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Gesundheit E-Rezept nicht nur in Schönebeck statistisch ein Erfolg, aber beim Einzelfall sieht es anders aus

Seit Anfang des Jahres können Rezepte digital eingelöst werden. Doch einfacher wurde das Prozedere nicht und Begeisterung hat das E-Rezept auch nicht ausgelöst im Gegenteil.

Von Stefan Demps 05.03.2024, 10:54
Am häufigsten wird das E-Rezept von der Versichertenkarten gelesen.
Am häufigsten wird das E-Rezept von der Versichertenkarten gelesen. (Foto: Thomas Schäfer)

Schönebeck. - Seit 1. Januar gilt das E-Rezept in Deutschland. Mit dem Beginn des neuen Jahres waren Ärzte verpflichtet, ein digitales Rezept zu erstellen. „Meine Erfahrungen mit dem E-Rezept sind gemischt. Ein häufiges Problem ist, dass die Signatur der Rezepte durch den Arzt viel Zeit in Anspruch nimmt, was den Praxisablauf verlangsamt. Auch kommt es oft zu anderen technischen Störungen, die ebenfalls die Praxisabläufe verlangsamen“, gibt Robin John vom Hausärzteteam Schönebeck einen Einblick. Das Thema E-Rezept sei aufgrund der zusätzlichen Arbeitslast zu einem Reizthema in der Praxis geworden. Für die Patienten bedeutet es, dass die Abholung des Medikaments nicht mehr so selbstverständlich ist, wie sie es gewohnt waren.

Positives Fazit

Seit Anfang des Jahres 2024 gibt es Medikamenten beziehungsweise die Rezepte dafür lediglich in digitaler Form. Am Ablauf hat sich wenig verändert. Der Hausarzt stellt das Rezept aus, das dann entweder in einer Smartphone-App, auf der Gesundheitskarte oder einem ausgedruckten QR-Code vorliegt. In der Apotheke muss das Medikament dann abgeholt werden. Soweit die Theorie, die Praxis hat so seine Tücken. „Der Mehrwert in der Versorgung ist selten erkennbar, und in den meisten Fällen bietet das E-Rezept keinen signifikanten Vorteil gegenüber dem traditionellen Verfahren“, ist Robin John skeptisch.

Die Krankenkassen sind von dem Verfahren überzeugt. „Trotz der zu erwartenden technischen Kinderkrankheiten, gerade in den ersten Tagen, haben alle Beteiligten diese Herausforderung bislang gut gemeistert“, sagt der Landesgeschäftsführer der Barmer in Sachsen-Anhalt, Axel Wiedemann. Die Krankenkasse zieht ein positives erstes Fazit. Laut AOK Pressesprecherin Anna-Kristina Mahler sind in Deutschland bis Mitte Februar 54 Millionen E-Rezepte durch die Ärzte ausgestellt worden. Das seien fast zwei Millionen E-Rezepte, die täglich ausgestellt werden. Beide Krankenkassen sind sich im klaren darüber, dass das System (noch)nicht perfekt funktioniert.

„Auf unserer Seite haben wir in den vergangenen Wochen einen erhöhten Informations- und Beratungsbedarf festgestellt. Hier kam es zum Beispiel zu einem erhöhten Aufkommen an telefonischen Anfragen unserer Versicherten“, so Wiedemann. Das Problem ist mitunter die Technik, die nicht so funktioniert wie sie sollte. „Bei einem so großen Projekt wie diesem mit vielen Beteiligten greift nur selten sofort alles perfekt ineinander“, bittet Anna-Kristina Mahler um Verständnis. Patienten, so haben beide Krankenkassen mitgeteilt, nutzen im Schwerpunkt ihrer Gesundheitskarte für das E-Rezept. Fast 80 Prozent aller Patienten verwenden diese Möglichkeit. 19 Prozent bleiben dem Papierausdruck treu und lediglich ein Prozent nutzen die App.

Ein Abholungskampf

Für Robin John ist das keine Überraschung. „Dies spiegelt eine Tendenz wider, bei der trotz der fortschreitenden Digitalisierung im Gesundheitswesen traditionelle Elemente, nämlich die Chipkarte, aufgrund ihrer Vertrautheit bevorzugt werden“, so der Mediziner. Er hat festgestellt, dass bei 90 Prozent seiner mit einem E-Rezept ausgestatteten Patienten keine Probleme auftreten. „Zwar handelt es sich dabei um Einzelfälle, diese können jedoch dramatische Auswirkungen haben, wenn dadurch die medizinische Versorgung nicht gewährleistet ist“, warnt er. Es müsse aktiv nach Lösungen gesucht werden.

„Statistiken und große Zahlen stehen hier manches Mal im krassen Gegensatz zu einem schicksalhaften Einzelfall. Meiner Meinung nach ist in der Medizin der Einzelfall entscheidend“, fügt er hinzu. Auch Carsten Müller von der Jacobi-Apotheke sind die Probleme nicht fremd. „Wir kämpfen darum, um gute Lösungen für die Patienten zu finden“, verspricht er. So habe kein Patient ohne sein Medikament die Jakobi-Apotheke verlassen, was bislang jedes Mal von Erfolg gekrönt war. Allerdings bestätigt er den Eindruck von Robin John, dass der Arbeitsaufwand erschwert ist.

„Das E-Rezept ist an sich eine gute Idee“, so der Apotheker. Allerdings zeige sich, dass in der Theorie alles vernünftig durchdacht ist, aber in der Praxis treten dann die Probleme auf. Vieles wäre seiner Meinung nach einfacher, wenn Ärzte oder Apotheker in den Gremien beteiligt worden wären. „Es ist noch viel Klärungs- und Erklärungsbedarf notwendig“, schildert Carsten Müller seinen Eindruck.