Blumenstrauß Einer, der anpackt

Winfried Füchsel aus Arendsee erhält den Blumenstrauß des Monats Juli für sein ehrenamtliches Engagement.

09.07.2017, 01:00

Arendsee l Er ist keiner von denen, die in der Öffentlichkeit stehen oder in der ersten Reihe, schon gar keiner, der nach Ruhm und Ehre strebt: Winfried Füchsel aus Arendsee wirkt im Hintergrund, packt still, aber tatkräftig zu, wenn auf dem Gustav-Nagel-Areal das Unkraut sprießt oder Äste abbrechen. Er läuft Sturm im Rathaus wegen Missständen.

Ja, der 76-Jährige nervt: den Bürgermeister, das Ordnungsamt und andere. Denn Winfried Füchsel stellt unbequeme Fragen und Forderungen. Zum Beispiel, wo die Stadt ihre Verantwortung bei der Erhaltung der alten Bockwindmühle sieht und wahrnimmt.

„Das ist eines unserer herausragenden Wahrzeichen und ein kulturhistorisches Denkmal, das die Urlauber anzieht - da kann sich die Stadt, auch wenn es sich um Privateigentum handelt, nicht einfach rausziehen“, meint er. Es gebe einen noch bis 2027 laufenden Erbaupachtvertrag zwischen ihr und dem Eigentümer. Und da stehe drin, dass bei Notfällen zu helfen ist. Zwar stehe da auch „wenn es die Haushaltslage der Stadt zulässt“, was angesichts der Haushaltslage klar macht, was geht. „Aber Unterstützung sieht anders aus, als es jetzt praktiziert wird.“ Ein Verein wäre gut, aber das liege nicht in seiner Macht.

Er hält plötzlich inne und sagt: „Aber wofür soll ausgerechnet ich Blumen bekommen?“ Hätte er das vorher gewusst, hätte er höchstwahrscheinlich unseren Gesprächstermin abgesagt. Aber dank seiner Ehefrau Heidi dachte er, bei dem Termin mit der Volksstimme gehe es nur um Gustav Nagel.

Um Gustav Nagel geht es nach der Überraschung, über die er sich dann doch auch ehrlich freut, tatsächlich noch. Denn seit 2007 ist er Mitglied in dem Förderverein Gustav Nagel. „Mein inzwischen verstorbener Schulkamerad Uwe Idler hat mich geworben und ich hab als sein Stellvertreter mitgemacht“, erinnert er sich.

Viel sei geschafft worden bei der Umgestaltung des Nagelareals am See. Aber mit der Zeit seien es immer weniger Mitstreiter geworden. Das habe sich vor allem gezeigt, nachdem der Sturm Ende Juni Bäume auf dem Gelände umstürzte und noch mehr Verwüstungen anrichtete. „Da waren Antje Pochte und ich allein auf weiter Flur beim Aufräumen“, berichtet er.

Dank der Bemühungen Pochtes habe dann der Wirtschaftshof geholfen. Er sei sehr froh über das Engagement Antje Pochtes, die 2016 seine Nachfolge als Vizevereinsvorsitzender angetreten habe. „Sie leistet als Jeetzeschulleiterin bei den Arbeitseinsätzen mit ihren Schülern viel auf dem Grundstück“, schätzt er ein.

Er muss es wissen, denn er ist einer, der fast täglich dort anzutreffen ist und werkelt. Auch Nagelforscherin Christine Meyer sei oft da, um Blumen zu pflanzen. „Es wäre schön, wenn es noch mehr Helfer im Garten Eden gebe als nur uns“, so sein Fazit.

Füchsels drittes Betätigungsfeld ist die Arbeitsgemeinschaft „Der Arendsee“, die einst 1993 von Olaf Meußling und seinen Mitstreitern aus der Taufe gehoben worden war. Seit 2002 ist er dort dabei und arbeitet im Vorstand mit.

„Aber inzwischen ist es ruhig geworden, in Sachen Seesanierung tut sich nichts, die Untersuchungsergebnisse stehen aus und ein neuer Vorsitzender als Nachfolger von Gert Reckling ist auch nicht in Sicht“, bilanziert Füchsel.

Er selbst komme dafür nicht mehr in Frage. Nicht nur wegen seines Alters, sondern auch aus gesundheitlichen Gründen. Und seine Frau wolle auch mehr Zeit mit ihm verbringen - zum Verreisen und so.

Seit August 1996 wohnt der einstige Salzwedeler mit seiner Heidi in dem Häuschen am Rosenweg, in dessen Garten unzählige Rosensträucher wachsen - sie stehen in voller Blüte und duften zur Zeit. Geboren wurde Winfried Füchsel 1940 in Wernigerode, aufgewachsen ist er in Schierke. Nachdem sein Vater 1944 als vermisst galt, zog er mit Mutter und Bruder 1945 nach Arendsee. Dort lebten seine Großeltern in einem Fachwerkhaus an der Friedensstraße.

Nach der Schule ging er bei der Eisenbahn in die Lehre, arbeitete zeitweise auf dem Arendseer Bahnhof und machte ab 1958 freiwillig Dienst bei der Nationalen Volksarmee der DDR. Danach absolvierte er ein Studium zum Ingenieur für Eisenbahntechnik. Allerdings arbeitete er dann beim Rat des Kreises in Salzwedel in der Abteilung Verkehr. „Beim Kreis gefiel es mir nicht - anderen reinzureden war nicht men Ding“, erinnert er sich.

Er wurde delegiert: 20 Jahre lang hatte er eine leitende Position bei der Erdgasförderung Salzwedel. Im Fernstudium qualifizierte er sich zum Ingenieur für Energiewirtschaft.

Mit der Wende wurde er arbeitslos, aber nur für ein Jahr. Dann ging es für ihn weiter bei Aquaplaning, einem Projektierungsbüro. Bis er 2002 mit 62 Jahren aufgrund einer Sonderregelung in Rente ging

Seitdem frönt er seinen Hobbys, hegt seine Rosen und engagiert sich für seine Stadt. Und als Heimatchronist filmt er die Aktionen im Garten Eden, zur 825-Jahrfeier Arendsee, Festveranstaltungen und wenn die „Saunis vom Arendsee“ baden gehen.