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Freizeitangebot Der erste Jugendclub ist dicht

Der Schönebecker Jugendclub "Rainbow" ist dicht. Aufgeben will Betreiberin Arbeiterwohlfahrt nicht. Kritik an der Politik kommt von Ärzten.

Von Bianca Oldekamp 03.07.2019, 04:00

Schönebeck/Magdeburg l Bedrückt war die Stimmung am Freitagnachmittag im Schönebecker Jugendclub Rainbow. Kein Wunder: Schließlich standen die Türen der Awo-Einrichtung an der Otto-Kohle-Straße an diesem Tag zum vorerst letzten Mal für die Jugendlichen offen. „Der Jugendclub ist wie ein zweites zu Hause“, sind sich die Jugendlichen einig. Auf einen anderen Jugendtreff auszuweichen kommt für sie nicht in Frage. „Sie sind einfach mit der Einrichtung verbunden“, sagt Rainbow-Mitarbeiterin Katrin Weingarten.

Grund für die Schließung sind fehlende Fördergelder. Das europäische Förderprogramm „Jugend stärken im Quartier“ lief planmäßig zu Ende 2018 aus. Und obwohl der Salzlandkreis für den neuen Förderzeitraum ab Januar 2019 rechtzeitig einen Antrag auf Fortführung gestellt hat, sind diese Mittel noch nicht verfügbar. „Da sich im neuen Förderzeitraum die Schwerpunkte des Programm scheinbar geändert haben, wissen wir auch nicht, ob wir davon partizipieren können“, erklärt Ines Grimm-Hübner, Geschäftsführerin der Arbeiterwohlfahrt (Awo) im Salzlandkreis. Die Awo betreibt nicht nur den Jugendtreff „Rainbow“, sondern auch den „Teen Club“ in Barby – den einzigen Jugendtreff in der Stadt. Deshalb habe man sich schweren Herzens entschieden, den Schönebecker Treff zu schließen.

„Der ‚Offenen Jugendarbeit“‚ fehlt die Lobby“, findet Ines Grimm-Hübner und ergänzt: „Wenn man ein unterfinanziertes Thema bearbeitet, benötigt man Unterstützer. Dies ist uns bisher noch nicht ausreichend gelungen.“

Was die Unterstützung angeht, scheint sich aktuell aber etwas zu tun. So wurde das Thema – mit Verweis auf die Situation in Schönebeck – erst kürzlich im Landtag besprochen. Die Links-Fraktion hat einen Antrag gestellt, dem allerdings ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegenübersteht. Die Linke fordert von der Landesregierung, eine Verbesserung der Situation der Fachkräfte in der Jugendarbeit. Neben höherem Lohn und besseren Arbeitsbedingungen solle geprüft werden, ob unbefristete Verträge möglich seien.

CDU, SPD und Grüne allerdings wollen den Handlungsbedarf zur Sicherung des Fachkräftebedarfs erst ausloten. Außerdem fordern die Fraktionen, eine Definition von Handlungsempfehlungen zur Qualitätssicherung in der Jugendarbeit.

Auch die Ärzteschaft des Bereichs Schönebeck, hat sich jetzt zum Thema Jugendarbeit geäußert. „Die Jugendarbeit ist ein Grundpfeiler auch im Rahmen der Gesundheitsfürsorge, um Fehlverhalten und -entwicklungen frühzeitig zu erkennen“, schreibt Stefan Böhm, Kreiststellensprecher Schönebeck der Kassenätzlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt.

Die niedergelassene Ärzteschaft des Bereichs Schönebeck fordert den Landkreis auf, die Finanzierung der Jugendarbeit im Salzlandkreis in einem angemessenen Rahmen und auch langfristig sicherzustellen. Die Ärzte selbst werden sich in diesem Jahr an der Finanzierung verschiedener Projekte der Jugendarbeit beteiligen, um die entstandene Unterfinanzierung abzumildern.

Weiter heißt es in der Mitteilung: „In der Öffentlichkeit beklagen Politiker die Vernachlässigung der Kinder und Jugendlichen, was zu psychischen und auch physischen Krankheiten führen kann, deren Behandlung oft mit sehr hohen Kosten verbunden ist. Wenn es aber um die reale Finanzierung solcher Präventionsmaßnahmen geht, verweisen die gleichen Politiker auf Haushaltsprobleme.“

Die Anträge, die im Landtag gestellt wurden, wurden zunächst in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration (federführend) sowie in den Ausschuss für Finanzen (mitberatend) überwiesen.

Dennoch: Der Jugendclub „Rainbow“ bleibt vorerst geschlossen. Anderweitig nutzen oder verändern will die Awo die Räumlichkeiten des „Rainbow“ aber nicht – in der Hoffnung den Treff wieder öffnen zu können.

„Es ist weiterhin unser erklärtes Ziel, das Kinder- und Jugendfreizeitzentrum am 1. Januar 2020 wieder zu eröffnen. Bisher haben wir noch keine verbindlichen Zusagen für andere Förderungen, wir sind aber dran“, sagt Awo-Kreischefin Ines Grimm-Hübner.