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Traditionshaus Magdeburger Oli-Kino trotzt Corona-Krise

Das Oli-Kino in Magdeburg hat schon Einiges erlebt. In der Corona-Krise erweisen sich die Freunde des Kinos als große Unterstützer.

Von Klaus-Peter Voigt 20.05.2020, 15:52

Magdeburg l Ines Möhring geht an leeren Stuhlreihen entlang. Trotz der durch Corona erzwungenen Schließung des Oli-Kinos in Stadtfeld huscht inzwischen wieder ein Lächeln über ihr Gesicht. Der Betreiberin des fast legendären Hauses fehlen die Worte. Eine erst am Mittwoch voriger Woche ins Leben gerufene Spendenaktion hat die kühnsten Erwartungen mehr als erfüllt. „Es schien mir eigentlich nur wie ein Strohhalm. Mehrere Monate dicht machen, das ging an die Grenzen meiner Finanzkraft“, sagt die umtriebige Kinochefin.

In dieser Situation bekam sie den Tipp, per Internet Spenden einzusammeln, um den Weiterbetrieb des Oli zu sichern. Innerhalb von knapp zwei Tagen landeten rund 7500 Euro auf dem Konto. Am Dienstag war das ursprünglich gesetzte Ziel, 10.000 Euro bis Ende Juni zusammenzutragen, bereits um rund ein Fünftel überschritten. 121 Unterstützer, davon etwa ein Viertel anonym, fassten ins Portemonnaie, um etwas fürs Überleben des beliebten Freizeittreffs zu tun. „Dabei hatte ich eigentlich nur Freunde und Bekannte per WhatsApp und Facebook um Hilfe gebeten“, berichtet Ines Möhring.

Und je nach Höhe der Spende gibt es ein Dankeschön. Das kann ein Gutschein für Eintrittskarten sein, eine Einladung zum Mädelsabend für zehn Damen – Sekt und Selters inklusive – oder ein Namensschild für den ganz persönlichen Sitz im Kino. Doch nicht jeder der Geldgeber ist darauf aus, eine Reihe von ihnen wollte sein Scherflein ohne „Gegenleistung“ beitragen. Die Kinochefin ist überwältig. Jetzt sehe sie die Zukunft wieder optimistischer.

Mit dem Ende aller Aktivitäten durch die Corona-Pandemie mussten alle geplanten Veranstaltungen abgesagt werden. Das betraf neben den wöchentlichen Kinovorstellungen die zahlreichen gebuchten Termine für Familienfeiern, Klassentreffen oder Konzerte. „Von dieser bunten Mischung leben wir letztlich“, lautet die kurze Einschätzung von Ines Möhring. Mit wir meint sie den Hausmeister und die kleine Mannschaft an der Bar. Das Oli sieht sie als Kiez-Kino mit vielfältigen Funktionen.

Die über die Leinwand flimmernden Streifen wären da nur ein kleiner Teil der Offerten. Trotzdem plant sie dabei mit Vorsicht bis zum Jahresende, mögliche Änderungen eingeschlossen. So schnell es geht, soll die für 2020 geplante Reihe mit italienischen Kultfilmen wieder anlaufen. „La Strada“ von Regisseur Federico Fellini steht als nächstes im Programm. Mit ein wenig Glück werde es den traditionellen Abend mit Erdbeerkuchen und Bowle noch geben. Im Juni zur Erntezeit der süßen Früchte spiele man stets passend dazu „Blutige Erdbeeren“.

Kultstatus habe zudem der inzwischen 12. Bikertreff am 29. August dieses Jahres. Dann donnern Motorräder in den Saal und bilden für den Nachmittag eine stimmungsvolle Kulisse. 40 Maschinen vor der Bühne sind bislang der Rekord. Auch Buchungen zum „Kino für Zwei“ liegen vor. Ein Klassiker, bei dem verliebte Paare ihren Wunschfilm in romantischer Atmosphäre genießen können. Fast ein Dutzend Mal gab es dabei bereits Heiratsanträge vor den roten Sitzen.

Für den Herbst sei eine neue Reihe in Vorbereitung. Das Seniorenkino richtet sich dann in erster Linie an Menschen aus dem Stadtfelder Umfeld. Für 5 Euro soll es dann nicht nur eine Kinovorstellung geben, sondern auch Kaffee und Kuchen. Freiwillige Helfer haben sich bereits bereit erklärt, an diesem Tag unentgeltlich zu backen, damit der niedrige Preis möglich wird.

Alles in allem steckt Ines Möhring den Kopf nicht in den Sand. Die Wochen der Ruhe werden genutzt, um Reparaturen und Verschönerungsarbeiten vorzunehmen. Frische rote Farbe gab es so für den Fußboden im Saal. Das Oli ist für die engagierte Frau – wenn auch quasi als zweiter Job nach Feierabend – zum Lebensinhalt geworden. Seit 2006 ist sie dort heimisch und betrieb es gemeinsam mit dem Retter des Hauses, dem Kinodirektor Wolfgang Heckmann gemeinsam. Seit dessen Tod Ende vergangenen Jahres steht sie allein an der Spitze.