1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Schönebeck
  6. >
  7. Götterbaum nicht länger geduldet

Artenschutz Götterbaum nicht länger geduldet

Die Ausbreitung des Götterbaums, den es auch im Salzlandkreis gibt, soll eingedämmt werden. So eine EU-Vorgabe.

Von Paul Schulz 20.09.2020, 01:01

Schönebeck/Staßfurt l Der Götterbaum. Er gilt als der am schnellsten wachsende Baum Europas – und ist hier eigentlich gar nicht heimisch. Auch im Salzlandkreis, so zum Beispiel in Schönebeck oder Bernburg, kommt der aus Asien stammende Baum vor. „Für den Götterbaum liegen nur einige sehr wenige Meldungen vor, welche sich gleichmäßig auf den Landkreis verteilen“, fasst Marko Jeschor aus der Pressestelle des Salzlandkreises zusammen.

Nun soll aber die Verbreitung dieser invasiven beziehungsweise eingeführten Pflanze gestoppt werden. Seit vergangenem Jahr steht der Götterbaum nämlich auf der „Unionsliste“. Dabei handelt es sich um eine Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung, die von der Europäischen Kommission erstellt wird. „Für Tier- und Pflanzenarten der Unionsliste gelten Verbote von Einfuhr, Haltung, Zucht, Transport, Erwerb, Verwendung, Tausch und Freisetzung“, heißt es in einer Pressemitteilung des Umweltministeriums Sachsen-Anhalt.

In dieser Pressemitteilung werden auch Bürger mit Fachexpertise darum gebeten, zu den Vorschlägen zur Eindämmung Stellung zu beziehen. Die Vorschläge sind in Managementmaßnahmeblättern festgehalten und online abrufbar (www.anhoerungsportal.de). Katrin Schneider kennt sich mit dem Verfahren aus. Sie ist Leiterin der Koordinationsstelle Invasive Neophyten in Schutzgebieten Sachsen-Anhalts (Korina). „Alle Umweltministerien in Deutschland müssen darüber informieren, wenn neue Arten auf die Unionsliste kommen. So soll der Öffentlichkeit die Möglichkeit gegeben werden, sich einzubringen und darüber zu diskutieren, wie und in welchem Rahmen die Bekämpfung der Arten vorgenommen wird“, erklärt Schneider. Noch bis zum 2. November können Stellungnahmen dazu eingereicht werden.

Was die Maßnahmen angeht, so sind in dem einsehbaren Dokument einige aufgeführt. Bei einer nachgewiesenen Bedrohung von Populationen seltener oder gefährdeter Arten durch den Götterbaum, können Sämlinge und Jungpflanzen von diesem manuell ausgerissen werden. Wichtig dabei ist, dass möglichst alle Wurzelfragmente entnommen werden, da aus kleinsten Wurzelstücken neue Sprosse gebildet werden können.

Eine andere effektive Maßnahme sei die Ringelung der Bäume, sagt Katrin Schneider. Dabei wird die Rinde in einem mindestens 20 Zentimeter langen Streifen rings um den Stamm entfernt. Dadurch werden die Wurzeln geschwächt. „Sobald die Bäume endgültig abgestorben sind, können sie aus dem Bestand entfernt werden (circa zwei Jahre nach dem Ringeln)“, heißt es in dem Maßnahmeblatt.

Doch warum genau soll der Götterbaum überhaupt weg? Vom Umweltministerium heißt es allgemeingültig: „Gebietsfremde invasive Tier- und Pflanzenarten gefährden die Artenvielfalt und unsere heimischen Ökosysteme.“ Im Management-und Maßnahmenblatt heißt es über den Götterbaum: „Die Gefährdung einheimischer Arten durch den Götterbaum ist in Deutschland mit wissenschaftlichen Methoden bisher nicht belegt.“ Jedoch könnte eine weitere Ausbreitung des Baumes lichten Wäldern (zum Beispiel Trockenwäldern) in Siedlungsnähe schaden. Außerdem können die Pollen des Baumes Allergien auslösen. Das können aber bekanntlich auch heimische Pflanzen.

Katrin Schneider hat eine zwiegespaltene Meinung zum Götterbaum. „Fakt ist, dass der Götterbaum gut mit dem Klimawandel zurechtkommt. Er kann Trockenheit und Wärme gut vertragen. Er trägt in einigen Städten viel zum Stadtgrün bei – allein in Halle gibt es mehr als 2000 dieser Bäume.“ Auf der anderen Seite könnte er aber auf Naturschutzflächen „große Probleme“ machen.

Schneider betont jedoch, dass die Naturschutzbehörden nur tätig werden müssen, wenn die Biodiversität durch den Baum gefährdet wird. Einzelne Bäume wie am Schönebecker Bahnhof dürften demnach stehen bleiben.

Zudem sind sich Jeschor und Schneider einig, dass eine andere invasive Art im Salzlandkreis ein viel größeres Problem darstellt: der Riesenbärenklau. Die im hiesigen Kreis weit verbreitete Pflanze ist nicht nur giftig und kann zu Verbrennungen auf der Haut führen, sondern verbreitet sich auch flächendeckend und kann somit eine Bedrohung für die heimische Flora darstellen.

Der Landkreis unternehme bereits Anstrengungen, um die Pflanze einzudämmen. Marko Jeschor teilt dazu mit: „Neben der aktiven Bekämpfung, ist der Salzlandkreis diesbezüglich insbesondere beratend und unterstützend tätig, beispielsweise im Rahmen von Maßnahmen des Job-Centers und Projekten des Landesbetriebs für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft.“

Auch die Stadt Schönebeck geht gegen den Riesenbärenklau vor, wenn er sich auf öffentlichen Flächen bemerkbar macht. Stadtsprecher Frank Nahrstedt: „Er wird dann umgehend ausgegraben und vernichtet. Wichtig ist, eine weitere Ausbreitung über Samen zu verhindern, zudem alle Wurzelteile zu entfernen, um ein erneutes Austreiben im Folgejahr zu verhindern. Die bekannten Standorte werden regelmäßig kontrolliert und die Beseitigung weiter verfolgt.“

Neben dem Götterbaum und dem Riesenbärenklau stehen noch 64 weitere Pflanzen- und Tierarten auf der Unionsliste. Wer einen Überblick über die Ausbreitung invasiver Pflanzen in Deutschland bekommen möchte, der findet diesen auf einer interaktiven Karte anschaulich dargestellt unter: www.korina.info/funde/atlas/