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Corona  Geschäftsmodell fällt auf die Füße

Die Wormsdorferin Anne-Kathrein Fietz hat sich am Freitag an der Schaufenster-Aktion der Handwerkskammer Magdeburg beteiligt.

Von Ronny Schoof 07.02.2021, 00:01

Wormsdorf l Die 55-Jährige betreibt eines der in den vergangenen Monaten so oft zitierten Kleinstgewerbe – ein Kosmetik- und Fußpflegestudio. „Haut Nah“ hat Anne Kathrein Fietz ihr Geschäft vor 15 Jahren getauft. Der Name ist Programm – so sehr, dass die Politik es als zu gefährlich erachtet, dieser Art von körperlicher Dienstleistung vor dem Hintergrund hoher Corona-Infektionsraten die Ausübung zu gewähren.

„Alles in allem ist das ziemlich traurig und enttäuschend“, sagt Fietz. Sie will damit keinesfalls gegen den Schutz der Bevölkerung aufbegehren. Vielmehr beanstandet sie die klaffende Lücke zwischen Ansagen und Versprechungen einerseits und den Taten und Maßnahmen andererseits: „Friseure, Kosmetiksalons und Fußpflegen, waren auch im zweiten Lockdown nun die ersten Gewerbetreibenden, die bluten mussten, obwohl das zuvor immer anders verlautet wurde. Die Hygiene wird dabei vors Loch geschoben – und das ist so falsch, weil uns damit quasi unterstellt wird, dass wir ungenügend darauf achten würden.“ Das Gegenteil sei laut Fietz der Fall: „Hygiene nach medizinischen Richtlinien ist auch bei uns das Erste, was in der Ausbildung an der Reihe ist, unabhängig davon, ob man ‚nur‘ einfacher Fußpfleger wird oder sich weiter zum Podologen qualifiziert. Man fühlt sich da einfach diskriminiert, denn auch Fußpfleger bilden sich ständig weiter und achten auf Hygienekonzepte.“

Seit bald zwei Monaten nun sind die „Haut Nah“-Räumlichkeiten an der Eilsleber Straße in Wormsdorf für den Kundenverkehr geschlossen – und werden es nach Stand der Dinge noch eine Weile bleiben. „Mein Wunsch wäre es, dass wir ab 15. Februar wieder unter geregelten Bedingungen arbeiten dürfen“, sagt Anne Kathrein Fietz, „aber ich habe mich schon gedanklich darauf eingestellt, dass es länger dauern wird.“ Die Unklarheit betreffe ebenso die staatliche Unterstützung in der Notsituation: „Mein Kleinstgewerbe ist bisher durch alle Raster der Soforthilfen gefallen. Es fehlt einfach an vernünftigen praxisbezogenen Regelungen.“

Halbwegs Glück hat Fietz aufgrund der Tatsache, dass ihr Studio in den eigenen vier Wänden eingerichtet ist. Dadurch muss sie keine laufende Ladenmiete schultern. Es ist aber auch einer der Gründe, warum sie bislang keine finanzielle Stütze geltend machen konnte. Die Katze beißt sich in den Schwanz.

Die Handwerkskammer Magdeburg als Interessensvertretung für mehr als 12.000 Unternehmen weiß um die Nöte der kleingwerblichen körpernahen Dienstleister und hatte für Freitag zur Schaufenster-Aktion aufgerufen, um die (politische) Aufmerksamkeit auch auf jene Pandemie-Betroffenen zu lenken. „Schaufenster und Ladengeschäfte werden abgeklebt, um symbolisch die Perspektivlosigkeit der vor allem kleinen und mittleren Betriebe darzustellen“, heißt es dazu von der Handwerkskammer. „Die Aktion soll verdeutlichen, welche Folgen auf die Städte und Gemeinden zukommen könnten.“ Kern der Botschaft: „Wenn Ihr weiter nur die Großen rettet, könnte es hier bald so aussehen!“ Die Kammer gibt außerdem zu bedenken, dass mit verlängertem Öffnungsverbot der Weg in die Illegalität weiter geebnet werde: „Es wird dann etwa auf die heimische Küche ausgewichen – ohne Mindestabstände, Masken und Kontaktdatendokumentation.“

Anne-Kathrein Fietz empfindet über all dies auch Ungerechtigkeit: „Nicht umsonst gehören wir dem Bereich der Gesundheitsdienste und Wohlfahrtspflege an. Es geht doch um die Gesundhaltung im Ganzen – und auch dafür sind wir da. Selbst Kosmetik ist nicht immer nur Verschönerung, denn es gibt viele Menschen, die Hautprobleme haben. Wir wollen unserer Arbeit nachgehen, und wir machen das gern, nicht zuletzt, weil wir um die Kunden und ihre gesundheitlichen Bedürfnisse wissen.“

Scharfzüngig fügt sie an: „Fußpflege findet zwar hautnah statt, aber 1,5 Meter vom Kopf entfernt.“