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Liquiditätskonzept Streit um Vita-Verkauf eskaliert

Erneut hat der geplante Vita-Verkauf in Salzwedel für heftige Diskussionen gesorgt. Es gab persönliche Angriffe und Vorwürfe.

Von Fabian Laaß 20.04.2018, 03:00

Salzwedel l Am von der Stadtverwaltung im Liquiditätskonzept festgeschriebenen Verkauf des Salzwedeler Seniorenzentrums Vita scheiden sich die Geister. Im Hauptausschuss sorgte das Thema für eine heftige, rund 40-minütige Diskussion. Peter Fernitz (CDU) stellte wie im Finanzausschuss den Antrag, die Fortschreibung des Liquiditätskonzeptes von der Tagesordnung zu nehmen. „Wenn wir das machen, dann muss ich die Vita ausschreiben. Denn der Stadtrat hat mir den Auftrag erteilt, dass Konzept umzusetzen“, entgegnete Bürgermeisterin Sabine Blümel.

Wolfgang Kappler (Salzwedel Land) pflichtete ihr bei. „Den Antrag auf Absetzung des Themas im Finanzausschuss zu stellen, ist der größte Fehler, den du je gemacht hast“, sagte er in scharfem Ton an Peter Fernitz gerichtet. Sabine Blümel schlug vor, den Verkauf des Seniorenzentrums bis zu den Haushaltsberatungen 2019 aufzuschieben. „In diesem Jahr haben wir einen genehmigungsfreien Haushalt und brauchen den Verkauf nicht. 2019 sieht es nach jetzigem Stand anders aus. Das wird ein schlechtes Jahr“, berichtete das Stadtoberhaupt.

Peter Fernitz kritisierte, dass die Finanzausschuss-Mitglieder erst eine Stunde vor der Sitzung Zeit hatten, in das Verkehrswertgutachten für die Vita hineinzusehen. „Und dann sollen wir eine so weitreichende Entscheidung treffen.“ Wolfgang Kappler entgegnete, die Fraktionen hätten sechs Wochen Zeit gehabt, die Unterlagen einzusehen. „Du willst doch hier nur den Helden spielen“, sagte er zu Peter Fernitz.

Auch Norbert Hundt (SPD/Für Salzwedel) hatte seine Meinung seit der Sitzung des Finanzausschusses in der Vorwoche scheinbar geändert. „Ich habe mich der Stimme enthalten, ohne an die Konsequenzen zu denken. Wenn wir das Thema nicht besprechen, hat Frau Blümel den Auftrag, die Vita zu verkaufen.“ Gerd Schönfeld (Die Linke) wollte das Thema ebenfalls beenden: „Ich will eine eindeutige Entscheidung. Ich sehe aktuell eine Mehrheit im Stadtrat gegen den Verkauf der Vita. Das Thema muss abgeschlossen werden“. Peter Fernitz zog seinen Absetzungsantrag daraufhin zurück.

Ute Brunsch (Die Linke) stellte den Antrag, den Verkauf des Seniorenzentrums komplett aus dem Liquiditätskonzept zu streichen. „Die Leute kommen überhaupt nicht zur Ruhe. Wir haben schon zwei Mal das Stammkapital gekürzt. Ich habe Angst, dass wir irgendwann auch die Wobau verkaufen“, meinte die Linken-Fraktionschefin. Die Vita würde Arbeitsplätze für Frauen in der Stadt bieten. Diese würden gutes Geld verdienen. „Diese Mitarbeiter zahlen hier ihre Lohnsteuer und kaufen hier ein“, fügte sie hinzu. „Die Leute finden auch woanders Arbeit“, entgegnete Wolfgang Kappler.

Peter Fernitz sprang Ute Brunsch zur Seite: „Wir handeln hier nicht mit Holz, sondern mit Menschen. Bewohner und Mitarbeiter brauchen Sicherheit. Deshalb sollten wir uns lieber nach Alternativen umsehen. Jeder Bürger wird doch Verständnis dafür haben, wenn wir die ein oder andere Straße nicht sofort sanieren.“ Der Verkauf des Seniorenzentrums solle jetzt gestrichen werden. „Wenn wir wirklich nochmal in die Situation kommen sollten, dass wir zahlungsunfähig sind, können wir immernoch über dieses Thema diskutieren.“

Norbert Hundt gab den Ausschussmitgliedern zu verstehen, dass seine Fraktion einem Vita-Verkauf in diesem Jahr nicht zugestimmt hätte. „In den kommenden Jahren treten Defizite im Etat auf. Wir als Stadträte sollten deshalb überlegen, wie wir das ändern können. Wie genau die finanzielle Situation 2019 oder 2020 aussieht, kann man jetzt einfach nicht sagen“, so der Fraktionsvorsitzende von SPD/Für Salzwedel.

Das Halten von Geschäftsanteilen wie beim Seniorenzentrum sei für eine Kommune keine Pflicht, erklärte Sabine Blümel. „Deshalb kann ich heute nicht sagen: ‚Niemals die Vita‘“, meinte die Bürgermeisterin. Gerd Schönfeld versuchte, seinen Ausschuss-Kollegen die Konsequenzen eines Vita-Verkaufs für die Belegschaft zu verdeutlichen. Betreiber würden den Anteil an examinierten Pflegekräften unter die 50 Prozentmarke drücken. „Die Strafe, die sie dafür zahlen, ist immernoch geringer, als die Einsparungen durch diesen Personalabbau. Wir dürfen das nicht zulassen“, sagte Gerd Schönfeld sichtlich verärgert.

Mit Tarifunterwanderung und Personalabbau werde explizit in dem Verkehrswertgutachten gerechnet, ergänzte Peter Fernitz. „Das stimmt einfach nicht. Es steht kein Wort davon drin“, sagte Sabine Blümel und ließ Kämmerer Olaf Meining das Gutachten vorlegen. Peter Fernitz konnte den von ihm genannten Passus dann wirklich nicht finden. „Das gibt es nicht. Ich habe mir den Satz sogar rausgeschrieben. Das ist nicht die Version, die vor dem Finanzausschuss vorlag“, mutmaßte der CDU-Fraktionsvorsitzende.

Nach einigen Wortgefechten legte Olaf Meining einen weiteren Teil des Gutachtens vor. Dort stand der von Fernitz zitierte Satz drin, was auch Sabine Blümel einräumen musste. „Jetzt ist es aber nicht an der Zeit, über mögliche Betreiber zu sprechen“, sagte das Stadtoberhaupt.

Im Anschluss wurde zunächst über den Antrag von Ute Brunsch, den Vita-Verkauf komplett zu streichen, abgestimmt. Mit vier Ja-Stimmen (Brunsch, Fernitz, Schönfeld, Schulz) und vier Nein-Stimmen (Blümel, Kappler, Hundt, Block) wurde dieser abgelehnt. Ebenfalls einen Stimmen-Patt gab es bei der Abstimmung über Sabine Blümels Antrag, den Vita-Verkauf um ein Jahr aufzuschieben. Dafür stimmten Sabine Blümel, Norbert Hundt, Norbert Block und Wolfgang Kappler, dagegen Peter Fernitz, Gerd Schönfeld, Ute Brunsch und Martin Schulz.

Der Stadtrat wird sich nun am 2. Mai mit dem Vita-Verkauf beschäftigen. Dort ist eine ähnliche Diskussion, wie am Mittwoch zu erwarten.