Wandern Stippvisite in Weferlingen: Fotograf arbeitet an App für Wanderer entlang der ehemaligen Grenze
Wer in einem Jahr an der ehemaligen innerdeutschen Grenze mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs ist, der kann sich eine kostenlose App mit vielen Informationen auf sein Handy laden. Fotograf Thom Gallie ist dafür gerade unterwegs.

Döhren/Weferlingen/Walbeck - Seit Juni ist Thom Gallie mit seinem Bulli an der ehemaligen innerdeutschen Grenze unterwegs. Was er auf dieser Tour notiert und fotografiert, soll - mit weiteren Informationen angereichert - im nächsten Jahr als kostenlose App verfügbar sein: Geschichte und Geschichten entlang der früheren 1378 Kilometer langen Grenze mit Routen für Radfahrer und Wanderer. „Die App ist aber nicht nur für Leute gedacht, die outdoor unterwegs sind, sie kann genauso Schülern helfen, die sich mit lokaler Geschichte beschäftigen oder Menschen, die sich in der Natur orientieren wollen“, erläutert Thom Gallie. Von Tschechien bis hoch zur Ostsee will er die frühere Grenze erkunden.
Gemeinsam mit einem Partner hatte er vor wenigen Jahren das Start up „Wanderwall“ gegründet, und zwar als Mediendienstleiter und Kommunkationsberater für Träger von Wanderwegen. „Wir verbinden Geodaten, Routen, Points of Interests, Texte, Fotografie und Film, um damit einen echten Mehrwert für Menschen zu schaffen, die Outdoor unterwegs sind“, so der Entwickler.
Pilotprojekt an der Berliner Mauer
Pilotprojekt für „Wanderwall“ war der Berliner Mauerweg. Für die 160 Kilometer langen Route hat er 2022 eine solche App erstellt. Thom Gallie konnte dieses Projekt mit Unterstützung des Vereins Berlin History umsetzen, eine Woche lang war er an der ehemaligen Berliner Mauer unterwegs und hat dann aus den Informationen, die gut aufbereitet wurden, die App aufgebaut. Historische Spuren sichtbar und erlebbar zu machen und zugleich nachhaltig zu bewahren, das ist das Anliegen.
Mit der Auseinandersetzung mit der Berliner Geschichte war auch das Interesse des gebürtigen Duisburgers für die gesamte innerdeutsche Grenze geweckt. Zunächst hat er sich informiert, was zu diesem Thema bereits existiert. „Es gibt viele Leute, die was machen, aber das ist alles lokal. Für Leute, die unterwegs sind, gibt es nichts Zusammenhängendes zur Geschichte der deutschen Teilung“, hat der Medienfachmann festgestellt. Das will er nun ändern - mit der App auf dem Handy.
Unterstützung erhält Thom Gallie dafür bereits von der Stiftung Naturschutz Thüringen, die auch für die Erinnerungskultur zuständig ist. Und er setzt darauf, dass die Stiftung Umwelt, Natur- und Klimaschutz des Landes Sachsen-Anhalt das Projekt ebenso unterstützen wird. Schließlich soll hier die Geschichte der Grenze und der Menschen, die hier leben, zusammenhängend erzählt werden – jederzeit kostenlos auf dem Handy abrufbar.
Wanderwege werden mit Geodaten verknüpft
Wer genauer eintauchen will in das Leben an der früheren Grenze, findet Wanderwege mit Geodaten verknüpft. Dazu gehören selbstverständlich das Grenzdenkmal in Hötensleben und die Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn. Aber es gibt so viele andere Geschichten, wie die Grenze das gesamte Leben in den Orten an der Grenze beeinflusst hat.
Was geschah beispielsweise mit den Kirchen? Auch dieser Frage geht der 53-Jährige nach. Die Kirche in Walbeck war dem Verfall preisgegeben, erst nach der Wende wurde nach einer aufwendigen Sanierung wieder kirchliches Leben möglich. In Weferlingen bedeutete der Mauerbau das Aus für die Erweiterte Oberschule. Das Abitur konnte nur noch in der Kreisstadt Haldensleben abgelegt werden. Erst 1991 wurde das Freiherr-vom-Stein-Gymnasium wieder neu gegründet. In Döhren wurde der Bahnhof abgerissen, er war der Mauer im Wege. Der Bahnverkehr wurde eingestellt.
Interessant ist für den Grenz-Reisenden ebenfalls, was aus den Kasernen geworden ist. Dafür gibt es unzählige ganz verschiedene Beispiele. In Walbeck entstand eine Seniorenwohnanlage, in Gehrendorf nutzen Oldtimerfans die ehemalige Grenzkompanie. In der privat genutzten Kaserne in Döhren können ehemalige Grenzer ihre Erinnerungen auffrischen. Viele haben sich hier schon in das Gästebuch eingetragen. Und immer wird nach Bekannten gesucht.
Es gibt unzählige Geschichten zur Geschichte am früheren Todesstreifen. Thom Gallie wird zumindest einige davon auf einer App dokumentieren.