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Spurloseinbrüche Das Problem mit den schwarzen Schlüsseln

Nach erneuten Spurloseinbrüchen in Magdeburg stellt sich die Frage: Wie sicher sind die Schließanlagen? Die Volksstimme hat nachgefragt.

Von Jana Heute 28.07.2017, 01:01

Magdeburg l Das Besondere und für viele Beunruhigende an den sogenannten Spurloseinbrüchen ist, dass die Täter offenbar keinerlei Gewalt anwenden mussten, um in die Räume zu gelangen. Insbesondere Keller und Gemeinschaftsräume der Wohnungsbaugesellschaft (Wobau) waren in der letzten Zeit von solchen Einbrüchen betroffen. Am Mittwoch berichtete die Volksstimme von neuen Vorkommnissen in einem Mehrgeschosser der Wobau in der Neuen Neustadt.

Die Wobau selbst sprach in der Vorwoche von insgesamt rund 240 Einbrüchen in Keller und Gemeinschaftsräume in den Jahren 2015 bis 2017. In 58 Fällen davon habe es sich um Spurloseinbrüche gehandelt.

Das Unternehmen beteuerte unterdessen aufs Neue, dass keine Generalschlüssel, die an Vertrags- bzw. Servicefirmen herausgegeben worden sind, verschwunden seien. Es gebe regelmäßige Inventuren und jede Übergabe werde gesondert protokolliert.

Wie geht das also? Wie gelangen die Täter in die Abstellräume, wo sie es insbesondere auch auf hochwertige Fahrräder abgesehen haben?

Sie müssen einen Schlüssel haben. Wenn es sich nicht um Originale handelt, müssen Kopien im Umlauf sein. Die Fachleute sprechen von schwarzen Schlüsseln. Schlüsseln also, die es eigentlich gar nicht geben dürfte, wie Christoph Buhtz erklärt. Der 31-Jährige ist Betriebsingenieur im Sicherheitsfachgeschäft Buhtz in der Mittagstraße.

Nur ein paar hundert Meter weiter, in der Morgenstraße 59, passierten Anfang Juli die jüngsten Spurloseinbrüche, bei denen zwei hochwertige Fahrräder gestohlen wurden. Für die Mieter höchst ärgerlich, das weiß auch Fachmann Christoph Buhtz, der schon mit vielen ähnlich Betroffenen zu tun hatte. Das Sicherheitsgefühl leidet enorm, wenn Unbekannte ins private Umfeld, vielleicht sogar in die eigene Wohnung, eindringen. Deshalb seien viele Leute privat bereit, Geld in die Hand zu nehmen und sich vernünftige Sicherungssysteme und Schlösser anzuschaffen, berichtet Christoph Buhtz.

Bei großen Vermietern sei das leider nicht immer der Fall. „Es wird zwar saniert, alles Mögliche erneuert, Fassade und Fenster“, so Buhtz, aber bei den Sicherungssystemen bzw. Schließanlagen gebe es häufig Nachholebedarf. 90 Prozent der Wohnungen seien noch mit den konventionellen mechanischen Schlössern und Zackenprofil-Schlüsseln bestückt, schätzt der Fachmann.

Es ist letztlich eine Frage des Geldes. In großen Städten wie Hamburg oder Berlin, vor allem aber in der Industrie und im Gewerbe werden zunehmend moderne elektronische Schließanlagen verbaut. Sie sind zwar um einiges teurer als mechanische, dafür aber personenbezogen, im Verlustfall flexibel zu handhaben und damit viel länger sicher einsetzbar. Verschwindet der Transponder oder die Zugangskarte, wird das Nutzerprofil gelöscht. Es ist nicht nötig, gleich alle „Schlüssel“ einer Schließanlage zu tauschen. Die alten mechanischen Systeme seien dagegen „wie in Beton gegossen“, beschreibt es Christoph Buhtz. Wenn aus einem gesicherten System Schlüssel verschwinden oder kopiert werden konnten, bliebe letztlich nur der Austausch der Anlage, sagt er. Vermieter seien gefordert, die Schließanlagen penibel zu pflegen. Dazu zähle ein lückenloser Schlüsselnachweis. Je älter die Anlage, je größer die Gefahr von Sicherheitslücken und schwarzen Schlüsseln. Hersteller geben zwar 20 Jahre Patent- und somit Profilschutz auf die Schlüssel. Das heißt, erst nach Ablauf dieser Zeit könnten gleiche oder ähnliche Rohlinge im Umlauf sein.

Wo die Schließsysteme sauber gepflegt würden, sei eine Verwendung über 20, 30 oder manchmal mehr Jahre kein Problem, so Christoph Buhtz. Tauchten jedoch Sicherheitslücken auf, bestünde Handlungsbedarf. Der Vermieter komme um Investitionen nicht herum, „auch wenn das für große Vermieter sicher nicht leicht ist“.

Selbst moderne mechanische Schlösser, sogenannte Aktivschlösser, böten schon einen deutlich verbesserten Kopierschutz. Sie sind mit einem kleinen beweglichen Stift versehen, was einfaches Nachmachen der Schlüssel verhindert.

Zu Chistoph Buhtz und seinen Kollegen kommen häufig Kunden in den Laden, die eine Schlüsselkopie wünschen. Oft seien es Mieter. Man erkenne an dem System oder der Nummer, ob es sich um ein gesichertes Schließsystem handelt. Nachmachen geht dann nur mit Vorlage der Sicherungskarte, die es für solche Systeme gibt. „Ohne diesen Nachweis erstellen wir auch keine Kopie. Es ist verboten“, betont Christoph Buhtz. Im Fachgeschäft ist das so. Doch gibt es in jeder Branche auch schwarze Schafe.

Was können Mieter tun, wenn sie um die Sicherheit an der Wohnungstür fürchten? „Sprechen Sie mit Ihrem Vermieter“, rät Christoph Buhtz. Häufig hätten diese nichts dagegen, wenn sich Bewohner ein eigenes Schloss einbauen und das alte aufbewahren. Bei Auszug würde das dann wieder getauscht.