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Ausbildung Schönebeck: Ist die Erhöhung der Vergütung die Lösung für den Fachkräftemangel?

Die Einführung der Mindestausbildungsvergütung soll Ausbildung attraktiver machen. Eine wirksame Methode, den Fachkräftemangel in Schönebeck zu bekämpfen?

Von Stefan demps 11.01.2024, 06:52
Josef Dockal hat im Sommer letzten Jahres seine Ausbildung bei Thyssenkrupp begonnen.
Josef Dockal hat im Sommer letzten Jahres seine Ausbildung bei Thyssenkrupp begonnen. Fotos: Stefan Demps

Schönebeck. - Jeder zweite deutsche Betrieb hat einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer zufolge Probleme, freie Stellen zu besetzen. Am stärksten davon sind Bau und Industrie betroffen. Kann mit der Mindestausbildungsvergütung, die seit dem 1. Januar gilt, eine Besserung der Gesamtsituation erreicht werden? Die Ausbildung attraktiver zu gestalten, ist wichtig, auch weil die Fachkräfte, die noch in Lohn und Brot stehen, nicht jünger werden. So sind bereits jetzt zwischen 23 bis 28 Prozent aller Angestellten in den klassischen Industrieberufen 55 Jahre oder älter.

Kreative Lösungen gesucht

Im Salzlandkreis wurden im Berichtsjahr 2022/2023 (vom 1. Oktober 2022 bis 30. September 2023) der Agentur für Arbeit 917 Ausbildungsstellen gemeldet. Die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 173 gesunken. Gleichzeitig suchten 1.053 junge Menschen eine Ausbildungsstelle – 59 mehr als im Vergleich zum Vorjahr. Das ist in Schönebeck nicht anders. 229 Ausbildungsstellen wurden der Agentur gemeldet, was einen Rückgang von 46 Stellen bedeutet. Dem gegenüber standen 321 gemeldete Bewerber. Das sind 24 mehr als vor einem Jahr. Es gibt also mehr Bewerber als Stellen. Dennoch suchen viele Betriebe Auszubildende. Die Problematik Schulbildung ist natürlich auch ein wichtiger Punkt. Insgesamt haben im Berichtsjahr 197 Bewerber eine Ausbildung begonnen.

Um diese Zahl nicht nur für Schönebeck weiter zu erhöhen, hat die Bundesregierung im vergangenen mit verschiedenen Programmen versucht, den Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Ein wichtiger Punkt der nächsten Phase dabei ist, die Ausbildung attraktiver zu gestalten. Schließlich können aus den Azubis von heute die Fachkräfte von morgen werden. Um diese über eine bessere Bezahlung zu gewinnen, gilt seit 1. Januar die Mindestausbildungsvergütung von 649 Euro pro Monat. „Der Gesetzgeber hat mit der Einführung einer Mindestausbildungsvergütung entschieden, dass ein Arbeitgeber während einer Ausbildung eine angemessene Vergütung zu zahlen hat, die nicht unterschritten werden darf. Dies ist besonders wichtig in Berufen, die keiner oder nur einer geringen Tarifbindung unterliegen“, erläutert Stefanie Godulla, Pressesprecherin der Agentur für Arbeit Sachsen-Anhalt-West. Gerade die finanzielle Vergütung sei ein wichtiger Grund, sich für oder gegen einen Ausbildungsberuf zu entscheiden.

„Der Ausbildungsmarkt hat sich in den letzten Jahren sehr stark gewandelt. Bedingt durch den demografischen Wandel strömen heute weniger junge Menschen auf den Ausbildungsmarkt – offene Ausbildungsstellen zu besetzen fällt Arbeitgebern schon lange nicht mehr leicht“, bewertet die Pressesprecherin. Für die einzelnen Unternehmen bedeutet dies, dass sich Jugendliche die Wahl haben, wo sie ihre Ausbildung beginnen.

Khuat Dinh Quang macht bei Ambulanz Mobile  in Schönebeck eine Berufsausbildung  zum Mechatroniker.
Khuat Dinh Quang macht bei Ambulanz Mobile in Schönebeck eine Berufsausbildung zum Mechatroniker.
Stefan Demps

Kein Allheilmittel

„In vielen Fällen wird die Erhöhung allein nicht ausreichen, um die Berufe, in denen Arbeitgeber in der Ausbildung lediglich die Mindestvergütung zahlen, für Jugendliche attraktiver zu machen“, bremst Stephanie Godulla vor zu großen Erwartungen. Denn nicht immer ist es nur das Gehalt, was darüber entscheidet, wo der Azubi seinen Ausbildung beginnen wird. Dazu zählen Arbeitszeiten, Erreichbarkeit des Betriebes oder auch die Übernahme von Fahrtkosten. „Profitieren werden Arbeitgeber, die sich generell mit dem Thema Ausbildung beschäftigen und die bereit sind, in das Thema Arbeitgeberattraktivität Zeit und eben auch Geld zu investieren“, erklärt Alexandra Hahne, Teamleiterin des Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit Sachsen-Anhalt West. Zusammenfassend bedeutet dies, dass Arbeitgeber, um erfolgreich Nachwuchs zu rekrutieren, Alleinstellungsmerkmale für den Beruf und das eigene Unternehmen herausarbeiten und zielgruppengerecht präsentieren müssen.

In Schönebeck gibt es viele Betriebe, die mehrere Ausbildungsplätze anbieten. „Uns ist es wichtig, die Auszubildenden vom Beginn der Ausbildung bis zum Ende der Ausbildung finanziell zu unterstützen. Aus diesem Grund starten unsere Azubis im ersten Lehrjahr mit einer Vergütung von 800 bis 900 Euro pro Monat. Zusätzlich unterstützen wir unsere Auszubildenden mit Fahrtkostenzuschüssen sowie Mietkostenzuschüssen“, macht Josephine Arnemann aus dem Personalmanagement von Ambulanz Mobile deutlich. Mit dem Einstiegsgehalt liegt Ambulanz Mobile damit über der Mindestausbildungsvergütung. Der Hersteller von Aufbauten für Rettungswagen hat einen hohen Bedarf an Auszubildenden. Die aktuelle Ausbildungsklasse ist mit elf Azubis sehr hoch. Dennoch fehlen dem Unternehmen Mechatroniker oder Elektroniker.

„Ich denke das wir weit über die Mindestvergütung liegen“, sagt Benjamin Reimann, Fachverantwortlicher Erstausbildung bei Thyssenkrupp. Er fügt hinzu, dass das Unternehmen seit Jahren tarifgebunden vergütet. Laut Übersicht der IG Metall bekommen Azubis in Metall- und Elektroindustrie mehr als 1.000 Euro. „Ab 1. Mai ist eine Erhöhung bereits verhandelt“, erklärt Benjamin Reimann. Damit liegt der Verdienst bei Thyssenkrupp auch über der eingeführten Ausbildungsvergütung. „Unsere Azubis verdienen mehr als die neue Mindestvergütung“, sagt Sarah Neugebauer, die Referentin der Geschäftsführung bei Energy Systems.

Bessere Verdienstmöglichkeiten zu schaffen, scheint eine gute Idee. Gleichzeitig zeigt sich in Schönebeck, dass einige Betriebe bereits besser entlohnen als die Mindestausbildungsvergütung nahe legt. Ganz so einfach wird das Problem des Fachkräftemangels nicht zu lösen sein.