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Neujahrsempfang Eine Schönebeckerin in Berlin

Zum Neujahrsempfang des Bundespräsidenten war mit Ingrid Frank auch eine Schönebeckerin eingeladen.

Von Ulrich Meinhard 20.01.2016, 00:01

Schönebeck/Berlin l „Sehr geehrte Frau Frank, Herr Bundespräsident würde sich sehr freuen, Sie am Freitag, dem 8. Januar bei traditionellen Neujahrsempfang im Schloss Bellevue begrüßen zu dürfen.“

Als die Schönebeckerin Ingrid Frank Mitte Dezember aus ihrem Briefkasten ein Schreiben mit diesen Zeilen fischte, glaubte sie ihren Augen nicht zu trauen. Ein Scherz vielleicht? Mitnichten. Die 73-Jährige war vom Bundespräsidialamt tatsächlich zum Neujahrsempfang des Bundespräsidenten eingeladen. Ein Empfang, den das Staatsoberhaupt alljährlich für Menschen gibt, die ehrenamtlich tätig sind und sich so besondere Verdienste für die Gesellschaft erworben haben. Dennoch fragte sich Ingrid Frank in einer ersten Reaktion: „Was wollen die denn von mir?“

Viele Schönebecker wissen beim Nennen des Namens Ingrid Frank um ihre Verdienste: Die agile und zumindest vom Körpermaß her kleine Frau leitete und leitet diverse Sportgruppen. Damit begann sie bereits im Alter von 22 Jahren. Damals rief sie die erste Frauengymnastikgruppe der BSG Motor (BSG steht für Betriebssportgemeinschaft) ins Leben, ein Sportverein unter dem Dach der einstigen Betriebe Traktorenwerk und Dieselmotorenwerk - der heutige SSV 1861. „Ja - und dafür bin ich eingeladen worden“, sagt die Mutter von zwei erwachsenen Söhnen, und es klingt, als wenn sie es selbst kaum verstehen kann. Für die Mitarbeiter im Bundespräsidialamt war die Leistung von Ingrid Frank ganz offensichtlich eine, die gewürdigt werden sollte. Immerhin: Bis zu 13 Sportgruppen führte Ingrid Frank als Übungsleiterin. Heute gibt sie noch in der Prakinsongruppe (unter dem Dach der SV Pädagogik) und in der Wohnsportgemeinschaft (WSG) Einheit übungstechnisch den Ton an.

Die Volksstimme will von der Schönebeckerin wissen, wie genau der Empfang in Berlin abgelaufen ist. „Als Erstes habe ich vorm Kleiderschrank gestanden und überlegt, was ich denn anziehe“, beginnt Ingrid Frank bei einer nicht zu vernachlässigenden Frage. „Wir konnten eine Begleitperson mitbringen. So hat mich also meine Schwiegertochter gefahren“, erzählt sie und schwärmt dann vom Schloss Bellevue, dem Amtssitz des Bundespräsidenten. Und auch von der großen Freundlichkeit, mit der sie dort empfangen worden ist. „Ich war natürlich sehr aufgeregt“, blickt die 2014 als „Salzlandfrau“ ausgezeichnete Übungsleiterin auf die beiden Tage in Berlin zurück. Am Abend vor dem Empfang, also am 7. Januar, gab es quasi einen Probelauf. Alle knapp 70 geladenen Ehrenamtler aus der gesamten Bundesrepublik bekamen von den Mitarbeitern des Protokolls genaue Instruktionen, wo sie am nächsten Tag am besten stehen sollten und an welchem Tisch zu sitzen würden. Am Tisch 1 sitzt beim Festessen der Bundespräsident, an Tisch 2 seine Lebenspartnerin Daniela Schadt. „An Tisch 3 bin ich platziert worden, hier saß ich gemeinsam mit Staatssekretär David Gill, dem Chef des Bundespräsidialamtes. Ein Schönebecker“, wie Ingrid Frank hervorhebt.

Stimmt: Der einstige Oberkirchenrat und Sozialdemokrat erblickte am 2. März 1966 in der Elbestadt das Licht der Welt. Der studierte Jurist ist im März 2012 von Joachim Gauck zum Staatssekretär und Leiter des Bundespräsidialamtes ernannt worden.

Aber zurück zu Ingrid Frank. Nach der Generalprobe begann der 8. März für sie und die anderen geladenen Ehrenamtler mit einer Busfahrt vom Hotel in Berlin Tiergarten zum nahegelegenen Schloss Bellevue. Auf dem weitläufigen Schloss-Gelände konnte jeder, der das wollte, in eine Limousine steigen und bis zum Eingang fahren, wo ein roter Teppich auslag. Dann lief alles so ab, wie am Abend zuvor geübt. Anstehen nach Alphabet. „Da waren wir aber nicht mehr ganz so aufgeregt, weil wir wussten, wie alles abläuft“, sagt Ingrid Frank. Die knapp 70 Ehrenamtler sind Joachim Gauck und Daniela Schadt nacheinander kurz vorgestellt worden. „Er hat mich gefragt, ob ich noch aktiv bin als Übungsleiterin. Herr Gauck machte auf mich einen sehr angenehmen Eindruck, er war ganz locker. Auch seine Lebensgefährtin. Ich hatte den beiden einen Bildband von Schönebeck mitgebracht und überreichte ihn als Geschenk“, erzählt Ingrid Frank von diesem Treffen. Dann entstand das hier abgedruckte Foto.

Nach den Ehrenamtlern empfing Gauck hochrangige Politiker, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an der Spitze. Auch Landespolitiker waren darunter, etwa der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU). Aber offenbar niemand aus Sachsen-Anhalt. „Ich habe jedenfalls keinen gesehen“, bedauert Ingrid Frank. Sie vertrat das Bundesland gemeinsam mit zwei weiteren Ehrenamtlern aus Weißenfels und aus Halberstadt.

Interessant waren für sie die Gespräche am Tisch 3, mit Staatssekretär David Gill und anderen geladenen Gästen, die sich etwa beim THW, beim DRK und im Hospizbereich engagieren. „Wir haben uns auch das gesamte Schloss ansehen können, selbst das Arbeitszimmer des Bundespräsidenten und auch das auf dem Gelände gelegene Bundespräsidialamt mit seiner ganz und gar weißen Innenarchitektur“, schwärmt Ingrid Frank ein bisschen.

Was gab es denn zu essen? Sie zeigt auf die Menükarte: Schwarzwurzelrahm, Filet vom Kalb, Milchschnitte mit Dörrfrüchten, ist da festgehalten. Ein richtig schöner Tag also? „Ich habe ihn genossen“, beteuert die Schönebeckerin.