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Coronavirus Wenn die Preise explodieren

In der Corona-Krise erleben auch die Altmärker Situationen, in denen ihnen die Preissteigerungen geradezu dreist vorkommen.

Von Gesine Biermann 18.05.2020, 01:01

Altmarkkreis l Zwar hat sich die Lage mittlerweile schon etwas entspannt. Aber auch aktuell treibt die Preisentwicklung für alles, was der Eindämmung des Coronavirus‘ dient, seltsame Blüten. „Ich habe gedacht, ich falle um“, sagt eine Gardelegener Leserin (Name der Redaktion bekannt) im Gespräch mit der Volksstimme. Auf der Suche nach dem überall ausverkauften Desinfektionsmittel fragt sie in einer Apotheke nach. Auch dort sind industriell hergestellte Marken nicht mehr zu haben, dafür ein selbstgemachtes Mittel – Apotheker dürfen das. Doch die 500-Milliliter-Flasche kostet mehr als 20 Euro. „Da hab ich kehrtgemacht“, versichert die junge Mutter, „da würde ich ja arm werden.“

Auch viele Unternehmer in der Region klagen über die hohen Preise. Friseure oder Einzelhändler zum Beispiel, die ihren Kunden laut Hygienekonzept Desinfektionsmittel zur Verfügung stellen müssen oder sollen, kommen nicht umhin, die hohen Preise dafür an ihre Kunden weiterzugeben. So zahlt der Bürger auch hier wieder mehr.

Ähnlich verhält es sich mit dem vorgeschriebenen Nasen-Mundschutz. Nicht jeder mag die selbstgenähten, dicken Masken. Die Einwegversion ist da eine gute Alternative. Allerdings zuweilen kaum bezahlbar. Ein anderer Leser aus dem Altmarkkreis schildert auch da mal seine Erfahrungen: Er hat einen Arzttermin im Bördekreis. In der Apotheke davor gibt es Einweg-Mundschutzmasken für einen Euro pro Stück. Zehn davon nimmt er mit. Drei Tage später ist er wieder da. „Da kosten die Masken plötzlich drei Euro!“ Würde man täglich eine benötigen, seien das rund 100 Euro im Monat, rechnet er. „Wer soll das denn bezahlen? Das ist ja Wucher!“

Doch ist das eigentlich Wucher? Oder einfach nur Marktwirtschaft?

Katrin Roth von der Adler-Apotheke in Salzwedel geht die Preisentwicklung bei Schutzmasken gegen den Strich. „Die Preise sind teils um das Zehnfache gestiegen“, ärgert sie sich, „da mache ich nicht mit.“ Denn hätten vor der Pandemie die Einweg-Schutzmasken etwa acht bis neun Euro für 50 Stück im Einkauf gekostet, würden ihr nun Angebote von 40 Euro und mehr für die Menge gemacht. „Ich bekomme jeden Tag Angebote zugeschickt.“ Diese würden dann regelmäßig im Müll landen. Und was sie und ihre Kollegen zu einem vernünftigen Preis ergattern können, würde fast zum Selbstkostenpreis an die Kunden weitergegeben. „Wir wissen ja um die Not der Leute.“ Weil die Einwegmasken derzeit zu teuer sind, verzichtet die Apothekerin auf den Einkauf. Dafür liegen nun Baumwollmasken in ihrem Laden: zwei Stück für zehn Euro. „Die können gewaschen, gebügelt und wieder verwendet werden.“

Auch für Cornelia Studtmeister, Inhaberin der Löwenapotheke in Gardelegen, ist die Preisentwicklung der „blanke Wahnsinn“. Kostete das Paket mit 50 Masken im Januar im Einkauf noch drei Euro, waren es vor Corona in Deutschland schon sechs Euro für 50 Stück. Mitten in der Krise wurden für 50 Stück 60 bis 70 Euro verlangt. Inzwischen sind die Preise wieder etwas im Sinkflug. „Wir bezahlen jetzt 49 Euro“, so Studtmeister. Sie setzt allerdings auch auf waschbare Masken. Die sind pro Stück für 8,95 Euro erhältlich. „Die kann man aber auch 30-mal waschen“, so Studtmeister.

Den Luxus, einfach keine Masken zu bestellen, können sich Praxen nicht leisten. Sie sind täglich darauf angewiesen. Und das wird teuer. „Mundschutz bezahlen wir derzeit das Dreifache“, rechnet Nancy Heinze vor. Die Zahntechnische Assistentin ist in der Zahnarztpraxis von Dr. Joachim Kummert in Klötze für den Einkauf zuständig und hat die Preise im Blick. Und die sind für sie „eindeutig Wucher“, betont sie. Immer noch gebe es Lieferengpässe – gerade versucht sie, Handschuhe zu besorgen. „Für Desinfektionsmittel bezahlen wir mittlerweile auch schon das Doppelte.“

Preiswucher sieht hier auch die Chefin einer Allgemeinarztpraxis in Gardelegen. Die FFP2-Masken, die in Arztpraxen verwendet werden müssen, seien vor der Krise im Zehnerpack für 10 Euro zu haben gewesen. Jetzt seien es 48 Euro. „Und wir haben als Stammkunden schon Sonderkonditionen“, betont die Ärztin (Name ist der Redaktion bekannt).

Der doppelte Preis für ein Produkt kann Wucher sein, sagt Simone Meisel, Mitarbeiterin der Verbraucherzentrale in Sachsen-Anhalt. Doch grundsätzlich würden Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen. „Das ist wie zuvor beim Toilettenpapier.“ Erst hätten sich viele damit eingedeckt, die Ware sei knapp und teils überteuert gewesen. Nun aber habe sich der Markt wieder stabilisiert. Und wenn beispielsweise die Masken bei einem Verkäufer zu teuer sind, empfiehlt Simone Meisel den Gang zum nächsten Händler.

Beschwerden seien bereits bezüglich des Onlinehandels mit Schutzmasken beim Bundesverband der Verbraucherzentrale (VBZV) eingegangen. Entweder sei nicht geliefert worden oder die Qualität zu schlecht. Dagegen sei die VBZV vorgegangen.