellschaft – angegangen werden.

Auf Nachfrage bei der Polizei erklärt Sprecher Frank Küssner, dass in den vergangenen Wochen die Beamten mehrmals nachts vor Ort waren. Dabei haben die Polizisten tatsächlich auch mal größere Gruppen von bis zu 30 Personen angetroffen. Nachdem sie von den Polizisten angesprochen wurden, hätten sie umgehend den Spielplatz verlassen.

Allerdings habe es dem Polizeisprecher zufolge auch Situationen gegeben, bei denen die Beamten niemanden auf dem Spielplatz antrafen. Im August 2018 soll es dem Sprecher zufolge einen Fall gegeben haben, bei dem trotz Notruf kein Einsatz vor Ort zustande kam.

Frank Küssner erklärt, wie die Polizei ihre Entscheidungen trifft: Die Beamten in der Leitstelle prüfen zuerst, ob das Ordnungsamt der Stadt – welches eigentlich für Ordnungswidrigkeiten wie Lärmbelästigung zuständig ist – noch besetzt ist. Ist das nicht der Fall, übernimmt die Polizei. Wiederholt wurde im Zuge des Stellenabbaus bei der Polizei über diese Zuständigkeit außerhalb der Dienstzeiten des Ordnungsamtes debattiert.

Wann die Polizisten vor Ort sein können, hänge von der aktuellen Einsatzsituation und den zur Verfügung stehenden Kräften ab, erklärt der Polizeisprecher und macht deutlich: „Fälle, in denen Gefahr droht oder eine Straftat stattfindet, haben natürlich Vorrang.“ Was das Problem Lärmbelästigung angeht, sei es durchaus eine Option, dass die Bürger gebeten werden, das Gespräch erst einmal selbst zu suchen. „Natürlich nicht, wenn sie sich dadurch in Gefahr begeben“, betont Küssner.

Dass bei den Fermerslebern eine Art Bürgerwehr Thema ist, hält der Polizeisprecher für wenig zielführend. Er sagt: „Das Gewaltmonopol liegt bei der Polizei.“

Fakt ist: Mittlerweile sei es in der Nacht ruhiger geworden, bestätigt Anwohner Olaf Höft. Das stellt auch die Volksstimme bei einem Besuch vor Ort fest. Nach 22 Uhr war Anfang dieser Woche dort niemand mehr anzutreffen. Ob das reiner Zufall war, an den abgekühlten Temperaturen oder der regelmäßigen Aktion der Anwohner lag, bleibt offen.