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Interview Altstadt muss angepackt werden

Die Spuren von Bernd Wipper sind überall in Oebisfelde zu sehen. Als Geschäftsführer der Wobau scheidet er zum Jahresende aus.

Von Harald Schulz 24.12.2018, 05:00

Herr Wipper, was waren die Beweggründe in Oebisfelde beruflich Fuß zu fassen??
Ausschlaggebend war damals, dass ich beruflich kürzertreten wollte, aber trotzdem eine neue Herausforderung suchte. Das hört sich im ersten Moment nach Zurücklehnen im Chefsessel an, doch den Ausschlag für die Zusage der Stellenausschreibung war eine private Besichtigung von Oebisfelde im Vorfeld der Bewerbung. Hier war Arbeit im überschaubaren Rahmen zu erkennen, die mich fordern würde. Und das kam ja dann auch so. Die Entfernung von Arbeitsplatz und Wohnort passte und auch meine Ehefrau gab grünes Licht. Und dann startete meine Dienstzeit bei der Stadt Oebisfelde-Weferlingen als Wobau-Geschäftsführer am 1. August 2003. Es begann eine arbeitsintensive Zeit mit allem was ich erwartet hatte und auch mit so manchem Überraschungsmoment.
Kurz für die Leser nachgefragt. Wo war ihr vorheriges Betätigungsfeld??
Das war Magdeburg. Ich habe dort bei der KBV als Handwerker angefangen. Allmorgendlich machte ich mich auf dem Weg zum Stadtrat, holte Material für Reparaturen ab und machte mich dann auf den Weg zu den Wohnungen. Über die Weiterqualifizierung zum Elektromeister erhielt die die Aufgaben eines stellvertretenden Leiters für die Produktion im Stadtbezirk Mitte. Dann kam quasi über Nacht die Wende und ich stand allein in der Verantwortung für 20?000 Wohnungen.
Es gab Arbeit ohne Ende, allerdings ohne klar definierte Regelungen, mit einer über Jahrzehnte vernachlässigten Grundbuchordnung und unendlich mit vielen Eigentumsfragen. Dann als Geschäftsführer für den Immobilienhandel galt es 62?000 Wohnungen abzuwickeln, also möglichst zu verkaufen und gleichzeitig die Altschuldenregelung zu bewältigen. Diese Herausforderungen und die Kontakte zu einem amerikanischen Architekten dank einer Dienstreise nach Paris brachten für mich die persönliche Wende und die bis heute berufliche Sichtweise für den erfolgreichen Wohnungsbau. Letztendlich auch die Erfolgsgarantie für die wohnungsbauliche Entwicklung in Oebisfelde.
Bevor ihre Arbeit bei der Wobau Oebisfelde in den Blickpunkt rückt, berichten Sie bitte von dieser Begegnung und die Folgen.
Nun ja, als Hauptabteilungsleiter für 16?000 Wohnungen und einem finanziellen Bauvolumen von 60 Millionen Euro im Jahr fühlte ich mich verpflichtet, Wohnungen nicht allein zu verwalten, sondern Wohnraum attraktiv zu gestalten. Die Stadtflucht aus Magdeburg war damals unübersehbar.
Von diesem Architekten erhielt ich die nachhaltige Unterstützung für meine Idee vom Wohnungsbau "Bauen, wie Mieter bauen würden".
Für die gestalterische Konzeption eines Wohnkomplexes am Neustädter See in Magdeburg reiste der Architekt sogar nochmals aus den USA an, gab für kleines Geld zusätzliche Impulse für die planerische Ausgestaltung. Zusätzlich fand ich Unterstützer für mein Vorhaben bei der damaligen Bauhochschule der Stadt.
Das Gesamtkonzept wurde in der Umsetzung ein Erfolgsmodell, die Mieter standen Schlange. Davon geprägt, entstand mein Leitbild "Um Häuser zu bauen, benötigt es eine Lebensphilosophie".
Womit das Gespräch auf ihre Zeit in Oebisfelde wieder angekommen ist. Was war hier ihre erste Herausforderung??
