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Planung Teure Visionen für die Zukunft

Der Oschersleber Stadtrat hat beschlossen, dass ein neuer F-Plan entworfen werden soll. Doch die Kosten sind hoch.

Von André Ziegenmeyer 12.06.2020, 01:01

Oschersleben l Die Summe kann sich sehen lassen: Den Angaben der Stadtverwaltung zufolge kostet ein neuer Flächennutzungsplan rund 400.000 Euro. Es besteht eine Aussicht auf Fördermittel. Doch die werden laut den Ratsunterlagen maximal 80.000 Euro betragen. Damit bleibt ein ansehnlicher Rest übrig. Angesichts einer angespannten Haushaltslage, wird er nicht leicht zu stemmen sein. Einen solchen Standpunkt haben bei der Sitzung am Dienstagabend gleich mehrere Stadträte vertreten.

„Dieses Geld wird uns vielleicht noch richtig weh tun. Die Kosten könnten uns auf die Füße fallen“, erklärte beispielsweise Wolfgang Zahn (SPD). Dabei verwies er auf die aktuelle Haushaltslage und die Einnahmeausfälle, die der Stadt aufgrund der Corona-Pandemie bevorstehen.

Doch die Stadt steht unter Zugzwang. Laut Baugesetzbuch ist jede Kommune dazu angehalten, einen Flächennutzungsplan vorzuhalten, „sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist“. Laut Verwaltung sind in der Vergangenheit bereits der Landkreis Börde und das Landesverwaltungsamt auf Oschersleben zugekommen und haben darauf gedrungen, dieser Aufgabe nachzukommen.

Steffen Czerwienski, dem Leiter des Fachbereiches Bauen und Umwelt, zufolge waren diese Hinweise „mehr als dringlich. Wenn wir uns diesem Thema verweigern, werden wir in sämtlichen Bauleitverfahren, die wir einleiten, arge Probleme bekommen“, so der Fachbereichsleiter. Im Zweifel werde es dazu kommen, dass die entsprechenden Genehmigungen versagt würden.

Hintergrund: Für das Oschersleber Stadtgebiet gibt es derzeit keinen einheitlichen Flächennutzungsplan. Es liegen lediglich zwölf Teilpläne vor. Das liegt unter anderem an den Eingemeindungen. Viele dieser Unterlagen sind mehr als 20 Jahre alt. Sie zeigen Planungsstände, die längst veraltet sind. Für Hordorf gibt es überhaupt keinen Flächennutzungsplan.

Doch die hohen Kosten sorgten für Kritik: „Habe ich das richtig verstanden: Das Land zwingt uns, und es hat auch das Recht dazu?“, erkundigte sich Olaf Pankow (SPD). Aus seiner Sicht sei der Zeitpunkt nicht gerade günstig. Immerhin werde gerade am zweiten Teil des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes (ISEK) gearbeitet. Dessen Ergebnisse sollten erst abgewartet werden und in den neuen Flächennutzungsplan einfließen. Außerdem erinnerte er daran, dass in Oschersleben wegen Corona eine Haushaltssperre verhängt wurde.

Bürgermeister Benjamin Kanngießer antwortete: „Glauben Sie mir: Ich habe lange versucht, das vor uns herzuschieben - gerade im Hinblick auf die hohen Kosten.“ Aber das Landesverwaltungsamt habe seinen Standpunkt mehr als deutlich gemacht. Solange es nicht wenigstens einen Aufstellungsbeschluss gebe, werde kein neues Bauleitverfahren genehmigt.

Zur Erklärung: Bis ein neuer F-Plan fertig und gültig ist, braucht es einige Jahre und mehrere Beschlüsse. Der Aufstellungsbeschluss ist der erste davon. Laut Ratsunterlagen werden die Kosten auf die Haushaltsjahre 2021 bis 2023 verteilt. Benjamin Kanngießer zufolge müssten auch die Fördermittel zunächst beantragt und bewilligt werden. Das dauert ebenfalls seine Zeit. Damit dürfte die Haushaltssperre für 2020 keinen Einfluss haben. Wie der Bürgermeister mitteilte, müsste auch der zweite Teil des ISEK rechtzeitig fertig sein.

Wolfgang Zahn schätzte die Lage anders ein. „Auf ein weiteres Jahr kommt es nicht an. In dieser besonderen Situation wird uns niemand etwas verweigern“, erklärte er. Tatsächlich ist das Thema auch im Bauausschuss kontrovers diskutiert worden. Einige Ortschaftsräte haben die Aufstellung eines neuen F-Plans abgelehnt oder an Bedingungen geknüpft.

„Für mich ist das eine moderne Art der Erpressung“, betonte Uwe Krause (fraktionslos). Er wies darauf hin, dass ein F-Plan jederzeit wieder geändert werden könne, wenn ein entsprechender Antrag gestellt würde. Ähnlich äußerte sich René Herbert (FUWG). Er betonte, dass ein Flächennutzungsplan keine rechtliche Verbindlichkeit habe. Durch Bebauungspläne könnten die Festlegungen immer wieder geändert werden. Vor diesem Hintergrund seien die Kosten einfach zu hoch. „Wenn wir eine Möglichkeit hätten, uns dagegen zu wehren, würde ich dagegen stimmen. Aber wir werden gezwungen, das auszugeben“, erklärte er.

Vor diesem Hintergrund sagen Benjamin Kanngießer: „Alle die sagen ‚Wir stimmen nicht zu‘, verhindern damit eine weitere positive Entwicklung der Stadt.“ Dabei gehe es nicht nur um kommunale Bauvorhaben, sondern auch um private.

Hinzu komme: Eben weil es keinen einheitlichen F-Plan gebe, müsse sich die Verwaltung mit mehreren Dutzend einzelnen Bauleitverfahren beschäftigen. Das bedeute einen hohen zusätzlichen Aufwand. Dem schloss sich Hans Walker (CDU) an: Jedes Mal ein Einzelverfahren anzuschieben, bedeute einen Mehraufwand, der nicht zu rechtfertigen sei. Man müsse auch den Bürgern klare Antworten auf die Frage geben können, was wo gebaut werden dürfe.

Der Stadtratsvorsitzende Wolfgang Nehrung (CDU) warb insgesamt für eine positivere Perspektive: „Wir müssen doch eine Vision haben, wo wir hinwollen.“ Dafür sei die Arbeit an einem neuen F-Plan das passende Instrument.

Am Ende stimmten die Ratsmitglieder bei zwei Nein-Stimmen und drei Enthaltungen mehrheitlich zu.