Kreistag Frauenpower vermisst

Ein spannender Wahlabend liegt hinter den Westaltmärkern. Er hat die Mehrheitsverhältnisse im Kreistag durcheinander gewirbelt.

Von Antje Mewes 28.05.2019, 04:00

Salzwedel l Mit elf Sitzen bleiben die Christdemokraten die stärkste Fraktion, gefolgt von den Linken mit acht Sitzen. Immerhin liegt die SPD noch vor der neu eingezogenen AfD, wenn auch nur knapp mit einem Sitz. Künftig ist mit den Rechtspopulisten eine Partei mehr im Kreistag vertreten. Wieviele Fraktionen es geben wird, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. FDP und Grüne haben am Montag im Volksstimme-Gespräch bereits angekündigt, sich Koalitionspartner suchen zu wollen.

Gleich mehrere langjährige Kreitagsmitglieder schafften den Einzug in den Kreistag nicht. So beispielsweise Uwe Hundt (CDU), der in der zurückliegenden Wahlperiode den Jugendhilfeausschuss leitete. Auch Frank Rossau (Freie Liste) und Gerhard Drebenstedt (CDU) haben als langjährige Kreistagsmitglieder den Wiedereinzug verpasst. Waren es bisher schon wenig Frauen, die die Kreispolitik mitbestimmt haben, so sind es seit Sonntagabend noch weniger. So hatten sich beispielsweise Mandy Zepig (SPD), Ute Feisel (Bündnis 90/Die Grünen) oder auch Astrid Läsecke (Die Linke) gar nicht erst wieder um eine Kandidatur beworben. CDU, FDP und SPD haben gar keine weibliche Verstärkung mehr in ihren Kreistagsreihen.

Ein Fakt, den auch Landrat Michael Ziche bedauert. Für wichtige Entscheidungen hätte er sich mehr weibliche Mitarbeit und Einfluss gewünscht, sagte er im Volksstimme-Gespräch. Die deutlich höhere Wahlbeteiligung sei ein schönes Zeichen, dass mehr Bürger von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Das Ergebnis sei ein „bunter Kreistag“. Er sei optimistisch, dass auch künftig sachliche Entscheidungen mit großer Mehrheit getroffen werden. Um die Aufgaben der Zukunft zu meistern, hofft er weiterhin auf eine gute Zusammenarbeit von Politik und Verwaltung. Von den 16 neuen Kreistagsmitgliedern hatten 14 noch nie ein Mandat. Da könne es schon eine Herausforderung werden, diese „neuen Kollegen mitzunehmen“. Ziche: „Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.“

Ihm sei bereits vor der Wahl klar gewesen, dass die Parteienlandschaft auch auf Kreis- ebene bunter wird, sagt Carsten Borchert (CDU) und ergänzt: „Das müssen wir akzeptieren.“ Er hat nicht nur für seine Partei, sondern auch insgesamt die meisten Stimmen eingefahren (siehe unten stehender Info-Kasten). Dass sich die Strimmenverhältnisse geändert haben, werde die CDU-Fraktion nicht davon abhalten, ihre Politik fortzusetzen und den Landrat bei seiner Arbeit zu unterstützen.

Angelika Scholz, die bei den Linken die meisten Stimmen geholt hat, war nach dem Wahlsonntag gut gelaunt. „Ich freue mich, dass wir zweitstärkste Kraft geworden sind und die AfD nicht ganz durchmarschiert ist“, sagte sie. Mit acht Sitzen habe die Linke zwar leicht verloren, könne die Arbeit auf fast gleichem Niveau wie bisher fortsetzen. Ihr liegt weiterhin die Bildungspolitik am Herzen. Dafür setzt sie sich seit 25 Jahren ein, in der zurückliegenden Wahlperiode als Vorsitzende des Bildungsausschusses. In dem Zusammenhang will sie durchsetzen, dass alle Schüler kostenfrei den Schulbus nutzen können. Außerdem gelte es aus ihrer Sicht, sich noch stärker dafür zu engagieren, dass sich Hausärzte im Kreis niederlassen und denen, die es wollen, nicht noch Steine in den Weg gelegt werden. Scholz: „Ich hoffe auf eine gute Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen, das hat ja bisher immer geklappt.“

„Ich bin dankbar, dass ich so viele Stimmen bekommen habe. Das ist eine Vertrauensbasis, die für einen SPD-Mann nicht selbstverständlich ist“, sagt Konrad Fuchs (SPD). Er sei enttäuscht davon, was in „Berlin abgeht“. Es schade den SPD-Leuten an der Basis. „Aber ich bin optimistisch, dass wir wie bisher zusammen mit dem Landrat und der Verwaltung eine vernünftige Politik machen, die die Region voranbringt“, betont Fuchs. Ein Hauptschwerpunkt dabei ist aus seiner Sicht die Versorgung mit schnellem Internet.

Für Hanns-Michael Kochanowski (AfD) ist der Einzug seiner Partei „mit sechs Leuten ein großer Erfolg“. Er kündigte an, mit seinen Mitstreitern „frischen Wind“ in den Kreistag zu bringen, der den etablierten Parteien abhanden gekommen sei. Dabei sei es erklärtes Ziel, offen auf die anderen zuzugehen, erklärt er. Die Ziele der AfD für die Kreispolitik wichen nicht großartig von denen anderer Fraktionen ab. Er räumte ein, dass die AfD-Mitglieder keine großen Erfahrungen in der Kommunalpolitik hätten, aber mit einer „offenen Art“ die Aufgaben angehen wollen, wobei er auf einen sachlichen Umgang hofft.

„Wir werden an der erfolgreichen Arbeit für den Altmarkkreis festhalten und nach vorne blicken“, sagt Sabine Danicke von der Freien Liste. Die Infrastruktur der westlichen Altmark bereite ihr große Sorgen. Aufgrund der fehlenden Autobahn und des Schienennetzes sei der Kreis abgeschnitten. „Wir wollen nicht das Armenhaus von Sachsen-Anhalt sein“, sagt sie. Und nur mit einer funktionierenden Infrastruktur seien Steuereinnahmen für den Altmarkkreis Salzwedel zu genieren.

Die Grünen freuen sich über einen zusätzlichen Sitz im Kreistag. Volkmar Erl, der bei der Stimmenzahl seiner Partei vorn liegt, ist besonders angetan davon, dass viele junge Leute die Grünen gewählt haben. Mit Peter Lahmann gebe es einen starken Mann in der Fraktion. Nun wollen die drei grünen Kreistagsmitglieder überlegen, mit welcher Fraktion sie sich zusammenschließen.

Die Bewerber der FDP hatten auf einen Sitz mehr gehofft. „Aber ich bin den Wählern dankbar, dass ich wieder genug Stimmen erhalten habe“, sagt Horst Wienecke. Er hat bislang den Umwelt- und Ordnungsausschuss geleitet und ist „ein alter Hase“ der Kreispolitik. Er freue sich, die Zukunft des Kreises weiter positiv zu gestalten und „gemeinsam mit den anderen demokratischen Parteien Politik zu machen“. Zunächst gehe es darum, welche Konstellation für eine Zusammenarbeit mit anderen Fraktionen den Vorstellungen der beiden Liberalen entspricht.