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Kirche Groß Rosenburg: Wenn der Pastor Hilfe ruft

Mit Fertigstellung der Nordseite der Groß Rosenburger Kirche gilt das Gotteshaus im südlichen Elbe-Saale-Winkel als „durchsaniert“. Vor 20 Jahren war Baubeginn.

Von Thomas Linßner 02.04.2024, 06:31
Pfarrer Ulf Rödiger zeigt zufrieden auf eines  der schönen, neuen Bleiglasfenster auf der Nordseite des Gotteshauses.
Pfarrer Ulf Rödiger zeigt zufrieden auf eines der schönen, neuen Bleiglasfenster auf der Nordseite des Gotteshauses. Fotos: Thomas Linßner

Groß Rosenburg. - Den Begriff „durchsaniert“ hörte man in den vergangenen Jahren immer mal wieder, wenn es um Gotteshäuser ging. Quasi als Gegenwort zu „einsturzgefährdet“. Die Groß Rosenburger Kirche hätte letzteres ebenso wie die Barbyer Marienkirche sein können, wenn nicht Menschen mit Elan alle Hebel in Bewegung gesetzt hätten, um bauliches Ungemach zu verhindern.

„Wir haben mit der Sanierung vor 20 Jahren begonnen“, erzählt Pfarrer Ulf Rödiger. Als dessen Ehefrau - die Pastorin Eva-Maria Wassersleben - 2003 gebückt über den Dachboden kletterte, um wenig amüsiert die massiven Schäden an der Holzkonstruktion zu betrachten, hätte sie sich eines wohl kaum träumen lassen: Das war nur der Anfang einer scheinbar nicht enden wollenden Sanierungsodyssee. Als die gebürtige Thüringerin 2010 in den Ruhestand verabschiedet wurde, schwante ihr aber schon, dass es ein „Unruhestand“ werden würde. Infolge privater Umstände konnte sich die kleine Frau allerdings entspannt zurücklehnen, da kein Geringerer als ihr Ehemann ihr Nachfolger wurde.

So sehen die Gravierungen aus, die auf die Sponsoren hinweisen. Die Fenster konnten überwiegend durch Spenden erneuert werden.
So sehen die Gravierungen aus, die auf die Sponsoren hinweisen. Die Fenster konnten überwiegend durch Spenden erneuert werden.
tli

Und nun ist es geschafft. Wie die Barbyer Marienkirche, deren Turm man von den Rosenburger Zinnen aus sieht, ist das Gotteshaus des Doppeldorfes an der Saale „durchsaniert“. Letztes Puzzlesteinchen war die Nordseite der Fassade. Erforderliche Sanierungssumme: 162.000 Euro. Der Fördermittelantrag wurde positiv beschieden, wenn freilich auch nicht zu hundert Prozent. Deswegen musste sich die Gemeinde strecken, die fehlenden 12.000 Euro aufzubringen.

Guter Arbeiter in der Öffentlichkeit

Doch Sanierungsroutinier Rödiger war guter Dinge, weil er ein redlicher „Öffentlichkeitsarbeiter“ ist, eine Fähigkeit, die auf weltlichem Feld nicht jedem Seelsorger gegeben ist.

Soll heißen: Er holte gut meinende Sponsoren aller Couleur (vom Christen bis zum strammen Atheisten) ins Boot. Denn das Sahnehäubchen sollten neue Bleiglasfenster auf der Nordseite werden, für die das öffentliche Geld nicht mehr reichte.

Jetzt ist mit Fertigstellung der Nordseite die Groß Rosenburger Kirche „durchsaniert“. Am 30. Juni soll  gefeiert werden.
Jetzt ist mit Fertigstellung der Nordseite die Groß Rosenburger Kirche „durchsaniert“. Am 30. Juni soll gefeiert werden.
tli

„Der Pastor ruft, und viele, viele spenden“, könnte man in Abwandlung von Heinrich Claurens romantischem Dichterwort sagen, der vor 200 Jahren allerdings seinen König meinte (Der König rief, und alle, alle kamen). Rödiger versandte Spendenbriefe, benutzte moderne Medien wie den WhatsApp „Status“, fütterte die Printmedien oder machte das Vorhaben auf Altväterart im Schaukasten publik.

Etwas Bleibendes hinterlassen

Und er griff nach einem Mittel, das nach dem Gefühlsleben der Menschen langte: Etwas Bleibendes zu hinterlassen. Viele Menschen wollen, dass ihr Leben nicht sinnlos war, dass es etwas bedeutet hat. Sie möchten, dass man sich an sie erinnert.

Deswegen sicherte der Pfarrer zu, das die Spendernamen – klein, denkmalgerecht aber sichtbar – auf die Bleiglasscheiben gestrahlt würden. Ulf Rödiger half das Argument, „das hält die nächsten hundert Jahre“ und brauchte nicht lange auf die Geldüberweisungen zu warten. Im Gegenzug kann man fortan ablesen, wer alles Gutes tat. Für 33 Bleiglasfensterfelder kamen übrigens 11.550 Euro zusammen.

Die 20-jährige Kirchensanierung soll am 30. Juni mit einem Fest ihren feierlichen Abschluss finden.