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Feuerwehr Die Belastung der Ehrenamtlichen

Kameraden der freiwilligen Feuerwehr sind häufig während der Arbeitszeit unterwegs - wie kommt das an?

Von Andre Schneider 28.12.2020, 23:01

Schönebeck l Egal ob Türöffnungen, Tierrettungen oder Ölspuren – die freiwillige Feuerwehr rückt aus. Daher sind die Freiwilligen um Stadtwehrleiter Daniel Schürmann immer auf der Suche nach neuen Mitgliedern. Aber was, wenn die Einsätze während der Arbeitszeit reinkommen? Ein Problem im Beruf?

Nein, sagt Daniel Schürmann. „Die Kameraden, die bei der Arbeit los dürfen, bekommen zum Glück nur wenig Ärger“, weiß der Stadtwehrleiter. Das gelte auch für Einsätze, die eigentlich nicht in den Aufgabenbereich der Feuerwehr fallen. „Wir machen schon eine ganze Menge“, so Schürmann. „Brandeinsätze und Hilfeleistungen gehören ja zu den Standard-Aufgaben. Aber Dinge wie Amtshilfe beim Ausleuchten oder Türöffnungen gehören eigentlich nicht dazu.“ Gerade Türöffnungen kämen sehr häufig vor. Eben auch während der Arbeitszeit.

„Die Kameraden wägen anhand der Alarmierungen selber ab, ob sie dann kommen“, so Schürmann. Wenn ein Arbeitgeber seine Mitarbeiter nicht freistellt, erntet er damit wenig Verständnis bei Schürmann. „Schließlich kann es ja jeden einmal treffen.“

Dieser Fall wird bei der Schirm GmbH nicht eintreten. Das sagt zumindest Christian Liepack. „Wer sich bei der freiwilligen Feuerwehr engagiert wird ohne Wenn und Aber von der Arbeitszeit freigestellt“, so der Pressesprecher des Unternehmens.

„Die Arbeiten, Schichten und Ruhepausen der aktivierten Kameraden werden ohne Sicherheits- und Qualitätsverlust von anderen Mitarbeitern übernommen“, ergänzt Liepack. „So können sich die ehrenamtlichen Kameraden sofort nach Alarmierung mit voller Kraft in den Dienst der freiwilligen Feuerwehr stellen und voll auf den Einsatz konzentrieren.“

Das bestätigt der Schirm-Mitarbeiter Bernd Krüger. Seit 40 Jahren engagiert er sich in der Wehr der Schönebecker Innenstadt. „Die Kollegen sehen mein Engagement sehr positiv und akzeptieren ohne zu Murren, wenn ich einmal los muss“, sagt der 61-Jährige. Und ergänzt: „Wir sprechen in unserer Abteilung schon sehr offen miteinander.“ Dabei sei es egal, ob es um tatsächliche Brandeinsätze oder weniger gefährliche wie Türöffnungen geht. „Was für uns auf den ersten Blick als klein erscheint, ist ja für den Betroffenen oder denjenigen, der alarmiert, eine große Sache“, so der erfahrene Feuerwehrmann.

Wie hoch die Belastung der Ehrenamtlichen tatsächlich ist, verdeutlichen die Zahlen der Stadtverwaltung, die Ordnungsamtschefin Janine Zug zur Verfügung stellte. Mit Stand vom 17. Dezember mussten die Wehren teils mehrfach in der Woche ran. Schönebeck 194, Bad Salz-elmen 111, Felgeleben 47, Elbenau 22, Ranies 7, Pretzien/Plötzky 26 Mal seit Januar 2020. Um welche Art von Einsätzen es sich dabei handelt, könne man allerdings nicht unterscheiden. Also kommt es auch vor, dass Freiwillige Aufgaben übernehmen, die beispielsweise vom Bauhof oder anderen Hauptamtlichen erledigt werden könnten. „Dies ist abhängig von Tageszeit, Einsatzort und Einsatzszenario. Die Entscheidung über die Alarmierung trifft der Disponent der Leitstelle nach Schilderung des Alarmierenden“, erklärt Janine Zug. Eine Ölspur beispielsweise bedeute immer eine Gefahr, „die schnellstmöglich zu beseitigen ist“. Sofern es die Lage zulässt, werden Ölspuren durch den Bauhof beseitigt.

Auch Türöffnungen – die theoretisch auch von Schlüsseldiensten übernommen werden könnten – fallen unter dieses Aufgabengebiet. Neben der Amtshilfe werden die Freiwilligen dort mit einer rechtlich schwierigen Situation konfrontiert. Denn der private Wohnraum ist ein besonders geschütztes Gut. „Unaufgefordert dürfen Einsatzkräfte der Feuerwehr diesen nur betreten, wenn eine besondere Gefahr für Leben und Gesundheit von Personen oder Tieren beziehungsweise eine besonders hohe Gefahr für Sachwerte besteht“, erläutert Zug.

Solche Einsätze sind oft vermeidbar. Sie erzeugen neben hohen Schäden für die Eigentümer auch höhere Einsatzzahlen für die Feuerwehr. Denn erklären sich die Dinge von selbst: Personen, die lange nicht gesehen wurden, sind etwa verreist, außer Haus unterwegs oder im Krankenhaus. Janine Zug: „Eine Vielzahl von Tür-Notöffnungen können vermieden werden, wenn nach Möglichkeiten und Vertrauen Informationen über geplante Krankenhausaufenthalte oder spontane Reisen an Pflegedienste, Angehörige oder Nachbarn gegeben werden. Jeder sollte im Einzelnen prüfen, welche Informationskette ihm zur Verfügung steht.“