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Herz für Schwalben „Strichcodes“ kann man wegwischen

Mit der Aktion „Schwalbenfreundliches Haus“ zeichnet der Naturschutzbund Menschen und Häuser aus, bei denen die Vögel willkommen sind.

Von Thomas Linßner 04.08.2016, 20:03

Barby l Zugegeben: Ein bisschen Arbeit haben Andrea und Christian Trappe mit ihren flinken Sommergästen schon. Die Hinterlassenschaften der Schwalben zieren wie „Strichcodes“ die Wände des Hofes. „Das ist nicht schlimm, das wird wieder weggemacht“, winkt Christian Trappe entschlossen ab. „Irgendwo müssen die Schwalben schließlich ihre Nester bauen. Und bei uns brüten sie, so lange ich denken kann“, fügt er hinzu.

Solche Sätze hört Gudrun Sommerfeld von der Nabu-Ortsgruppe Schönebeck gerne. Denn so wie die Trappes aus Barbys Breite würden immer weniger Menschen denken. Es werden Netze gespannt oder die Schwalben mit anderen speziellen Erfindungen daran gehindert, ihre Nester an die Wände „zu kleben“. Auch Fassaden mit Silikonanstrichen machen es den Vögeln schwer.

Jedes Jahr kehren sie aus den afrikanischen Überwinterungsgebieten heim, um bei uns zu brüten. Vielerorts ist dann ihr Gezwitscher in der Nähe von Häusern, Schuppen und Ställen zu hören. Nicht immer sind sie willkommen, doch noch gibt es viele Menschen, die sich über das Glück freuen, dass die Schwalben laut einer alten Volksweisheit in ihre Häuser bringen sollen. Zwar ist die von 2010 bis 2013 mit großem Erfolg durchgeführte Aktion „Schwalbenfreundliches Haus“ beendet, aber zusammen mit Kreis- und Stadtverbänden zeichnet der Nabu weiterhin schwalbenfreundliche Hausbesitzer und ihre Immobilie mit einer Plakette aus.

Denn so zahlreich wie früher sind die Schwalben nicht mehr. Ihre Zahl geht seit vielen Jahren zurück, auch in Sachsen-Anhalt. Eine der Ursachen ist der fortschreitende Verlust von Nistmöglichkeiten. Während früher in jedem Kuhstall Platz für mehrere Rauchschwalbenpaare war, sind heute viele Viehställe verschlossen – sofern es sie überhaupt noch gibt. Nicht asphaltierte Feldwege und Hofeinfahrten, ideale Orte für die Schwalben, um feuchten Lehm für den Nestbau zu sammeln, sind heute eine Seltenheit. Mehlschwalbennester fielen den teilweise überzogenen Hygienevorstellungen einiger Hausbesitzer zum Opfer und würden nicht selten illegal von der Hauswand entfernt, so Sommerfeld.

Mit der Aktion „Schwalbenfreundliches Haus“ hofft der Nabu dazu beizutragen, die Akzeptanz für Schwalben und ihre Nester in der Nähe des Menschen zu erhöhen sowie bestehende Quartiere zu erhalten und neue zu schaffen. Menschen, die sich für Schwalben engagieren und an ihren Häusern dulden, werden mit der Plakette „Schwalbenfreundliches Haus“ ausgezeichnet.

Wie Christian Trappe erzählt, ist es in diesem Jahr bereits die dritte Brut, die ihre Untermieter groß ziehen. Der Barbyer hat auf dem Hof in Ermangelung einer Freileitung extra einen Stahldraht gespannt, damit Eltern und Nachwuchs darauf sitzen können. Im alten Torhaus, das wind- und wettergeschützt ideale Bedingungen bietet, entfernt Trappe extra eine Fensterscheibe, wenn die Brutsaison beginnt.

Laut Gudrun Sommerfeld werden in diesem Jahr drei Häuser in Barby und jeweils eines in Gnadau und Zuchau in der Einheitsgemeinde als „Schwalbenfreundliches Haus“ ausgezeichnet. Weitere Bewerbungen liegen aus Glinde, Breitenhagen und Gnadau vor.