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  7. Mieter illegal gekündigt: Wobau Salzwedel verweigert Entschädigung

Nach Angebot von zu Unrecht gekündigtem Mieter Städtische Wohnungsbaugesellschaft Salzwedel verweigert gütliche Einigung

In Salzwedel hat die Wohnungsbaugesellschaft Wobau eine gütliche Einigung mit einem Mieter abgelehnt, der aufgrund einer fehlerhaften Wasserabrechnung unrechtmäßig gekündigt wurde. Trotz der klaren Rechtslage zögert die Wobau, Schadensersatz zu zahlen.

Von Beate Achilles Aktualisiert: 02.08.2024, 10:50
In einem solchen Block der Wobau in Salzwedel  wohnte der Mieter, der sich unfair behandelt fühlt.
In einem solchen Block der Wobau in Salzwedel wohnte der Mieter, der sich unfair behandelt fühlt. Foto: Antje Mewes

Salzwedel. - Ein Wasserzähler weist einen absurd hohen Verbrauch aus. Der junge Mieter weigert sich zu zahlen und bittet um Überprüfung des Messgeräts. Bevor das jedoch erfolgt, kündigt Salzwedels größter Vermieter, die Wobau, wegen angeblich rückständiger Zahlungen fristlos den Mietvertrag. Nachdem der Mieter ausgezogen ist, stellt sich heraus: Er hatte Recht und die Wasseruhr war kaputt. Die Volksstimme berichtete im März über diesen Fall.

Die Wasserabrechnung der Wobau war also falsch. Es bestand kein Zahlungsrückstand, und die fristlose Kündigung war nicht rechtmäßig. Mietrechtlich ist die Wobau nun nach Auffassung des Mietervereins in Stendal und anderer Anwälte zum Schadensersatz verpflichtet. Doch diese sieht das offenbar anders.

Rechtsanwalt erklärt Schadensersatzansprüche

„Es geht jetzt um die Höhe des Schadensersatzes“, erklärt Rechtsanwalt Mathias Schliebe aus Berlin. Laut Zivilprozessordnung könne sein Mandant die Differenz zwischen der alten und der neuen Miete (60 Euro im Monat) plus Fahrtkosten für 36 Monate geltend machen, die ihm dadurch entstanden seien, dass er nun von Pretzier zu seinem Arbeitsplatz in Salzwedel pendeln müsse (49 Euro im Monat mit dem Deutschlandticket).

Zusammen ergebe sich ein Schaden von 3.924 Euro. Trotz der gesetzlich recht eindeutigen Regelung zögern der Ex-Mieter der Wobau und sein Anwalt jedoch bislang, den Betrag einzuklagen.

Wobau will nicht zahlen: Ungewisse Erfolgsaussichten vor Gericht

„Der gegnerische Anwalt argumentiert, mein Mandant sei so schnell ausgezogen, dass er das wohl ohnehin beabsichtigt hätte“, so Schliebe. „Außerdem könne er mit dem Fahrrad von Pretzier nach Salzwedel fahren. Deshalb sei ihm gar kein Schaden entstanden“.

Wie das Gericht den Fall am Ende beurteilen würde, sei deshalb trotz des eigentlich klaren Sachverhalts nicht vorherzusehen. „Bei solchen Streitwerten versuchen die Richter oft, das Verfahren durch einen Vergleich zu beenden“, so der Anwalt. Man einigt sich auf die Hälfte, und jede der Parteien trägt ihre eigenen Verfahrenskosten.

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„Damit bliebe von der Hälfte der Schadenssumme, die meinem Mandanten dann möglicherweise zugesprochen würde, am Ende nicht viel übrig“, erklärt der Jurist.

Unternehmen blockiert: Versuch einer gütlichen Einigung scheitert

Deshalb hätten sein Mandant und er versucht, sich mit der gegnerischen Seite zu einigen. „Wir haben vorgeschlagen, uns mit der Hälfte der Schadenssumme zu begnügen“, sagt Schliebe. Doch Wobau-Geschäftsführer Christian Märtens hätte abgelehnt.

„Märtens zeigt sich unwillig, sich gütlich zu einigen“, so der Rechtsanwalt. Auf Nachfrage der Volksstimme antwortet der Wobau-Chef: „Bezüglich der (...) Auseinandersetzungen hinsichtlich des (...) geforderten Schadenersatzes äußere ich mich aufgrund des laufenden Verfahrens nicht.“

Mieter zieht direkt nach fristloser Kündigung aus - wird das zum Problem?

Anwalt Schliebe sieht in der Haltung der Wobau eine „fehlende Einsicht von Unrecht“ und empfindet sie als „arrogant“. Es sei allerdings ein Fehler seines Mandanten gewesen, zu schnell nachgegeben zu haben und direkt nach der fristlosen Kündigung ausgezogen zu sein.

„Jeder Anwalt hätte ihm davon abgeraten“, so Schliebe. Es sei leider häufig zu beobachten, dass Menschen zu spät zum Anwalt gingen, weil sie die Kosten fürchteten. „Viele wissen nicht, dass sie beim Amtsgericht Beratungshilfe beantragen können, um damit den ersten Besuch beim Anwalt zu bezahlen, wenn das eigene Einkommen nicht ausreicht“, so Schliebe.

Komme es dann zum Gerichtsverfahren, gebe es auch dafür finanzielle Unterstützung in Form von Prozesskostenhilfe.