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Bürgerinitiative adé Wo die Altstadt noch zu retten wäre

Die Bürgerinitiative "Rettet die Altstadt" aus Schönebeck gibt es nicht mehr. Mittlerweile ist Manfred Pöschke ein Alleinkämpfer.

Von Heike Liensdorf 10.06.2019, 18:34

Schönebeck l Um es gleich vorweg zu nehmen: Es gibt noch vieles, was in der Altstadt noch zu retten wäre. Ein Ende ist nicht abzusehen, betont Manfred Pöschke. Er ist als letzter Mitstreiter der Bürgerinitiative (BI) „Rettet die Altstadt“ übrig geblieben. Der 77-Jährige saß bis zur jüngsten Wahl im Stadtrat, zehn Jahre lang für die BI. Das sei auch immer das Anliegen der Mitglieder gewesen: Im Stadtrat mitwirken, um Möglichkeiten zu finden, Gehör zu bekommen, Mitspracherecht zu haben, um etwas für dieses Schönebecker Stadtgebiet zu bewirken. Seit der Wende seien die Altstadt-Enthusiasten im städtischen Gremium gewesen, der Fraktionsvorsitz lag da bei Christian Jung.

Nun ist Manfred Pöschke Alleinkämpfer. Die Zahl der Mitstreiter ist immer geringer geworden. „An Altersschwäche verstorben“, versucht er das Verschwinden der BI zu beschreiben. Sein gedrungenes Lächeln zeigt, wie sehr es ihn innerlich bewegt. Jüngere, die sich für die Altstadt stark machen? Fehlanzeige. „Ich habe mit so vielen Leuten gesprochen“, winkt der gebürtige Frohsianer ab, der jetzt in Bad Salzelmen wohnt, dessen Herz aber für den Erhalt der Altstadt schlägt. Viele hätten gesagt, was die BI erreicht habe, genügt.

Das sieht der übrig gebliebene Altstadt-Verfechter anders. Deshalb wolle er sich auch weiterhin einbringen für den Bereich Breiteweg – Schollstraße – Salzer Straße – Elbe. Wenn nicht als Stadtrat, dann über Gleichgesinnte. Ja, es sei schon viel erreicht worden, aber es gäbe immer noch viel zu tun. So manches Projekt liege ihm noch am Herzen.

„Früher ist der Breiteweg eine Prachtstraße gewesen“, sagt Manfred Pöschke, zeigt historische Fotos und gerät ins Schwärmen. „Wenn die Straße so mal wieder aussehen würde ...“ Von der Stadt aus kommend, habe es einst vor St. Jakobi einen Marktplatz gegeben, heute ist dort ein Park. Leider ohne Bänke, um dort Verweilen zu können.

Die Gestaltung der Salineinsel macht ihn stolz. Sie sei ein „Goldstück“ der Altstadt. Nun müsse sich nur noch jemand der leer stehenden Kalthalle, eine originale Darre, annehmen. „Eine andere Dachkonstruktion muss her, die Säulen innen weg, damit Freiraum entsteht“, steht für Manfred Pöschke fest. Und er hat auch Ideen, wozu die Halle genutzt werden kann. „Zum Beispiel für Musikveranstaltungen, die hier auf dem Markt störend wirken können. Aber dort, weit ab vom Schuss ... Oder wenn Veranstaltungen auf dem Markt oder Salzblumenplatz wegen Regen nicht stattfinden können. Oder beziehungsweise und ein regionaler Frischemarkt. Egal was: Da muss Leben rein“, wirbt er für das Herrichten des Objektes.

