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Adventssonntag Stadt sieht sich bestätigt

Die Stadtverwaltung Schönebeck bleibt dabei: Auch an den kommenden Adventssonntagen bleiben die Geschäfte zu.

Von Heike Liensdorf 04.12.2018, 18:16

Schönebeck l Unverständnis macht sich bei Stadtrat Mark Kowolik (fraktionlos) breit, als er den Artikel „Kein Geschäft zu machen“ am 30. November in der Schönebecker Volksstimme liest. Es geht darum, dass die Stadtverwaltung 2018 in der Adventszeit keine verkaufsoffenen Sonntage festgesetzt hat. Zum Unmut vieler Händler. „Es entsteht hier leider der Eindruck, dass man keine steuerzahlenden Gewerbetreibenden in Schönebeck haben möchte“, so seine Schlussfolgerung. Anders könne er als Stadtrat solch‘ eine Entscheidung nicht werten. „Ich habe für das Rechtsamt durchaus Verständnis, dass man sich absichern will. Aber ein Weihnachtsmarkt, der nur einmal im Jahr stattfindet, nicht als expliziten Anlass zu werten – dafür habe sicherlich nicht nur ich kein Verständnis“, schreibt er in einer Mail. „Wir sind als Stadt auf alle Steuereinnahmen angewiesen. Da ist es aus meiner Sicht mehr als kontraproduktiv, dort noch vorsätzlich Hürden aufzutürmen“, so Mark Kowolik weiter.

Oberbürgermeister Bert Knoblauch (CDU) steht zu der Entscheidung und informiert darüber noch einmal im Hauptausschuss am Montagabend. „Ich habe für die Stadt Schönebeck keine Allgemeinverfügung getroffen – nach rechtlicher Überprüfung und aktueller Rechtsprechung.“ Zwar habe man zwischenzeitlich überlegt, am zweiten Advent einen verkaufsoffenen Sonntag anzubieten – da findet auf dem Marktplatz der Weihnachtsmarkt statt. Doch nachdem das Oberverwaltungsgericht es Wittenberg, Weißenfels und Dessau kurzfristig am Freitagabend untersagt hat, am ersten Advent ihre Geschäfte öffnen zu lassen, habe man sich in seiner bisherigen Rechtsauffassung bestätigt gesehen. „So leid wie es mir persönlich für die Sache tut: Die gesetzliche Lage ist so, dass die Voraussetzungen aus unserer Sicht nicht vorliegen“, betont das Stadtoberhaupt. „Ich kann es leider nicht ändern und werde nicht sehenden Auges eine rechtswidrige Verfügung erlassen.“

Man würde es den Händlern vor Ort gönnen, gerade aufgrund der Nähe zu Magdeburg. Doch die aktuellen Urteile sprechen eine andere Sprache. „Zum Beispiel hat Weißenfels eine 60-seitige Abwägung verfasst, warum es erlaubt sein sollte, dass die Geschäfte in ihrer Stadt öffnen“, nennt Bert Knoblauch ein Beispiel. „Das hat nicht gereicht. Die wohlwollende Entscheidung vom Verwaltungsgericht ist vom Oberverwaltungsgericht kassiert worden.“

Die Gewerkschaft Verdi, die im Einzelhandel tätige Arbeitnehmer vertritt, hatte gegen die Öffnung der Geschäfte am ersten Advent geklagt. Der besondere Anlass sei nicht gegeben. Zum Vergleich: Weißenfels hat zur „Höfischen Weihnacht“ mit rund 4.000 Besuchern gerechnet. Der Veranstalter des Weihnachtsmarktes in Schönebeck geht von 400 Besuchern in der Spitze aus.

Im Gespräch mit der Volksstimme betont Dezernent Joachim Schulke, dass die Allgemeinverfügungen der Vorjahre oftmals eine Gratwanderung gewesen seien. Nicht immer sei der Anlass besonders gewesen, nicht immer hätte die Regelung für Geschäfte im gesamten Stadtgebiet gelten dürfen. Doch man habe ermöglicht, was rechtlich vertretbar gewesen sei. Durch die Verwaltungsgerichte seien die Voraussetzungen für eine Sonntagsöffnung in den vergangenen Jahren deutlich strenger gefasst geworden. Es muss ein besonderer Anlass vorliegen, der die Besucher anzieht – das dürfen nicht die geöffneten Geschäfte sein. Doch wann zum Beispiel ein Weihnachtsmarkt ein besonderer Anlass ist, sei im Gesetz nicht klar und deutlich definiert, kritisieren Dezernent Joachim Schulke und René Nickel, Leiter des Sachgebietes Ordnungswesen.

„Unsere Märkte sind schön, regional und familiär, aber sie haben keine überregionale Anziehungskraft“, so Schulke. Ein besonderer Anlass sei somit nicht gegeben. Der Besuch des Marktes oder des Festes müsste im Mittelpunkt stehen, nicht der Einkauf in den Geschäften. Eine Sonntagsöffnung sei nur dafür gedacht, wenn durch die Veranstaltung nicht gewährleisten werden könne, die Vielzahl der Besucher, mit denen gerechnet wird, zu versorgen.

Und wenn es die Stadt einfach drauf ankommen lassen würde? René Nickel schüttelt den Kopf. Wer, wenn nicht die Stadt, sollte sich an Recht und Ordnung halten. Darauf vertrauen auch die Bürger, fügt Schulke an. Kommt es dann zur Klage, kämen die Gerichtskosten dazu und auch der Unmut der Händler, die für diesen Tag extra Waren geordert haben.

Für René Nickel ist das Problem hausgemacht. Die Großstädte hätten das Gesetz immer mehr zu ihrem Gunsten ausgelegt. Statt vier Sonntage für die gesamte Stadt seien oftmals für jeden Stadtteil vier unterschiedliche Sonntage beantragt worden.

Zur Info: In Sachsen-Anhalt dürfen laut Gesetz Geschäfte an höchstens vier Sonn- und Feiertagen pro Jahr öffnen.