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Landkreis Börde Stadtrat vor Ultimatum gestellt

Das Miteinander in der Einheitsgemeinde Oebisfelde-Weferlingen ist ins Wanken geraten. Auslöser waren Forderungen der „Initiativgruppe Süd“.

Von Harald Schulz 24.09.2020, 01:01

Weferlingen l Dass alle Ortschaftsräte in der Einheitsgemeinde Stadt Oebisfelde-Weferlingen sich mehr Mitbestimmungsrecht bei Entscheidungen des Stadtrates wünschen, ist ein offenes Geheimnis. Seit dem Bestehen der defizitären kommunalen Haushaltssituation, dem Zwang zur Einhaltung des Haushaltskonsolidierungskonzepts, geht es um jeden Cent, den es in Oebisfelde, Weferlingen und den Dörfern zu verteilen gilt.

Nachdem nun ein nicht ausgeglichener Haushalt 2020 wohlwollend von der Kommunalaufsicht genehmigt wurde und bereits ein Minus von über 1,7 Millionen Euro für das kommende Haushaltsjahr zu bereinigen ist, haben sich Ortsbürgermeister aus dem südlichen Bereich der Einheitsgemeinde zur „Initiativgruppe Süd“ zusammengefunden. Diese Interessengemeinschaft aus den Orten Weferlingen, Walbeck, Eschenrode, Schwanefeld, Hödingen, Hörsingen, Döhren, Seggerde, Siestedt, Klinze und Ribbensdorf will nun mehr Geld für die kleinen Orte hereinholen und mehr Einfluss bei kommunalen Entscheidungen erwirken.

Als Sprecher dieser „Initiativgruppe Süd“ ließ Jürgen Böttcher kurz vor Ende des öffentlichen Teils die sprichwörtliche Bombe aus dem Nichts heraus platzen. Unter dem Tagesordnungspunkt „Anfragen und Anregungen“ sah er es als erwiesen an, dass Vorhaben in den südlichen Ortsteilen der Einheitsgemeinde unzureichend beraten, wenn nicht sogar immer wieder auf die lange Bank verschoben werden. Mögliche Finanzierungen würden aus Sicht dieser Arbeitsgruppe zu umständlich, dafür zeitintensiv aufgestellt.

Um solche und andere, in den Auswirkungen für die kleinen Dörfer gravierenden Mängel abzustellen, sieht die Initiativgruppe eine Abhilfe, indem ein Finanzierungskonzept plus einer eigenständig zu verwaltenden Vergütungspauschale eingeführt wird. Als Beispiel nannte Böttcher einen Jahrespauschbetrag von 7 Euro pro Einwohner. Überschüssiges Geld vom Jahresbudget soll zudem nicht verfallen, sondern als Ansparpotenzial für kommende Vorhaben in der Zuständigkeit des jeweiligen Ortschaftsrates verbleiben.

Jürgen Böttcher forderte zudem ein, dass ebenso eine Werterhaltungspauschale kommen müsse. Die könnte nach Vorstellungen der Arbeitsgruppe je Einwohner und Jahr 10 Euro betragen. Für die Arbeitsgruppe kommt der Wert­erhaltung eine größere Bedeutung zu als eine Neubeschaffung, formulierte Böttcher mit Blick auf die öffentlichen Werte in den Dörfern. Sollten diese Forderungen, die die „Initiativgruppe Süd“ als Diskussionsgrundlage sehen will, nicht fruchten, wäre ein „Austritt“ der Ortschaften im Südbereich aus der Einheitsgemeinde wohl die notwendige Alternative.

Wie die Volksstimme erfuhr soll es bereits Gespräche mit Repräsentanten der Verbandsgemeinde Flechtingen gegeben haben. Rückenstärkung erhielt Böttcher durch die Anwesenheit mehrerer Ortsbürgermeister und -meisterinnen.

Auch UWG-Stadträtin Maria Bade sah in einer Abspaltung mögliches Potenzial, um kommunalpolitisch voranzukommen. SPD-Ratsherr Sven Groneberg zeigte Verständnis, mahnte an, dass für alle Maßnahmen das notwendige Geld vorhanden sein muss.

Verwaltungschef Hans-Werner Kraul (CDU) hatte eine solche scharfe Reaktion nicht erwartet, wie er gegenüber der Volksstimme äußerte. Kraul weiß, dass es „im Jahr 2010 keine Liebeshochzeit zwischen Oebisfelde und Weferlingen gewesen war“. Selbstverständlich könne er die Begehrlichkeiten der Ortschaftsräte nachvollziehen, wie er es ausdrückte. Doch wäre dieses Ultimatum so nie gestellt worden, wenn die Kommune nicht unverschuldet 15 Millionen Euro Gewerbesteuer hätte erstatten müssen. Was die kommunale Abspaltung betrifft, so informierte Kraul, bestünde theoretisch die Möglichkeit. Praktisch jedoch spreche dagegen, dass ein Wechsel aus einer Einheitsgemeinde hin in eine Verbandsgemeinde nicht Wille des Gesetzgebers sei – eher umgekehrt.