Das war die Übernahme der lokalen Wohnungsbaugenossenschaft. Dieses Vorhaben hatte ich zu wuppen, nachdem ein großes Bankhaus der Genossenschaft einen Kredit in namhafter Höhe gekündigt hatte. Ich habe mir die Hacken abgerannt, um finanzielle Mittel zu bekommen, damit diese Fusion auf wirtschaftlich vertretbaren Füßen gegründet werden konnte. Das Vorhaben blieb längere Zeit der zentrale Problemfall. Als Wohnungsbaugesellschaft fanden wir, also die Stadt und die Gesellschaft, einen neuen finanzstarken Partner. Finanziell war damit die Kuh vom Eis, strukturell ist es eine Ausgabe geblieben, die aber auf Sicht sich dem Ende zuneigt.
Was im Klartext bedeutet??
Im Klartext bedeutet dies, dass es immer auf die handelnden Personen ankommt. Dabei ist eigentlich unerheblich, ob die Wobau unter kommunaler Beteiligung, oder als Eigenbetrieb aufgestellt ist. Beides hat Vor- und Nachteile. Als ich 2003 meine Arbeit aufgenommen habe, gab es einen Leerstand von 18,3 Prozent. Aktuell bewegt sich die Wobau bei sechs Prozent. In Oebisfelde konnte ich den direkten Vorteil durch den VW-Standort Wolfsburg nutzen, nicht erst seit dort 2007 das Model "Auto 5000" griff. Ich habe mich seinerzeit gegen die Argumentation der ehemaligen Bürgermeisterin Silke Wolf durchgesetzt, habe in und für öffentlichen Wohnraum investiert, was sich meiner Meinung nach ausgezahlt hat.
Wie halten Sie für den Wohnungsbau in Oebisfelde nach der Ära Wipper für notwendig??
Entscheidend wird die Bezahlbarkeit für Wohnraum sein. Das ist uneingeschränkt der Vorteil Nummer eins für dieses kommunal aufgestellte Modell Wobau Oebisfelde. Aus meiner Sicht ist die Sanierung der Blocks in der Friedrich-Engels-Straße zu umfassend. Dort sollten die Bedingungen statt barrierefrei eher barrierefreier gestaltet und in Bauabschnitten vorgegangen werden. Ansonsten sehe ich nicht, dass die bisherige Umlage auf die Mieter zwischen sechs und acht Prozent, statt gesetzlich möglichen elf Prozent, aufrecht zu erhalten ist.
Auch dürfte das Ziel einer kompletten Tilgung der Wobau-Kredite in wenigen Jahren nicht zu realisieren sein. Nicht zu vergessen, dass es auch zu einer Reduzierung der Wirtschaftlichkeit kommen könnte, was letztendlich die jährliche Abgabe an die Stadtkasse senken würde.
Entscheidend wird die Bezahlbarkeit für Wohnraum sein. Das ist uneingeschränkt der Vorteil Nummer eins für dieses kommunal aufgestellte Modell Wobau Oebisfelde. Aus meiner Sicht ist die Sanierung der Blocks in der Friedrich-Engels-Straße zu umfassend. Dort sollten die Bedingungen statt barrierefrei eher barrierefreier gestaltet und in Bauabschnitten vorgegangen werden. Ansonsten sehe ich nicht, dass die bisherige Umlage auf die Mieter zwischen sechs und acht Prozent, statt gesetzlich möglichen elf Prozent, aufrecht zu erhalten ist.
Für die Zukunft muss die Oebisfelder Altstadt angegangenen werden. Das ist ohne Zweifel eine Kraftanstrengung im Besonderen. Doch es ist Tatsache, dass Mieter ebenso wie Touristen und das Hotel- und Gaststättengewerbe von einem attraktiven und gepflegten Stadtbild angezogen werden. Oebisfelde besitzt solch eine Grundvoraussetzung.
Meiner Nachfolgerin, Frau Elke Schächtel, wünsche ich auch deshalb eine glückliche Geschäftsführung zum Wohle der Stadt und der Wobau.
 
Vielen Dank für das Interview Herr Wipper und Ihnen alles Gute für die Zeit als Ruheständler?!