Freilichtmuseum Diesdorf Altmärkisches Erntefest: Alte Techniken ziehen Besucher in den Bann
Besucher des Altmärkischen Erntefestes im Freilichtmuseum Diesdorf wollen wissen, wie es früher ging - ohne Strom und Maschinen

Diesdorf - Getreide dreschen, Seile drehen, Wolle und Flachsfäden spinnen – wie die Menschen in früheren Zeiten ohne Maschinen Alltagsdinge herstellten, war beim Altmärkischen Erntefest am 3. Oktober im Freilichtmuseum Diesdorf zu bewundern. Der praktische Einblick in des Leben vorangegangener Generationen übte auf hunderte Besucher eine Faszination aus.
Erster Erntedankgottesdienst in Klein Chüdener Fachwerkkapelle
„All unserem Tun geht immer das Handeln und die Liebe Gottes voraus“: Davon ist Silvio Scholz, Pfarrer aus Dähre, überzeugt. Und so machte er dies zum Thema des ersten Erntedankgottesdienstes, den er am Mittag in der Klein Chüdener Fachwerkkapelle auf dem Gelände des Diesdorfer Freilichtmuseums abhielt. Die kleine Kapelle aus dem Jahr 1793 war zwischen Oktober 2019 und Juli 2020 auf das Museumsgelände umgesetzt worden. Für Museumschef Dr. Jochen Alexander Hofmann war der Gottesdienst einer der Höhepunkte der Veranstaltung. „Erstmals kann unser traditioneller Erntedankgottesdienst in der Kirche von Klein Chüden stattfinden. Das ist für mich persönlich ein ganz besonderer Augenblick“, sagte Hofmann im Gespräch mit der Volksstimme. Darüber hinaus freute er sich über den auch dieses Jahr wieder großen Zuspruch für die Veranstaltung. „Die Leute sind begeistert von der alten Handwerkstechnik. Das zieht jedes Jahr hunderte Besucher an“, erklärte Hofmann.

Wichtig, dass alte Techniken nicht verloren gehen
Die Handwerker an den Ständen kämen bis auf wenige Ausnahmen aus der Altmark. So sei der Seiler über den Kontakt zum Querfurter Burgmuseum nach Diesdorf gekommen. Gisela Krohn vom Textilkreis Wolmirstedt spann am Spinnrad einen Flachsfaden. Danach gefragt, ob sie das allabendlich auch vor dem Fernseher oder am Ofen tue, antwortete sie: „Nein, abends wird gestrickt.“ Das Flachsspinnen führe sie nur auf solchen Festen wie in Diesdorf vor. „Ich finde es wichtig, dass die Kinder das sehen, damit die alten Techniken nicht verloren gehen“, erklärte sie auf Nachfrage. „Nur so können wir altes Wissen wieder neu verknüpfen.“ Gelernt hätte sie das Handwerk mithilfe des Internets schon kurz vor der Wende. Eine alte Dame hätte es ihr empfohlen, weil es beruhige. „Das war anfangs aber leider gar nicht so“, scherzte Krohn.

Traditionelles sehen mit Kindern
Ein paar Meter weiter war der fünfjährige Felix aus Wolfsburg dabei zu beobachten, wie er Krohns Empfehlung in die Tat umsetzte: Er probierte aus, wie man mithilfe eines Leitholzes aus mehreren gewundenen Strängen ein Seil herstellt. „Wir finden es schön, etwas Traditionelles zu sehen mit den Kindern, gerade weil wir aus der Großstadt kommen“, begründete Steven Wuttge seinen Besuch. Er war vor einem halben Jahr mit seiner Familie von Berlin ins benachbarte Wendland gezogen und erstmals beim Erntefest in Diesdorf. Erfahren hatte er davon über Freunde aus Salzwedel. Ohne Kinder waren Gina Temeschinko und Yvonne Probst aus Salzwedel da. „Wir sind zum zweiten Mal hier“, erzählten sie. „Uns gefällt das Urige, die gemütliche Atmosphäre, die Trachten. Dieses Fest ist richtig schön zum Entspannen.“ Als Gaumenschmaus begeisterte nicht zuletzt auch ein am Spieß über dem offenen Feuer gebratenes Schwein viele Besucher.