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Salzwedeler Tafel Neues Fahrzeug für alte Sorgen

Die Tafel in Salzwedel hat ein neues Kühlfahrzeug. Im Hintergrund arbeiten über 30 Ehrenamtliche für die Ärmsten der Gesellschaft.

Von Alexander Rekow 21.09.2017, 06:30

Salzwedel l Pünktlich 9.30 Uhr rauscht Samit Sajsultanov (65) auf den Hinterhof der Salzwedeler Tafel an der Schillerstraße. Die Tafel befindet sich in Obhut der Diakonie. Gut gelaunt beginnt er seine ehrenamtliche Arbeit – seit nunmehr vier Jahren. Gemeinsam mit dem ebenfalls Ehrenamtlichen Sebastian Kochanowski beginnt er, die leeren Kisten vom Vortag zu entladen. „Ich will den Müll wegbringen, dann beginnt meine Tour“, erklärt der 65-Jährige.

Mit „Tour“ meint der gebürtige Kasache das Einsammeln von Lebensmitteln bei Discountern und Supermärkten. Einer dieser Discounter ist Lidl, dem Samit Sajsultanov und seine etwa 30 ehrenamtlichen Kollegen sehr dankbar sind. Denn durch das Spenden der Pfandbons von Kunden, hat der 65-Jährige ein neues Gefährt – und nun auch mit Kühlung. Diese Fähigkeit hatte das alte Fahrzeug nämlich nicht. „Der war auch zu klein – mit dem ging schon gar nichts mehr“, fügt Anke Gubatz, Teamleiterin bei der Tafel, hinzu.

Durch die 14 800 Euro an Pfandspenden braucht sich der 65-Jährige keine Gedanken mehr um die Zuverlässigkeit seines Fahrzeuges machen. Und besagte Zuverlässigkeit spielt bei den zahlreichen Zielen, die Sajsultanov ansteuert, eine große Rolle. Schaut man sich nämlich die Orte an, an denen Samit Sajsultanov und sein Fahrer-Kollege Klaus Heinrich die Lebensmittel für sozial benachteiligte Menschen holen, ist ein Fahrzeug mit Kühlung bitter nötig. Denn neben den Lebensmittelläden in Salzwedel, fahren die beiden Ehrenamtlichen auch nach Gardelegen, Klötze, Jävenitz und Arendsee. „Ich hole selbst aus Tangermünde und Lüneburg Ware“, erklärt der 65-Jährige.

So sind Sajsultanov und Heinrich fünf Tage in der Woche ehrenamtlich unterwegs. Sie holen Lebensmittel, laden ein, laden aus – Tag für Tag. Vor Ort bei der Tafel warten dann weitere Ehrenamtliche – vorwiegend Frauen – auf die Ware. Um die Kühlkette nicht unnötig lang zu unterbrechen, werden die Lebensmittel sofort in die Kühltruhen an der Schillerstraße gelegt.

Dass sich um die 30 Ehrenamtliche für die Tafel einsetzen und nun sogar ein Fahrzeug mit Kühlung auf dem Hof steht, freut den Chef der Einrichtung, Helmut Harzer, besonders. „Ich bin allen Spendern sehr dankbar“. Was ihn hingegen weniger freut, ist die Überflussgesellschaft. „Wie viel Tiere müssen sterben, um abends in der Mülltonne zu landen“, fragt er sich verärgert – „das passt mir gar nicht“! Daher bittet Helmut Harzer um einen verantwortungsvolleren Umgang mit Lebensmitteln. „Nicht zu viel einkaufen, das Neue im Kühlschrank nach hinten“, nennt er als Tipps. Häufig werde einfach etwas Neues geholt und die alten Lebensmittel laufen ab.

Während Helmut Harzer noch erläutert, macht sich Fahrer Samit Sajsultanov wieder auf den Weg. Denn nach dem Entsorgen des Mülls holt er wieder Ware für die ärmeren Salzwedeler. „Das dauert drei Stunden“, erklärt er und rauscht vom Hof – pünktlich wie jeden Tag.