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Sophie Kannegießer lebt ihren Traum / Pop- und Filmmusik haben es der 15-Jährigen angetan Glasklare Stimme öffnet Tür zum Musikgymnasium

Von Tilman Treue 16.08.2013, 01:09

Musik ist etwas Besonderes. Sie fasziniert quer durch die Generationen und ist immer wieder Impulsgeberin für Lebensträume. Die 15-jährige Sophie Kannegießer aus Calbe hat die Gelegenheit genutzt und lebt ihren Traum seit einigen Monaten am Landesgymnasium für Musik in Wernigerode.

Calbe l Entspannt sitzt Sophie Kannegießer auf dem Sofa in ihrem Zimmer im Haus ihrer Eltern in Calbe. Seit März dieses Jahres ist es für die 15-Jährige nur mehr ein Wochenenddomizil, denn die meiste Zeit verbringt sie im Internat in Wernigerode. Das Landesgymnasium für Musik, eine der renommiertesten Spezialschulen auf diesem Gebiet in Ostdeutschland, hatte sich entschieden die Neuntklässlerin aufzunehmen. Nicht selbstverständlich, denn die meisten wechseln bereits nach der Grundschule. Darin liegt auch der ziemlich abrupte Wechsel mitten im Schuljahr begründet. "Das hat der Schulleiter empfohlen, damit ich den Rückstand gegenüber den anderen aufholen kann."

Gemeint sind dabei nicht etwa Deutsch, Mathe oder Geografie, sondern Fächer wie Musiktheorie und Gehörbildung - Spezialangebote, die zur musikalischen Ausbildung dazu gehören. "Wir sind zu dritt, die jetzt erst gewechselt sind und gemeinsam wurden wir extra betreut." Ein ganzer Packen Arbeit und Sophie gesteht lächelnd: "Manchmal war das nicht so einfach." Die Motivation sich durchzubeißen formuliert sie kurz und knapp: "Der Vorteil ist, wir machen es alle gerne."

Die Musik, das wird im Gespräch schnell klar, gehört für die Calbenserin in allen Lebenslagen dazu. Die Wurzeln dafür liegen weit zurück. "Ich war schon im Kindergarten im Chor. Irgendwann hab ich dann mehr Bewusstsein hineingelegt und auch viel zu Hause gesungen."

"Musik ist für mich mein Hobby, aber auch mein Rückzugsort."

Ihre Inspiration findet sie in der aktuellen Popmusik. Sie schaut auf. An der Wand hängt ein Poster von Justin Bieber. Dezent gerahmt, nicht sehr groß und doch immer im Blick. "Ich bin kein Überfan", sagt sie und tatsächlich kann man sich die zarte Gymnasiastin schlecht als hysterische Konzertbesucherin vorstellen. Sie liebt die sanfteren Lieder, Balladen liegen ihr und wer je ihre Solo-Beiträge bei den Konzerten des Friedrich-Schiller-Gymnasiums erlebt, die Gänsehaut gespürt hat, der weiß von der Kraft ihrer Stimme.

Die Stimme scheint letztlich auch in Wernigerode überzeugt zu haben. "Ich hatte ja keine Ahnung von der Musiktheorie", erinnert sie sich an ihren Aufnahmetest, "da hätte ich nicht gedacht, dass sie mich überhaupt nehmen." Deswegen hat sie auch ihren Klassenkameraden lange nichts davon erzählt. Als sie es dann doch tat, hatte sie nur noch vier Tage am Schillergymnasium. "Die meisten haben mir das gar nicht geglaubt, dass ich in der nächsten Woche nicht mehr wiederkomme." Doch Sophie hat es durchgezogen, ist nach Wernigerode ins Internat gegangen. Ein großer Schritt für eine Jugendliche, die im Leben noch nie umgezogen ist, deren Umfeld von klein auf gewachsen ist. Wenn sie auf die Frage nach der Entspannung vom stressigen Schultag antwortet, dass sie ab und an mit Freunden einen Film guckt, heißt das wohl, dass sie auch in ihrem neuen Zuhause den Anschluss gefunden hat.

"Ich habe mich einfach ans Klavier gesetzt und probiert."

Spezialschulen sind immer stressig, das geht Sportlern, Sprachtalenten und eben auch den Musikern so. Zu den regulären Unterrichtsfächern kommen weitere dazu, es gibt extra Stunden zur Stimmbildung, und Klavierunterricht ist Pflicht. Für Sophie kein Neuland, denn seit ihrem zwölften Lebensjahr ist sie mit dem Instrument vertraut. Vor anderthalb Jahren kam dann noch die Gitarre hinzu.

Beide Instrumente stehen friedlich nebeneinander zwischen Schreibtisch und Kleiderschrank. Immer griffbereit, wenn der Calbenserin einmal nach Musik ist. Ihre ersten Erfahrungen im Komponieren hat sie übrigens auch schon gesammelt, in einem Projekt zur Filmmusik. "Ich hab mich einfach ans Klavier gesetzt und probiert", gesteht sie. Das Ergebnis hat dann ein Kumpel am Laptop zu einer Orchestervariante ausgebaut. Immerhin 29 Sekunden. Das klingt nicht viel, aber vielleicht ist genau das der erste Schritt in den späteren Beruf gewesen. "Filmmusik zu schreiben, das wäre schon toll", malt sie sich aus. Natürlich wäre Sängerin auch nicht schlecht, aber die Chancen dafür schätzt sie realistisch als gering ein, trotz der ausgezeichneten musikalischen Bildung, die sie in Wernigerode bekommt.

Dreimal in der Woche stehen für Sophie weitere Proben an. Sie singt im Mädchenchor, der Vorstufe zum berühmten Rundfunkjugendchor, in den die Mädchen der Oberstufe kommen. Auftritte in der näheren und weiteren Region gehören schon bald dazu und sorgen dafür, dass die schon jetzt knappe Freizeit noch spärlicher wird. "Ich bin froh, einfach am Wochenende zu Hause zu sein", sagt sie.

"Ich bin froh, am Wochenende einfach zu Hause zu sein."

Nicht, dass es ihr am Landesgymnasium nicht gefalle und sie jede Menge Spaß an der Musik hätte, aber sich einfach einmal zu erholen, nichts zu tun, das muss auch sein. Selbstredend, dass auch zur Entspannung Musik gehört. Pop- und Filmmusik, dabei kommt sie am besten runter. Sie liebt Harry Gregson-Williams, den Komponisten unter anderem der Filmmusiken der Narnia-Filme, und Hans Zimmer. Noch einmal geht ihr Blick zu Justin an der Wand. Seine Karriere - ein Vorbild für die Jugendliche. "Er hat sich durch harte Arbeit hoch gearbeitet und ist bis dahin gekommen." Wo sie einmal hinkommt, wer weiß das heute schon. Mit Musik wird es bestimmt etwas zu tun haben.

Für das abschließende Foto greift Sophie zur Gitarre, schlägt ein paar Saiten an und ist schon wieder ganz drin in der Musik. Draußen fängt es an zu regnen und eigentlich möchte man nur sitzen bleiben und noch ein bisschen zuhören.