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Krankenhaus Noch heute geehrt und geschätzt

Seit 125 Jahren gibt es in Oschersleben ein Krankenhaus. Der Arzt Georg von Knorre hat in dieser Zeit eine wichtige Rolle gespielt.

Von Yvonne Heyer 24.07.2019, 01:01

Oschersleben l Noch heute wird in der Neindorfer Börde-Klinik mit, ja nennen wir es so, Ehrfurcht, Respekt und Hochachtung über Dr. Georg von Knorre gesprochen. Seine Leistungen als Internist klingen noch heute nach. Doch nicht nur der Arzt war in höchstem Maße angesehen, sein Umgang mit Kollegen und Schwestern, mit Patienten sei beispielgebend gewesen.

„Er machte keine Unterschiede zwischen den Menschen, sie hatten viel Vertrauen zu ihm“, erzählt Ingeborg von Knorre. „Beweise“ lassen sich in der heutigen Börde-Klinik in Neindorf finden. Beispielsweise in alten Fotoalben, die zu Ehren Georg von Knorres von ehemaligen Mitarbeitern gestaltet wurden. So steht auf einer ersten Umschlagsseite geschrieben: „Herrn Obermedizinalrat Dr. med. G. von Knorre in Verehrung von seinen Mitarbeitern, Oschersleben/Bode 15. 12. 1978.“

Die Witwe ist heute 101 Jahre alt, lebt noch immer in Oschersleben in jenem Haus, welches die Familie 1972 bezog, als Georg von Knorre in den Ruhestand ging. Geboren sind beide Ehepartner in Riga, Georg von Knorre 1906, sie 1918. Die Wirren des Krieges verschlugen Georg von Knorre erst nach Polen, später nach Magdeburg, Halberstadt und schließlich nach Oschersleben.

Ingeborg von Knorre spricht von der Stunde Null, als ihr Mann im Juli 1945 seine Stelle als Internist in Neindorf antrat. Die Besetzung im noch provisorisch eingerichteten Krankenhaus im Schloss, hierher war das Oschersleber Krankenhaus nach der Bombardierung gezogen, sei äußerst knapp gewesen, es gab zwei Chirurgen, einen Internisten. „Mein Mann wurde Chef seiner eigenen Station, wo es bis dato keinen Arzt für die Innere Abteilung, nur Schwestern, gab.

Georg von Knorre wohnt zu dieser Zeit auch im Schloss, im Bibliotheksflügel. Ihm war dort ein Zimmer zugewiesen worden. Es war das Zimmer eines geflüchteten Kollegen.

1948 heiraten Ingeborg und Georg von Knorre. Sie war aus Westdeutschland nach Neindorf gekommen. Später bekam das junge Paar zwei Zimmer im sogenannten Rentamt auf dem Gelände rund um das Neindorfer Schloss zugewiesen. Aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor.

Georg von Knorre hatte sich als Internist der Erforschung, aber vor allem der Behandlung von Diabetes verschrieben. Unter seiner Federführung wurden Diabetiker-Sprech- und Fürsorgestunden in der Oschersleber Poliklinik und in anderen Orten des damaligen Kreises Oschersleben aufgebaut, Schwestern entsprechend ausgebildet. Von Knorre gilt somit als Vorreiter des heutigen Diabetes-Managements. Georg von Knorre habe früh erkannt, was seine Patienten brauchen: Kontrolle und Aufklärung.

Die gute Arbeit des Facharztes von Knorre hatte sich längst über Stadt-, Kreis- und Bezirks- und ja über Ländergrenzen herum gesprochen. So hätte Georg von Knorre auch nach Westberlin gehen können. In Ostberlin gab es eine „Problemkommission“ Diabetes, ein Fachausschuss beim Ministerium für Gesundheitswesen. Georg von Knorre war das einzige Mitglied, das aus einem Kreiskrankenhaus kam, war in die Kommission bereits zur Gründung berufen worden, wirkte hier von 1957 bis 1971 mit.

Trotz des hohen täglichen Arbeitspensums über Jahre hinweg, arbeitete von Knorre auch wissenschaftlich, forschte hinsichtlich der Bluterkrankheit und wirkte in verschiedenen wissenschaftlichen Gesellschaften wie der für Imunologie-, Allergie- und Asthmaforschung mit, war Gründungsmitglied und im Vorstand von 1958 bis 1971.

Bescheidenheit und Disziplin seien die großen Stärken Georg von Knorres gewesen. Sohn Arnulf von Knorre und auch die Witwe sprechen davon, dass er doch als Arzt sehr in Anspruch genommen war. „Er lebte für die Medizin“, sagte Ingeborg von Knorre zurückblickend.

Über Jahre waren die Arbeitstage oft zwölf Stunden lang und wenn es Probleme auf der Station gab, zögerten die Schwestern oft, den Chef nach einem langen Arbeitstag noch einmal zu stören. „Die Schwestern oder Ärzte traten dann ans Fenster und schauten in Richtung Rentamt, wo wir wohnten. Im Kreml brennt noch Licht, wir können ihn noch stören“, diese Geschichte macht noch heute Runde“, weiß Ingeborg von Knorre zu berichten.

Wie auch diese Anekdote: „In einem sehr schneereichen Winter war Neindorf regelrecht von der Umwelt abgeschnitten. In der Oschersleber Poliklinik hatte man sich damit abgefunden, dass mein Mann nicht zur Sprechstunde kommen kann. Das Erstaunen war groß, als er plötzlich in der Tür stand. Er hatte sich einfach Skier an die Füße geschnallt und schaffte es so nach Oschersleben.“

Viele junge Ärzte seien durch seine „Hände“ gegangen, haben in ihrer Ausbildung von ihm profitiert, sogar Professoren sind sie geworden. „Er konnte Menschen sehr gut anleiten, egal, ob Arzt oder Krankenschwester“, weiß Ingeborg von Knorre.

Mit vielen, vielen Auszeichnungen wurde das engagierte Wirken des Oschersleber Arztes anerkannt.

Entspannung fand Georg von Knorre im Garten und bei Spaziergängen. Wobei Ingeborg von Knorre eher von ordentlichen Märschen als von Spaziergängen spricht. Jeden Sonntag „marschierte“ er los. „Weite Wege ist er gegangen“, erzählt sie. Bei der Gartenarbeit konnte er entspannen. In seinem Leben hat er drei Gärten urbar gemacht.