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Schulstart Salzwedel: Corona trifft auf Lehrermangel

Zu wenig Lehrer, 343 Schüler und mittendrin Corona: Vor dem Start ins Schuljahr stehen bei der Lessing-Ganztagsschule Fragezeichen.

Von Alexander Rekow 14.08.2020, 01:01

Salzwedel l Rund zwei Wochen, dann startet in den Schulen des Landes nach den Sommerferien wieder der Unterricht. Doch wie soll der in Zeiten der Corona-Pandemie mit gleichzeitigem Lehrermangel aussehen?

„Ich habe zwei Pläne auf meinem USB-Stick“, sagt Heike Herrmann, Schulleiterin der Ganztagsschule Lessing in Salzwedel. Schon vor den Ferien habe sie einen Plan A und B für ihre 343 Schüler ausgearbeitet. „Und dann kam die Kündigung eines Kollegen.“ Aus dem Nichts, wie sie sagt. Und das vor dem Hintergrund, dass zwei weitere Kollegen in den Ruhestand gehen. „In der Corona-Zeit ist das Thema Lehrermangel in Vergessenheit geraten“, mahnt sie.

Mit dem Lehrer, der unvermittelt gekündigt habe, hätte die Unterrichtsabdeckung ihrer Schule bei knapp unter 90 Prozent gelegen – so aber sank sie noch weiter. Erschwerend kommt hinzu, dass die beiden Ruheständler wichtige Fächer wie Deutsch, Englisch, aber auch Geschichte und Russisch abdeckten. Prekär: Unterm Strich fehlen der Lessing-Schule pro Woche 90 Unterrichtsstunden. Trotzdem werde von den Lehrern der Unterricht voll abgedeckt.

Grundsätzlich werde nach Anzahl der Schüler berechnet, wie viele Lehrer in einer Schule zum Einsatz kommen, erklärt Heike Herrmann: „Dieser Faktor lag vor Kurzem noch deutlich höher.“ Er sei nach unten korrigiert worden. Heißt: Gleiche Schülerzahl aber weniger Lehrer vermitteln den Stoff.

Daher vermutet der Vater eines Schülers, dass das die Antwort des Landes-Bildungsministeriums auf den vielerorts grassierenden Lehrermangel sei. Denn im Endeffekt erlaubt der korrigierte Faktor den hiesigen Schulen, ihren Unterricht mit wenigen Lehrkräften weiterhin aufrechtzuerhalten. Am Beispiel der Lessing-Schule bedeutet das, dass der Bildungseinrichtung (nur) vier statt sechs Lehrer fehlen. Der Vater zumindest spricht an dieser Stelle von „Schönrechnerei“.

Doch wo Schatten, da auch Licht. Im Fall der Lessing-Schule heißt das: „Wir bekommen einen neuen Seiteneinsteiger, aber befristet bis zum 31. Januar 2021“. Und um diese bemühe sich Heike Herrmann ständig. „Ich verstehe mich mittlerweile wie eine Wirtschaftsunternehmerin.“ Denn sobald jemand auch nur im Ansatz durchblicken lasse, sich eine Zukunft als Quereinsteiger vorstellen zu können, zücke die Schulleiterin ihre Visitenkarte. „Ich werbe bei jedem, der einen Bachelorabschluss hat und dessen Studium zu uns passen würde.“ Doch das letzte Wort hat Herrmann nicht. Das Landes-Bildungsministerium muss zuletzt prüfen und grünes Licht geben, ob sich ein Studienabschluss in das Unterrichtsgeschehen integrieren lässt. Heike Herrmann lasse nichts unversucht, Personal in die Lessing-Schule zu locken: „Es laufen im Hintergrund zahlreiche Gespräche.“

Egal wie, am 27. August soll der Unterricht beginnen. Und nach aktuellem Stand im Regelbetrieb. Heißt: Alle Schüler und Lehrer kommen zu ihrem gewohnten Unterricht. Doch ob es nun schlussendlich so kommt, weiß die Schulleiterin nicht. „Ich habe keine Glaskugel und weiß nicht, wie es mit Corona weiter geht.“ Daher ist sie sowohl für den Vollunterricht vorbereitet, als auch für einen Teilunterricht. Sollte es zum Teilunterricht kommen, wird die eine Hälfte in der ersten Woche, die andere in der zweiten Woche unterrichtet bei gleichbleibenden Stundenplan. „Wir haben auch keine Regelungen zu den Masken.“ Daher werde sie wohl auf Freiwilligkeit setzen; nicht wie in Mecklenburg-Vorpommern oder Hamburg, wo das Tragen von Masken in den Schulen Pflicht ist.

Masken habe sie zumindest vorrätig. Genauso wie Desinfektionsmittel, Seife zum Händewaschen oder Hygieneregeln im Aushang. Auch das ständige Lüften und Reinigen der Tische und Stühle gehörten dazu. Offen bleibt vielmehr, was mit ihren älteren Kollegen sei – jene, die zur sogenannten Risikogruppe gehören. Das betreffe 20 Prozent ihres Kollegiums. Zudem sei ihr unklar, was sie tun sollte, wenn sich Schüler bei einer möglichen Maskenpflicht nicht an das Tragen halten sollten. „Soll ich sie dann der Schule verweisen? Das kann ja auch nicht die Lösung sein.“ Die Schulleiterin ist für einen Unterricht ohne Schutzmasken. „Die Lehrer müssen ja auch die Mimik der Schüler sehen.“ Es sei ein diffiziles Themenfeld.

Vom Ministerium gibt es zwei Wochen vor Schulstart noch nichts Konkretes: „Ich bitte um Verständnis, dass derzeit noch keine finalen Aussagen möglich sind“, heißt es dort. Derzeit würden die Abstimmungen und Vorbereitungen zum Schulstart laufen. „Das Kabinett wird sich am kommenden Dienstag (18. August) dazu verständigen“, sagt Pressesprecher Stefan Thurmann auf Nachfrage. Bei Thema Infektionsschutz würden intensive Abstimmungen mit dem Gesundheitsministerium stattfinden.