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Kunst-Automat In der Klinik gibt es Kunst statt Kippen

In den Räumen der Elbe-Saale-Klinik Barby wurde kürzlich ein Zigarettenautomat installiert. Doch statt Kippen zieht man Kunstpäckchen.

Von Thomas Linßner 20.06.2018, 16:39

Barby l „Als Kardiologe hätte ich mir nicht träumen lassen, dass ich mal einen Zigarettenautomaten gut finde“, lächelt Dr. Henner Montanus. Der Chefarzt und Ärztliche Direktor der Klinik kündigt spontan an, den Automaten in die therapeutische Raucherentwöhnung einbeziehen zu wollen. Denn nicht nur die Lunge leidet unter Tabakrauch, auch das Herz und die Gefäße werden durch Nikotin und Rauch in Mitleidenschaft gezogen. Das Herzinfarktrisiko sowie das Risiko an Arteriosklerose und Schlaganfall zu erkranken, steigen durch den Konsum von Tabakwaren signifikant an. Der Klinikchef weiß ein Lied davon zu singen.

Nun also ein Automat für Kunst statt Kippen. Das Prinzip ist einfach: Man wirft vier Euro ein und zieht ein kleines Päckchen, das nicht größer ist, als eine Zigarettenschachtel. In jeder Packung befindet sich ein Original. Dazu ein „Beipackzettel“ mit Informationen und den Kontaktmöglichkeiten zum Künstler. Bilder, Plastiken, Keramiken können der Inhalt sein. Eingefädelt hat die Barby- (und wohl auch Salzlandkreis-) Premiere der Wahl-Calbenser Lothar Schröder, der sich freut, dass die Reha-Klinik ihm entgegen kam: „Normalerweise befinden sich diese Automaten immer im Freien. Da sind sie allerdings ungeschützt vor Vandalismus.“ In der Klinik hingegen hängt die kunterbunte mechanische Kiste an der Tür neben dem Bewegungsbad. Was zwar ein bisschen Abseits vom Schuss ist - Klinik-Verwaltungsleiterin Sabine Futterlieb versprach aber, die Neuerung kräftig zu bewerben. Während Lothar Schröder in der Regel ahnt, was sich in den Schachteln befindet, erwartet den Käufer eine kreative Überraschung. Denn Ziel dieser Automaten sei es letztlich auch, Künstler überregional bekannter zu machen. Lothar Schröder ist davon überzeugt, dass es für eine deutsche Klinik eine Premiere ist.

Kunstautomaten stehen und hängen bereits in mehreren deutschen Städten. Sie werden rege von kunstbegeisterten Menschen und Sammlern in Anspruch genommen, wo sich die Idee etabliert hat. Die Geräte sind ausrangierte Zigaretten- oder Kondomautomaten aus der D-Mark Zeit. Sie sind mechanisch bedienbar, benötigen also keinen Strom. Umgerüstet auf Euros und individuell gestaltet, können sie innen oder außen angebracht werden. Die bunten Metallkisten sind kein wirtschaftliches Instrument direkter Art. An erster Stelle fördern sie Kunst, Künstler und Aufstellorte. Einen Euro erhalten die Künstler pro Päckchen. „Es soll keine Entlohnung für die Kunst darstellen“, weiß Schröder, der in Calbe-Damaschkeplan sein Atelier betreibt. Dieser eine Euro sei nur eine symbolische Geste. Viele Künstler nutzen Kunstautomaten, um ihre Kunst weiter zu verbreiten. Die Kunden freuen sich, machen sie doch so manches Schnäppchen.

Auch in Magdeburg gibt es sie bereits im Moritzhof, im Volksbad Buckau, im Kabarett Hengstmanns, der Klosterbergestraße in Buckau und am Schellheimer Platz.

Der aus Bielefeld stammende Lothar Schröder überreichte bei der Einweihung des kunterbunten Premiere-Automaten in Barby zwei handsignierte Bücher des „Stern“-Cartoonisten Til Mette. Mette, der ebenfalls in Bielefeld geboren wurde, war 1985 Mitbegründer der „taz“ Bremen, in der regelmäßig seine Cartoons gedruckt werden. Nach Jahren in den USA zeichnet Mette seit 1995 exklusiv für den „Stern“. Lothar Schröder hat einen guten Draht zu ihm, deswegen auch die Karikaturenbücher.

Für die Befüllung zeichnet der Automaten- und Waagenbetrieb Andreas Petzke vom Kunsthaus Oschersleben verantwortlich. Wer sich für einen Kunstautomaten interessiert: Lothar Schröder, Telefon (0174) 7 41 55 68, gibt gerne Auskunft.