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Erdgasförderung Bohrschlamm auf dem Acker

350 unsanierte Bohrschlammgruben gibt es in der Altmark. Proben bei Tylsen ergaben eine hohe Kontamination des Bodens.

Von Antje Mewes 26.10.2018, 16:43

Tylsen l Die bei Tylsen auf einem Acker ermittelte Belastung mit Mineralölkohlenwasserstoffen sei 75 mal höher als auf unbelasteten Flächen, erklärt der Wasserbau-Ingenieur Bernd Ebeling. Und das nur 40 bis 140 Zentimeter unter der Oberfläche. Boden und Pflanzen würden dadurch geschädigt. Ebeling hat in Zusammenarbeit mit der Bürgerinitiative Saubere Umwelt und Energie eine Probenentnahme unterstützt und initiiert. Glücklicherweise seien bei Schwermetallen, wie Quecksilber, nur geringe Werte ermittelt worden. Aus seiner Sicht würden die Schadstoffe aus dem Bohrschlamm mit dem Grundwasser weitergetragen. „Das sage ich Ihnen als Wasserbauingenieur, dass es so ist“, sagte er im Gespräch mit der Volksstimme. Wobei natürlich die jeweilige Bodenbeschaffenheit eine Rolle spiele.

Der Eigentümer der Flächen bestätigt die Probenentnahme. Das Ganze sei bereits im Sommer erfolgt. „Dabei kam heraus, dass im Boden Stoffe sind, die da nicht hingehören“, erklärt er. Daraufhin wandte er sich unverzüglich an die Landesanstalt für Altlastenfreistellung. „Ich habe sie aufgefordert, sich darum zu kümmern und die Altlasten zu beseitigen.“ Dort sei ihm gesagt worden, es müsse erst einmal eine allgemeine Grundlage geschaffen werden, wie damit künftig umgegangen werden soll. „Im September sollte eigentlich was feststehen“, sagt er. Doch passiert ist bis heute nichts. „Ich werde jetzt Druck machen“, sagt er.

Norbert Hötzel aus Tylsen ist über die mangelnde Informationslage zu den unsanierten Bohrschlammgruben verärgert: „Es gibt von den Abbaufirmen eine Karte. Aber sie wird nicht rausgerückt.“ Auch dass von „Staatsseite nichts passiert“, ärgert ihn. Denn auch sein Grundstück ist in den Fokus der BI gerückt. „Es wurde vermutet, dass es eine Grube auf meinem Grundstück gibt“, sagt Hötzel: „Ich bin froh, dass es nicht so ist.“

Nicht nur aus dem Altmarkkreis, sondern auch aus Niedersachsen weiß Bernd Ebeling, dass Landwirte nicht gern öffentlich darüber sprechen, dass sich Bohrschlammgruben auf ihren Flächen befinden. „Sie fürchten um ihre Verträge und die Abnahme ihrer Produkte“, erklärt Ebeling. Deshalb will er einen Stammtisch für betroffene Grundstücksbesitzer einrichten. Auch solche, bei denen die Gruben schon saniert sind. Denn längst nicht alle seien mit dem Ergebnis zufrieden.

Die Bearbeitung der Bohrschlammgruben bedürfe in den nächsten Jahren einer gründlichen Vorbereitung und komplexen Umsetzung auf Grundlage bodenschutzrechtlicher Vorgaben, erklärt der Leiter des zuständigen Anstalt für Altlastenfreistellung, Jürgen Stadelmann. Aktuell existierten noch 350 solcher Grubensysteme, für die seine Behörde zuständig ist. Sie zu bearbeiten bedürfe einer gründlichen Vorbereitung. So eine schrittweise Erfassung, Bewertung oder auch Sanierung im Zuge von Einzelfallentscheidungen.

Dabei sei nicht die Höhe der Schadstoffkonzentration entscheidend, sondern im Zuge der Gefahrenabwehr die Wirkung auf die Schutzgüter, wie Mensch, Boden, Pflanzen, Grundwasser. Auch die Verhältnismäßigkeit sei zu beurteilen. Stadelmann: „Daher sehen wir vorerst von einer separaten und vorgezogenen Bearbeitung der angezeigten Bohrschlammgrube ab.“ Die vorliegende Untersuchung werde jedoch im „Maßnahmepaket“ berücksichtigt.

Mit der erforderlichen Recherche, Digitalisierung und Einordnung der Gruben sei begonnen worden.