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Feuerwehr  Mit dem Fahrrad zum Einsatzort?

Der Feuerwehr Gnadau fehlt ein Mannschaftstransporter. Das kritisierte Wehrleiter Stefan Rößler auf der Jahreshauptversammlung.

Von Thomas Linßner 18.03.2018, 20:00

Gnadau l „Die Kampagne des Landes zur Mitgliederwerbung in den Feuerwehren können meine Mitstreiter und ich nur als absolut lächerlich und unprofessionell bewerten“, wetterte Ortswehrleiter Stefan Rößler. „Ich kann mir nur sehr schwer vorstellen, mit Ansteckern und Bierdeckeln mit dem Aufdruck ‚Ich habe Brand‘ jemanden für eine aktive Mitarbeit in der Feuerwehr begeistern zu können.“ Weil die Zahl der Einsatzkräfte bei der Feuerwehr im Land nach Angaben des Innenministeriums seit 2005 um 15 Prozent zurückgegangen sei, wurde eine Imagekampagne zur Mitgliedergewinnung gestartet. Die aber von vielen Kameraden als „unglücklich“ empfunden wird. Rößler weiter: „Gerade da, wo die Säge klemmt, zum Beispiel der Förderung von Lkw-Führerscheinen, geht man spärlich mit den Finanzen um und unterstützt jede Stadt oder Gemeinde mit gerade mal 1000 Euro Zuschuss.“

Ein weiterer Punkt, der den Gnadauern unter den Nägeln brennt, ist der fehlende Mannschaftstransportwagen (MTW). Die praktischen Ausbildungen von Jugendfeuerwehr und aktiven Kameraden müssten auf die Ortslage Gnadau beschränkt werden, da gegenwärtig nur ein Einsatzfahrzeug zur Verfügung stehe. „Ich kann es von keinem meiner Kameraden verlangen, stets und ständig mit Privatfahrzeugen zu fahren. Dass dies nicht unbedingt zur Motivation beiträgt, erklärt sich sicherlich von selbst“, sagte Stefan Rößler. Soll heißen: Wer bei einem Einsatz keinen der sieben Plätze im Löschfahrzeug ergattert, muss zusehen, wie er zum Brand- oder Unfallort kommt. Bei vielen Einsätzen im vergangenen Jahr sei es unumgänglich gewesen, im Alarmfall alle „Kräfte“ an die Einsatzstellen zu bringen. „Daher muss ich der Anschaffung eines dringend benötigten Mannschaftstransportfahrzeuges Nachdruck verleihen“, unterstrich Rößler. Noch zornigere Worte fand Hans-Jürgen Mühlenbein, Vorsitzender des Feuerwehrfördervereins: „Wir werden mal vor dem Dienstgebäude von Innenminister Stahlknecht eine Demo machen. Und zwar mit Fahrrädern, damit der mal sieht, wie man in Gnadau zum Einsatzort fahren muss.“

Der anwesende Bauamtsleiter Holger Goldschmidt machte mit Blick auf den MTW Hoffnung: Es sehe „positiv aus“, man müsse allerdings die Verabschiedung des Stadthaushaltes im April abwarten.

Ein weiteres (Dauer-) Problem sei das Gerätehaus. Beim Neubau der Fahrzeughalle im Jahr 2004 wurden innerhalb des Gerätehauses nur die nötigsten Umbaumaßnahmen vollzogen, „da man seinerzeit anderen Gebäuden im Ort mehr Wichtigkeit schenkte“, machte Stefan Rößler einen Seitenhieb auf den damaligen Ortsbürgermeister. Ein Problem, das alle Jahre wieder in Gnadau thematisiert wird. „Man kämpft nicht selten gegen Windmühlen und wir als Feuerwehr fühlen uns mit vielen Problemen allein gelassen. Wenn Hilfe oder Unterstützung gebraucht wird, da erinnern sich viele daran, dass es ja doch noch eine Feuerwehr gibt“, sagte Stefan Rößler bitter. Daher erwarte man die Unterstützung des Ortschafts- und Stadtrates, sowie der Bevölkerung. Denn nach dem Brandschutzgesetz sei die Ausrüstung und Unterhaltung einer Feuerwehr eine Pflichtaufgabe einer Gemeinde.

Stadtwehrleiter Detlef August konnte sich nach diesen Worten einen Hinweis nicht verkneifen: „Als Gnadau noch eigenständig war, hat man die Chance verspielt, ein ordentliches Gerätehaus zu bauen.“

In seinem Rückblick zählte der Ortswehrleiter alle 19 Einsätze des vergangenen Jahres auf. Wobei der letzte wohl auch der kurioseste Einsatz gewesen ist. Aufgrund eines technischen Defektes im Handauslöser der Sirene habe diese in den Vormittagsstunden des 23. Dezember insgesamt 19 Mal ausgelöst. In Abstimmung mit der Leitstelle sollten die inzwischen 13 am Gerätehaus wartenden Einsatzkräfte vorerst dort bleiben, bis dieser ominöse Alarm geklärt war. „Durch eine Elektrofachfirma wurde der Handauslöser außer Betrieb genommen. Eine Reparatur hierzu steht noch aus“, sagte Rößler. „Gerade bei diesem Einsatz stellten wir wieder fest, dass die Zusammenarbeit mit dem Bereitschaftsdienst des Ordnungsamtes Barby im Einsatzfall als verbesserungswürdig anzusehen ist.“ Auch Kamerad Erik Ferchland konnte zu diesem Thema etwas beitragen. Nach einem Verkehrsunfall habe man eine Spezialfirma zum Entsorgen von ausgelaufenem Öl verständigen wollen, was der Einheitsgemeinde obliegt. Die Einsatzleitstelle in Bernburg habe jedoch niemand über das Handy des Bereitschaftsdienstes der Stadt Barby erreicht.

Amtsleiter Holger Goldschmidt nahm diese Kritik mit. „Da muss wirklich was geschehen. Das Bereitschaftshandy ist ein ziemlich altes Modell“, räumte er ein.