Verkehrskonzept Shoppen und in Cafés sitzen: Salzwedels Weg zum autofreien Zentrum
Salzwedels Innenstadt könnte bald autofrei werden. Dafür wird ein für die Baumkuchenstadt erstelltes Konzept wieder aus der Schublade geholt.

Salzwedel - Die Idee autofreier Innenstädte hat in den zurückliegenden Jahren mächtig Aufwind bekommen. Klimawandel und das künftige Verbot von Verbrennermotoren haben den Gedanken weiter befeuert. In Salzwedel gibt es nun einen neuen Anlauf, Blechlawinen aus der historischen Fachwerkstatt zu verbannen. Dabei spielt ein Konzept eine entscheidende Rolle.
Eines vorweg: autofrei ist nicht gleich autofrei. Europäische Städte setzen dabei auf unterschiedliche Konzepte. In Wien beispielsweise will man mit Kameras den Verkehr eines Bezirks beobachten, um zu ermitteln, wie viele Fahrzeuge sich dort befinden. Ziel ist ein Ein- und Ausfahrtsmodell, das den Straßenverkehr begrenzt. In Oldenburg bildet eine autofreie Fußgängerzone schon seit 1967 das Herzstück der Stadt. Statt Kaufkraft zu verlieren, hat sich ein Einkaufsparadies entwickelt. Im Viertel Köln-Nippes verzichtet man auf Autos, geht mit Bollerwagen und Rad einkaufen, Kinder spielen auf einst befahrenen Straßen. Und in Bielefeld wurde als Pilotprojekt die Altstadt zur autofreien Zone erklärt. Hannover will ebenfalls eine City von Morgen: Mit mehr Grün, viel Platz und weniger Autos. Die Beispiele ließen sich anhand weiterer Studien und Konzepte fortführen.
Verkehrskonzepte neu denken
In zahlreichen Städten ist der Gedanke mittlerweile angekommen, Verkehrskonzepte neu zu denken. Der öffentliche Raum ist begrenzt, Lärm und Schmutz soll durch Grün und flanierende Menschen ersetzt werden. Bummeln statt Brummen.
Auch in Salzwedel keimt diese Idee auf – wieder. In einem Verkehrsentwicklungskonzept von 2017 der SVU Dresden (Stadt-Verkehr-Umwelt) heißt es bereits: „Das Kernstadtgebiet der Hansestadt Salzwedel ist durch eine kompakte Siedlungsstruktur gekennzeichnet. Damit bestehen gute Voraussetzungen für den nichtmotorisierten Verkehr.“ Der Begriff „Stadt der kurzen Wege“ sei in Salzwedel Realität.
Stadträtin Cathleen Hoffmann (Bündnis 90/Die Grünen) hat das Konzept nun wieder aus der Schublade geholt. Ziel: Die Neuperverstraße soll anteilig zum Verkehrsberuhigten Bereich werden.
Anstoß war der ruhende Verkehr, also parkende Autos. „Als Radfahrerin komme ich dort nicht gefahrlos entlang.“ Drahtesel dürfen, anders als Kraftfahrzeuge, entgegengesetzt der Einbahnstraße fahren. Doch dort stehen, gerade an Wochenenden, Autos. Daher ihr Vorschlag: Ab dem Abzweig Schrangen (ehemals Rossmann) bis zur Wallstraße (Kunsthaus) einen verkehrsberuhigten Bereich einzurichten. Gemeinsam mit Salzwedels Ex-Oberbürgermeisterin Sabine Danicke (Freie Fraktion) und Marco Heide (Die Linke) soll nun ein fraktionsübergreifender Antrag mit diesem Ziel formuliert werden.
Einheimische votieren mehrheitlich bei Umfrage für autofreies Zentrum
Die Volksstimme nutzte den Vorstoß, um die Einheimischen zu befragen. Bei einer TED-Umfrage stimmten mehr als 60 Salzwedeler für ein autofreies Zentrum, lediglich 16 für die Beibehaltung des aktuellen Zustands. Auch via Mail meldeten sich Einwohner zu Wort: Übrigens ausschließlich pro verkehrsberuhigter Bereich. So auch Wolfgang Pietsch von der Verkehrswacht. „Ich spreche mich auch dafür aus, den Autoverkehr aus der Neuperverstraße weitestmöglich zu reduzieren und wirksam zu beruhigen.“ Dies solle unter wissenschaftlicher Begleitung geschehen.
Das Konzept der SUV Dresden könnte dann als wissenschaftlicher Leitfaden dienen. Darin heißt es unter anderem: „Vor allem in der Neuperverstraße werden die innerstädtischen Funktionen durch den Kfz-Verkehr negativ beeinflusst.“ Und: „Die Verbindung zwischen Burgstraße und Breite Straße wird durch den kreuzenden Kfz-Verkehr wesentlich geschwächt.“