1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Schönebeck
  6. >
  7. Statt Bad ein Bus zum See?

Freibad Statt Bad ein Bus zum See?

Das Schönebecker Freibad wird 2018 mit großer Wahrscheinlichkeit nicht öffnen. Welche Vorschläge für Alternativen gibt es?

Von Olaf Koch 30.01.2018, 02:00

Plötzky l Was in Spanien Katalonien ist, ist in Schönebeck das kleine Plötzky. Schon seit einiger Zeit ist im Dorf eine „separatistische Atmosphäre“ spürbar. Die Menschen dort hadern mit der Eingemeindung nach Schönebeck, fühlen sich vernachlässigt und wollen einen Partner, der sie ernst nimmt. „Vor diesem Hintergrund finde ich die Diskussion, die es seit einigen Tagen gibt, sehr interessant“, freute sich gestern der Ortsbürgermeister von Plötzky, Martin Kütz.

Als im jüngsten Finanzausschuss die Idee geboren wurde, mit der „Nichtöffnung“ des Schönebecker Freibades womöglich die ostelbischen Seen mehr in das städtische Angebot einzubinden, referierte Dezernent Joachim Schulke darüber mit gefühlt tausend Gründen, warum das nicht ginge. Das nahmen die Stadträte Mark Kowolik (parteilos), Heinz-Günter Burghart und Andreas Schumann (beide CDU) zunächst wortlos hin.

Aber irgendwie ticken diese drei Stadträte auf einer Wellenlänge und wollten sich mit Schulkes Aussagen nicht zufrieden geben. „Eine Stadt wie Schönebeck ohne Freibad ist schon schlimm. Aber den Bürgern keine Alternative anzubieten, das geht ja nun gar nicht“, begründete Mark Kowolik sein Ansinnen. Er war es gemeinsam mit Burghart und Schumann, die am vergangenen Freitag zu einem fraktionsübergreifenden Treffen nach Plötzky einluden: in den dortigen Ferienpark zu Inhaber Wolfgang Schulle.

Ein Mitglied der Fraktion FDP/Rettet die Altstadt musste kurzfristig absagen.

Was Wolfgang Schulle den Stadträten zeigte, überzeugte. Der Ferienpark „Kleiner Waldsee“ hat sich in den vergangenen Jahren zu einem vorzeigbaren touristischen Ziel als kleiner mittelständischer Betrieb entwickelt. Sowohl Tagestouristen als auch Dauercamper aus ganz Europa verbringen in Plötzky die „schönste Zeit des Jahres“.

„Was wir dort gesehen haben, war überzeugend. Die Infrastruktur stimmt“, berichtete gestern Heinz-Günter Burghart. Schulle öffnete nicht nur mit einem Lächeln seine einladenden Arme, sondern bot der Stadt Schönebeck sein Entgegenkommen an: „Ja, es ist möglich, dass Badegäste aus der Stadt nach Plötzky kommen und bei uns baden können, als Ersatz für das Freibad“, so Schulle. Und zwar: kostenlos. Er will weiterhin kein Eintrittsgeld erheben.

Der Unternehmer kann dies tun, weil er sein Geld mit dem Nebengeschäft vor Ort verdient: mit Essen und Trinken, Campern, mit Freizeit- und Sportangeboten, die auf dem Gelände des Ferienparkes offeriert werden. Wichtig ist auch zu wissen, dass das Baden im See auf eigene Gefahr stattfindet (wie auch jetzt schon) und dass es keine Aufsicht gibt.

Auf dem Weg dorthin liegen nun mindestens drei Hürden:

1. Die Stadt muss die Alternative wollen.

2. Die Entfernung vom Markt bis zum Waldsee sind je nach Strecke neun beziehungsweise zehn Kilometer.

3. Eine Busanbindung zum Waldsee gibt es nicht.

„Darüber müssen wir nun nachdenken“, so Mark Kowolik. Er und auch andere Stadträte fragen sich, warum der Stadtverwaltung nicht der Auftrag erteilt werden sollte, sich in dieser Frage mit der Kreisverkehrsgesellschaft in Bernburg in Verbindung zu setzen?

Schon jetzt fahren morgens mehrere Busse von Schönebeck nach Ostelbien und sammeln die Schulkinder ein und bringen sie nachmittags wieder zurück. Diese Busse fahren aber nicht in den Ferien. „Zudem sollte aus den Köpfen die ‚Saison des Freibades‘ verschwinden. Wenn wir daran nicht mehr gebunden sind, dann ist Badesaison vom 15. Mai bis 15. September. In diesem Zeitrahmen kann es eine Busanbindung zum Ferienpark geben“, schlägt Kowolik vor.

Die Kreisverkehrsgesellschaft ist eine kreisliche Einrichtung. In der Firmenphilosophie beschreibt sich das Unternehmen im ersten Satz folgendermaßen: „Wir betreiben den Busverkehr für den Fahrgast.“ Beim Wort genommen, dürften die Verhandlungen nicht schwierig werden.

Nach ersten Vorstellungen soll es in diesem Jahr einen Test geben. „Wir wollen sehen, ob die Schönebecker dieses Angebot annehmen“, so Kowolik – egal ob als kleines Angebot in den Ferien oder während der Badezeit.

So ganz unsympathisch ist die gesamte Idee in den Fraktionen nicht. Dass es schade ist, dass überhaupt nach einem Ausweichplatz gesucht werden muss, verdeutlicht Sabine Dirlich (Die Linke). „Ostelbien ist ein charmanter Vorschlag. Aber der Kampf um eine Buslinie wird heftig werden:“ Auch Torsten Pillat (CDU) findet, dass die Idee überdacht werden sollte. „Ein Versuch, ist es wert.“ Thoralf Winkler (Grüne) sieht ebenfalls Vorteile. „Angesichts der ‚Nichtöffnung‘ des Freibades sollten wir es ausprobieren.“ So scheint auch die Strategie bei der SPD zu sein, wie Werner Grundmann gestern betonte. „Am Dienstag ist Fraktionssitzung. Dann werden wir das besprechen.“ So will es auch die Fraktion FDP/Rettet die Altstadt handhaben. Dort treffen sich die Räte morgen zur Fraktionssitzung.

Für Ortsbürgermeister Kütz ist die Alternative in Plötzky jedenfalls besser, als ein geschlossenes Freibad. Er sieht noch einen weiteren Vorteil: „Für die Zentralschönebecker wäre es ein Impuls, Ostelbien besser anzunehmen.“ Allein schon, um es den „Separatisten“ im Dorf zu zeigen.