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Schüler im Landtag Politiker für einen Tag

Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus standen am Montag bei Salzwedeler Jugendlichen auf der Agenda.

Von Tim Neumann 15.11.2018, 23:01

Salzwedel l „Wir sind uns sicher, dass uns die anderen Schüler-Fraktionen schlecht machen wollten, weil wir so gut vorbereitet waren“, resümieren die vier Redner der Lessing-Ganztags- und Gemeinschaftsschule Salzwedel. Dass sie einen bleibenden Eindruck im Landtag von Sachsen-Anhalt hinterlassen haben, zeigt nicht zuletzt die vehemente Einmischung der AfD-Abgeordneten. Ihr Thema, eine Pflichtexkursion zu einer Gedenkstätte für die Opfer aus der Nazi-Zeit, verteidigten die Schüler dabei nach allen Regeln der Kunst.

Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch lud insgesamt 80 Schüler aus drei Sekundarschulen zum Jugendparlament ein, um über selbst gewählte Themen zu debattieren. Den Jugendlichen bot sich somit ein besonders tiefer Einblick in die Landespolitik. Dass sie ihren Job als Abgeordnete ernst nahmen, beweisen auch die akribischen Vorbereitungen, die die 23 Schüler der Lessingschule in den vergangenen Wochen getroffen hatten: Politiklehrer Stefan Hübner und Deutschlehrer Florian Anderson übten mit den Jugendlichen das Schreiben und Vortragen von Reden sowie die Abläufe in der Landespolitik. Zudem half auch ein Workshop im September.

Ihr Antrag war den Schülern wichtig, weil der Besuch der Gedenkstätten deutlich nachhaltiger in den Köpfen bleibt als normaler Unterricht. Die anderen beiden Schulen aus Magdeburg und Brettin brachten die Themen „kostenlose Kondome für Jugendliche“ und „Verbesserung der Radwege in Sachsen-Anhalt“ mit. Schulleiterin Heike Herrmann ist sich jedoch sicher: „Wir hatten die besseren Redner. Manche sind mit nur ein paar Stichpunkten angetreten und haben super vorgetragen.“ Deshalb seien die Salzwedeler am besten bei vielen Politikern angekommen, die ebenfalls anwesend waren.

Nach der Eröffnung durch Brakebusch um 10 Uhr berieten die Schüler ihre Themen in Diskussionsforen. Ab 14 Uhr begann dann die Gesamtdebatte im Plenarsaal. Dort, wo sonst die echten Landtagsfraktionen tagen. Die Vertreter der Landtagsfraktionen durften dann auch Stellung zu den Themen der Jugendlichen nehmen. Ein AfD-Abgeordneter versuchte sogar, das Thema der Lessing-Schüler auf die Flüchtlingskrise zu beziehen und schoss sich darauf ein. Damit konnten die Redner aber locker umgehen.

Im Gespräch mit der Volksstimme verrät Marvin Rössing: „Nie hätte ich gedacht, dass ich mal die Chance bekommen würde, im Landtag zu reden. Ich habe mir schon länger gewünscht, bei so etwas mitzumachen.“ Auf die Frage, ob sich jemand einen Job als Politiker vorstellen könnte, muss die Gruppe schmunzeln. „Das ist wirklich harte Arbeit, ich möchte lieber Erzieher werden“, sagte Maximilian Kreft. Yara Behrens sieht es anders: „Mir hat der Tag viel Spaß gemacht. In die Politik zu gehen, wäre auf jeden Fall eine Option.“ Dankbar sind sie für Heike Herrmanns Einsatz, die sogar den Busfahrer vertröstete, weil sich die Debatte weit länger hinzog als vorgesehen. Und die politische Exkursion nimmt kein Ende: Am 30. November dürfen die Schüler den Bundestag in Berlin besuchen.