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Landgericht Prozess um Missbrauch ist geplatzt

Von 1995 bis 1998 soll ein heute 81-Jähriger in Salzwedel seine Enkelinnen missbraucht haben.

Von Wolfgang Biermann 07.04.2018, 01:00

Salzwedel l Der Prozess vor der Jugendkammer am Landgericht Stendal gegen einen des schweren sexuellen Missbrauchs seiner zwei Enkelinnen angeklagten 81-Jährigen ist nun doch geplatzt. Der anberaumte Fortsetzungstermin fand nicht statt. „Der Prozess ist wegen Erkrankung des Angeklagten ausgesetzt worden – die Prozessbeteiligten sind alle abgeladen“, sagte Gerichtssprecher Michael Steenbuck auf Volksstimme-Nachfrage.

Wie berichtet, sollte der 81-Jährige nach dem Prozess-auftakt am 15. März, bei dem es nur um dessen Verhandlungsfähigkeit und nicht um die Anklage selbst ging, auf Anordnung des Gerichts vom Amtsarzt begutachtet werden. Die Hausärztin des Angeklagten hatte zu Beginn des Prozesses gesagt, dass ihr Patient, der zuvor mit einem Rollator den Gerichtssaal betreten hatte, nicht verhandlungsfähig sei. Was bei der amtsärztlichen Begutachtung konkret herausgekommen ist, vermochte der Gerichtssprecher nicht zu sagen.

Die Prozessaussetzung „wegen Erkrankung des Angeklagten“ deute aber tendenziell darauf hin, dass der Prozess neu terminiert werde, wenn es dem Angeklagten wieder besser geht. Der jetzt im Jerichower Land lebende Angeklagte soll von 1995 bis 1998 in Salzwedel, einem weiteren Ort im Altmarkkreis und im Jerichower Land in sieben Fällen seine beiden damals zwischen sieben und zehn Jahre alten Enkelinnen missbraucht haben, wobei es zwei Mal zum vollendeten Geschlechtsverkehr gekommen sei.

Das sei im Erfüllungsfall schwerer sexueller Kindesmiss- brauch und nach der momentan gültigen Gesetzeslage mit mindestens zwei Jahren Gefängnis bedroht, erfuhr die Volksstimme auf Nachfrage. Das Sexualstrafrecht sei kompliziert und vielfach geändert worden. Zur Tatzeit galt eine abgemilderte Version des einschlägigen Paragrafen im Strafgesetzbuch.

Die seinerzeitige Strafandrohung betrug im Regelfall sechs Monate bis zehn Jahre Gefängnis. Die Verjährungszeit beträgt seit 1998 in der Regel 20 Jahre. Jedoch habe der Gesetzgeber bereits 1994 eine sogenannte Ruhe der Verjährung bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres des Opfers eingeführt. Damit sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Entschluss, derartige Straftaten anzuzeigen, oft erst nach dem Ende altersbedingter und familiärer Abhängigkeiten durch das Opfer gefasst werden könne.

Nach einer weiteren Gesetzesnovellierung im Jahr 2015 ruht die Verjährung bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des vermeintlichen Opfers. Dies gelte auch für vor 2015 begangene Taten, jedoch nur dann, wenn diese nach alter Rechtslage noch nicht verjährt waren.