Geheimnisse um Magdeburger Wahrzeichen Wie Magdeburger Dom doch noch Unesco-Welterbe werden könnte
Auch wenn das Magdeburger Wahrzeichen schon viele Jahrhunderte auf dem Buckel hat – es gibt immer wieder Neues zu entdecken.

Magdeburg. - Eine Reihe neuer Erkenntnisse über den Magdeburger Dom bis hin zum Vorstoß, für ihn einen neuen Anlauf auf die Welterbeliste zu initiieren - lesen Sie dazu auch den Kommentar der Volksstimme -, bot ein Symposium des Fördervereins Dommuseum Magdeburg. Die Themen sollen auch in einer Broschüre zusammengefasst werden, wie die Vereinsvorstände Thomas Nawrath und Rainer Kuhn der Volksstimme mitteilten. Was werden die Themen der neuen Veröffentlichung sein?
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Alter des verschwundenen Magdeburger Kirchenbaus
Die rätselhafte Bebauung auf dem Domplatz, die in vor einigen Jahren mit halbhohen Steinmauern angedeutet wurde, ist erneut ein Thema. Die Fundamente wurden durch archäologische Ausgrabungen in den 1960er Jahren unter der Leitung von Ernst Nickel und in den 2000er Jahren unter Rainer Kuhn erforscht.
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Lange Zeit nahm man an, dass es sich bei einem bestimmten Bauwerk auf dem Domplatz um den Palast Ottos des Großen handelte. Doch heute wird es aufgrund zahlreicher Grabanlagen als Kirchengebäude interpretiert. Der Archäologe Holger Grönwald, der im Herbst 2023 im Auftrag des Landesamtes für Archäologie und Denkmalpflege Sachsen-Anhalt eine Grabung im Südosten des Domplatzes durchführte, präsentierte erste Ergebnisse dieser Untersuchung. Diese bestätigen, dass der ottonische Bau – benannt nach Otto dem Großen – in zwei Phasen errichtet wurde. Zudem untermauerten neue naturwissenschaftliche Daten die Datierung des Kernbaus auf das zehnte Jahrhundert, wie es bereits Rainer Kuhn und sein Team vermutet hatten.
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Was der verschwundene Kirchenbau in Magdeburg mit Frauenkirche in Dresden zu tun hat
Der Historiker Volker Schimpff argumentiert, dass aufgrund der Topografie des Domplatzes für den ottonischen Bau nur ein Zentralbau infrage kommt. Bei einem Zentralbau handelt es sich um ein Bauwerk, dessen Hauptachsen gleich oder annähernd gleich lang sind. Beispiele sind das Pantheon in Rom, die Frauenkirche in Dresden oder der Felsendom in Jerusalem. Im Unterschied zum Zentralbau gibt es die Längsbauten wie den heutigen Magdeburger Dom.
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Durch Vergleiche mit anderen Bauten in verschiedenen europäischen Regionen hat Volker Schimpff mehrere Rekonstruktionsmöglichkeiten entwickelt. Auch er hält einen Kirchenbau für die wahrscheinlichste Variante, anstelle eines Palastes, einer „Pfalz“.
Warum Magdeburg Dom eine Chance auf der Unesco-Liste haben sollte
Leonhard Helten, Kunsthistoriker, setzt sich für einen neuen Antrag auf den Unesco-Welterbe-Status für den Magdeburger Dom ein. Dabei betont er, dass die früheste Bauphase des Doms ab 1207 noch nichts mit der französischen Gotik zu tun hatte.
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Vielmehr war der Bau zu dieser Zeit von anglo-normannischer Architektur geprägt. Erst nach dem Jahr 1220 kam es infolge politischer Veränderungen im Reich zu einer Neuausrichtung des Dombaus in Richtung französische Gotik.
Wann der heutige Magdeburger Dom seinen Baustart hatte
Heiko Brandl, der das Inventar des Magdeburger Doms erfasst hat, legt dar, dass der Neubau des Doms bereits im Sommer 1207 begann und nicht, wie oft angenommen, erst 1209. Zudem datierte er die Umgestaltung des Bischofsganges auf den Zeitraum von 1220 bis 1230. Der Grund für diese Planänderungen lag in der politischen Situation: Nach dem Thronfolgekrieg wurde Kaiser Otto IV. entmachtet und der Staufer Friedrich II. setzte sich durch. Friedrich II., unterstützt vom Magdeburger Erzbischof Albrecht, wollte Magdeburg an die glanzvolle Zeit unter Otto dem Großen anknüpfen.
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Im Jahr 1220 vermittelte Friedrich II. daher die Überführung der Kopfreliquie des Heiligen Mauritius nach Magdeburg, um diese Pläne zu unterstützen.
Was an Geschichte über Schutzpatron nicht stimmt
Mauritius, der als Soldatenheiliger bekannt ist, war der Schutzpatron des Magdeburger Doms und stieg unter Kaiser Otto dem Großen zum Reichsheiligen auf. Zahlreiche Standbilder und Abbildungen im Magdeburger Dom erinnern an ihn. Die Historikerin Ulrike Theisen berichtet, dass die Thebäische Legion, der Mauritius zugeschrieben wird, im Römischen Reich wohl nie existierte. Auch die Legende, dass der Kaiser eine ganze Legion als Strafe für Ungehorsam vernichten ließ, sei sehr unwahrscheinlich. Somit dürfte die historische Existenz des heiligen Mauritius fraglich sein.
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Die Expertin verweist auch auf die ursprüngliche farbige Gestaltung der Figur, die heute als „goldener Mauritius“ im Dommuseum Ottonianum Magdeburg ausgestellt ist.
Woher die antiken Bauteile für den Magdeburger Dom stammen
Domarchäologe Rainer Kuhn geht der Frage nach, woher die antiken Bauteile für die ottonische Doppelkirchenanlage im zehnten Jahrhundert stammten, die auf Geheiß Ottos des Großen errichtet wurde.
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Während einige kleinere Kirchen in Norditalien und Kroatien als Quelle ausgeschlossen werden konnten, bleiben vor allem Rom und Ravenna als mögliche Herkunftsorte der antiken Bauteile im Gespräch. Aufgrund aktueller Forschungsergebnisse, die Kuhn auf einer Forschungsreise gesammelt hatte, sprach er sich jedoch eher für Rom als Quelle der Bauteile aus.