„Wir müssen versuchen, Menschen in die Altstadt zu ziehen“, betont Manfred Pöschke. Dass dies auch Wunsch der Menschen ist, zeige die Resonanz auf neuen Wohnraum. „Alle Wohnungen in den Häusern, die hier am Markt gebaut worden sind, sind schon vor der Fertigstellung vergeben gewesen.“ Deshalb habe sich die Bürgerinitiative auch gegen den barrierefreien Anbau an das Rathaus, um die Verwaltung zu zentralisieren, ausgesprochen. Sie favorisiere dort ein Wohnhaus, gebaut von einem privaten Investor. „Wird es ein Zweckbau, sind ab 16, 17 Uhr die Türen zu – und dann herrscht auf dem Markt auch kein Leben mehr“, ist er überzeugt. Der Verwaltungs-Anbau würde aus seiner Sicht viel besser an das Bauamt-Gebäude am Breiteweg passen. Als Modulbau mit gestalteter Fassade.

Manfred Pöschke mag immer gar nicht hinschauen, und muss irgendwie doch. Das Geburtshaus des Malers Werner Tübke (1929-2004) Am Markt 13 fristet ein tristes Dasein. Kein Werben mit dem berühmten Schönebecker, nur eine kleine Gedenktafel. Es könne doch nicht so schwer sein, mit dem privaten Besitzer ins Geschäft zu kommen, zeigt sich der 77-Jährige über den Zustand verärgert. Wenigstens, dass die Stadt die Schaufenster gestalten dürfe. „Einmal sauber machen, dann Plakate oder große Bilder von Werner Tübke rein ...“ Aber nur mit einer kleinen Tafel an den großen Sohn der Stadt erinnern – das findet er alles andere als angemessen.

Der einstige Rübenverladeplatz (zwischen Wächterhäuser und Elbe) würde sich gut als Parkplatz für Wohnmobile eignen, so die Ansicht der BI. Wasseranschluss und Ladestation würden ausreichen, um Gästen ein Übernachten dort möglich zu machen. „So holen wir Leute rein. Es geht immer darum, dass die Stadt Menschen braucht, um zu leben“, so Pöschke. Das sei eine Chance, die die Stadt immer wieder vergebe.

Magdeburg macht es vor, Schönebeck könnte es auch: Industrielle Hinterlassenschaften nutzen. „Leben am Strom – das wollen die Menschen“, macht Manfred Pöschke Mut, sich nicht mit den Ruinen abzufinden, sondern das Potenzial in ihnen zu erkennen und bei Investoren dafür zu bewerben.

Stufe für Stufe der Elbe näher kommen, das geht schon an der Salzblume. Doch für die „Retter der Altstadt“ ist das nicht nah genug. „Wir wollten am ehemaligen Fähranleger – der verlängerten Grabenstraße – eine Elbtreppe. Mit Geländer an der Mauer und Stufen so tief hinein, dass man mit den Füßen im Wasser ist.“

Wenn Manfred Pöschke vom Gelände nahe Elbpark spricht, geht sein Herz auf. Er spricht vom „Sahnestückchen“, vom idealen Baufleck. Man könne die Elbe sehen, der Hochwasserschutz sei gegeben, man wohne mitten im Grünen. „Das ist eine riesige Brachfläche. Es gab dafür schon einmal einen Bebauungsplan, doch der ist nie realisiert worden“, erinnert sich der ehemalige Stadtrat. Das neue Schillergarten-Gebiet sei gut. „Aber mit den Einkaufsmärkten vor Ort werden die Leute abgefangen, sie müssen nicht mehr auf den Markt.“

In der Altstadt soll auch das geplante Kombibad seinen Platz finden. Auf dem zentralen Omnibusbahnhof. Manfred Pöschke ist damit nicht glücklich. Er sieht den Standort eher als Festplatz. Aus seiner Sicht sollte der Bad-Standort an der Barbarastraße erweitert werden. Auch, weil er Angst habe, dass die Stadtwerke – sollten sie das Kombibad bauen und betreiben – sich überfrachten und das finanziell nicht verkraften.

Wer Manfred Pöschke zuhört, merkt: Es gibt noch viele Ecken, Plätze, Objekte, an denen die Altstadt noch gerettet werden muss. Vieles davon sei, so sagt er selbst, „nichts Weltbewegendes, nur Kleinigkeiten“. Aber diese kleinen Dinge – und natürlich auch die größeren Taten – würden der Schönebecker Altstadt gut zu Gesicht stehen.