1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Salzwedel
  6. >
  7. Tante-Emma-Laden für Pretzier?

Infrastruktur Tante-Emma-Laden für Pretzier?

Eine Umfrage soll klären, ob in dem Salzwedeler Ortsteil ein Gemeinschaftsladen entstehen kann.

Von Alexander Rekow 11.12.2019, 17:00

Pretzier l Das Interesse im Dorfgemeinschaftshaus war groß. Schließlich ging es um nicht mehr oder weniger als einen Tante-Emma-Laden in Pretzier. Diesen hat Salzwedels größter Ortsteil nämlich seit dem Rückzug von Puk im Jahr 2016 aus dem rund 1000-Einwohner-Ort nicht mehr. Seit jeher heißt es für die Pretzierer nach Salzwedel fahren, um das Nötigste einzukaufen.

Eine Umfrage auf der Internetseite der Hansestadt sollte nun klären, ob und wie ein Gemeinschaftsladen in Pretzier realisiert werden kann. Eigentlich endete die Umfrage am 9. Dezember – eigentlich.

Nun aber können die Bürger noch bis kommenden Freitag, 13. Dezember, an der Umfrage teilnehmen. „Die Auswertung, der bisher abgegebenen Umfragebögen gibt ein positives Feedback“, begrüßte Wolfgang Gröll die Verlängerung am Montagabend. Gröll ist Unternehmensberater aus Bayern und im Lebensmittelfachhandel tätig. Er unterstützt Dorf-, Markt- und Nachbarschaftsläden von der Planung bis zur Realisierung. Daher wurde er für das fachliche Wissen mit ins Boot geholt. „Ich habe einen Gesamtüberblick über die Szene“, sagte er.

An diesem Abend informierte er die West-Altmärker darüber, wie ein Dorfgemeinschaftsladen in die Realität umgesetzt werden könnte. Denn ein Dorfladen sei ein Hybrid: Er verkaufe einerseits die wichtigsten Artikel und andererseits auch regionale Produkte. Gegenüber den großen Supermarktketten sei der Dorfladen ein Trendsetter.

„Internationalisierung, Globalisierung, Digitalisieren, Vereinheitlichung, als auch Quantität vor Qualität, das sei das Credo der großen Discounter und Supermärkte. „Der Dorfladen ist deshalb ein Trendsetter, weil er auch auf die Regionalisierung und die persönliche Beziehung und die Geschmacksvielfalt setze“, sagte der Unternehmensberater weiter. 77 Prozent aller Gesamtlebensmittel in Deutschland würden in den zehn größten Lebensmittelgeschäften umgesetzt.

Dorfläden hingegen würden zwei statt zehn Erdbeerjoghurts anbieten. Dadurch würde regionale Landwirte gefördert werden – zudem zu einem fairen Milchpreis. Außerdem seien regionale Produkte in Discountern häufig teurer als im Dorfladen.

Und der Clou: Der Einkauf funktioniert sogar über Smartphones. Denn: Die Kunden können ihren Einkaufszettel abfotografieren und über den Mitteilungsdienst WhatsApp an die Betreiber des Geschäfts schicken. Dann könnten die Waren nach Feierabend im Laden abgeholt werden.

Bei all den Überlegungen hat Wolfgang Gröll auch den Klimaschutz im Auge. Denn nach seinen Vorstellungen wird es wesentlich weniger Verpackungen geben. Vielmehr schlägt der Berater ein Mehrwegsystem vor. Kunden könnten somit im Laden eine Verpackung leihen, ihre Lebensmittel einfüllen und die Packung nach Gebrauch im Laden wieder abgeben.

Zur Standortwahl hat sich der Berater auch schon seine Gedanken gemacht. In Frage kämen ein leer stehender Stall mit Parkplatz und ein Gebäude am Königsstedter Weg. Beide hätten etwa 300 Quadratmeter Fläche.

Eine Anwohnerin merkte an, dass es Verkaufsfahrer gebe, die regelmäßig in Pretzier halten würden. Was sei mit denen, wollte sie wissen. Dies gebe keine Konflikte, glaubt Wolfgang Gröll. Eine anderer Einwohner verwies auf die Nicht-Ansiedlung eines Discounters in Pretzier. Er glaubt zudem, dass die Pretzierer nicht einfach seien und ein Projekt wie dieses dort schwierig umzusetzen sei. Deshalb seine Frage, ob die Pretzierer Unterstützung bei der Organisation bekämen. Das bejahte der Unternehmer mit dem Hinweis, dass das nur klappe, wenn auch Fördergelder fließen.

„Zwischen 320.000 bis 550.000 Euro Jahresumsatz sind möglich“, schätzt Wolfgang Gröll ein. Wenn 400.000 Euro im Jahr erzielt würden, wären das 7,50 Euro Umsatz pro Person in der Woche.

Doch nichts ohne Eigenkapital. Davon müssten die Betreiber 60 000 Euro mitbringen, rechnet er vor. Obendrein brauchte es wohl sechs Mitarbeiter, um den Laden zu betreiben. „Wer würde dafür einen Kredit geben?“, wollte ein Pretzierer wissen. Es seien die regionalen Banken in Salzwedel, meinte Wolfgang Gröll.

Ob und wie es in Sachen Dorfladen in Pretzier weiter geht, wird die Auswertung nach dem 13. Dezember zeigen.