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Kreismuseum Corona verriegelt die Eingangstür

Die Pandemie und die mit ihr verbundenen Einschränkungen haben dem Geschehen im Osterburger Museum im Vorjahr ihren Stempel aufgedrückt.

Von Nico Maß 07.01.2021, 00:01

Osterburg l So etwas hat Frank Hoche in seiner mehr als 30 Jahre währenden Tätigkeit als Leiter des Osterburger Kreismuseums noch nicht erlebt: Im Vergleich zu 2019 sind die Besucherzahlen im Jahr 2020 um sage und schreibe 62 Prozent zurückgegangen. „Zählten wir 2019 insgesamt 5653 Besucher, waren es im 2020 noch 2137 Gäste“, resümiert der Museumschef.

Dabei sei das Jahr in Sachen Resonanz eigentlich prima angelaufen, blickt Hoche zurück. „Mit den beiden Personalausstellungen, die Arbeiten des Mesebergers Günter Lüder und des Räbelers Gerhard Seidel zeigten, trafen wir den Nerv unseres Publikums. So konnten wir uns bis Mitte März schon über mehr als 1000 Besucher freuen“, sagt er. Mit der Corona-Pandemie und dem ersten Lockdown musste die Einrichtung allerdings geschlossen werden. In der Folge fielen neben geplanten Ausstellungen etablierte Publikumsmagneten wie der Osterburger Ostermarkt ins Wasser, auch die Jubiläumsfeier anlässlich des 85-jährigen Bestehens des Museums musste Frank Hoche absagen.

Nachdem sich die Situation rund um die Pandemie im Sommer etwas entspannte, „konnten wir Anfang September wenigstens unsere Traditionsreihe, die Ausstellung ,Denkanstößiges‘ mit Arbeiten aus dem Markgraf-Albrecht-Gymnasium fortsetzen“, berichtet Hoche. Anders als sonst habe die Eröffnung der Schau aber unter Einhaltung der Hygienregelungen und des Mindestabstandes an der frischen Luft auf dem Hof des Museums stattgefunden. Dort sei dann wenige Tage später mit einem Konzert der beiden Liedermacher Thomas Stein und Edgar Kraul auch eine Veranstaltung im Rahmen des „Musikfestes Altmark“ über die Bühne gegangen. „Es folgte noch eine Ausstellung mit zwei Stipendiatinnen des Kunsthofes Dahrenstedt, die aber nur noch elf Tage geöffnet war. Ab dem 2. November war das Kreismuseum aufgrund des zweiten Lockdowns wieder geschlossen. Und das blieb dann auch bis zum Jahresende so“, sagt Frank Hoche.

Klar, dass angesichts der Pandemie und der wochenlangen Schließungen auch Schulklassen längst nicht im sonst üblichen Maß den Weg in das Kreismuseum fanden. Wenigstens seien Stadtführungen für die Drittklässler der Grundschule am Hain sowie für die Fünftklässler des Markgraf-Albrecht-Gymnasiums möglich gewesen. Andere geplante Führungen, beispielsweise durch den Krumker Park, mussten dagegen abgesagt werden, bedauert Hoche.

Wochenlang für den Besucherverkehr geschlossen, seien die Mitarbeiter des Museums hinter der verriegelten Eingangstür aber normal im Dienst gewesen. „Wir haben die Zeit beispielsweise dafür genutzt, um am Museumsbestand zu arbeiten“, sagte der Leiter. So seien etwa 200 Objekte neu inventarisiert worden. Und weiteren 200 Zeitzeugnissen die gereinigt und konserviert wurden, stehe diese Inventarisierung jetzt bevor.

Da kündigt sich aber noch mehr Arbeit an, hat sich das Kreismuseum laut Hoche in den zurückliegenden Monaten doch über viele Neueingänge freuen können. Nachdem die Volksstimme Mitte November über neue Exponate wie eine Original-Tortenplatte aus dem früheren Osterburger Café Stegmann, Fotos vom Gut Packebusch in Königsmark oder eine alte Motorradhaube inklusive Brille aus Schmersau berichtete, seien in den Wochen darauf weitere Schenkungen und Neuerwerbungen ins Museum gelangt.

Dazu zählen eine Münze sowie eine Medaille, die vermutlich dem jüdischen Osterburger Kaufmann Moritz Less gehört haben. Münze und Medaille wurden in den 80er Jahren unter der Türschwelle seines Schuhladens, Breite Straße 54, gefunden und jetzt vom Kreismuseum erworben. Moritz Less und seine Familie wurden im Zuge der „Reichspogromnacht“ im November 1938 von Nazis drangsaliert und das Geschäft zerstört. In den Tagen darauf zum Verkauf ihres Wohn- und Geschäftshauses gezwungen, verließ die Familie Osterburg. Die zwei ältesten Töchter emigrierten nach England. Der Witwer Moritz Less und seine jüngste Tochter versteckten sich in Berlin im Untergrund. Die junge Frau wurde 1944 erkannt und nach Auschwitz deportiert, überlebte aber. Auch Moritz Less überstand die Nazi-Zeit. Beide siedelten nach Ende des Zweiten Weltkrieges in die USA über. Dort lebten zu diesem Zeitpunkt schon die beiden anderen Töchter, im Mai 1946 konnte sich die Familie in New York wieder in die Arme schließen.