Stadtrat Wirrwarr um Kita-Neubau

Im Juni 2017 hat der Stadtrat Schönebeck eine Entscheidung getroffen, die dem Gremium nicht zustand.

Von Ulrich Meinhard 11.02.2018, 10:28

Schönebeck l „Ich fühle mich über den Tisch gezogen.“ Mit diesem Satz wartete Stadtrat Holger Goldschmidt (FDP/Rettet die Altstadt) während der jüngsten Sitzung des Schönebecker Stadtrates auf. Goldschmidt bezog sich mit seiner Bemerkung auf eine Abstimmung in einer vorangegangenen Sitzung im Sommer 2017. In einer Beschlussvorlage der Stadtverwaltung ging es um den Neubau einer Kindertagesstätte im Neubaugebiet Schillergarten. Dieses Neubaugebiet, geplant von der Städtischen Wohnungsbau (SWB) GmbH, gibt es bislang nur auf dem Reißbrett. Es ist also vorerst lediglich eine Idee, das seit Jahren von Industrieruinen freigeräumte Gelände in der Nähe des Schönebecker Bahnhofes mit attraktiven Wohnhäusern zu bebauen und damit aufzuwerten. Mitten hinein soll eine Kita. Nicht irgendeine, sie soll modern, sie soll in jeder Hinsicht zukunftsweisend sein und zum Beispiel auch nachts für die Betreuung von Kindern geöffnet haben.

Der Schönebecker Stadtrat als Gremium fand die Idee im Juni vergangenen Jahres mehrheitlich gut und schluckte darum auch die bittere Pille, dass mit der Eröffnung der Kita Schillergarten die schön gelegene, aber sanierungswürdige Kita „Storchennest“ in Grünewalde schließen muss. Das, so die Vorlage der Verwaltung, sei eine Bedingung, gestellt von der Kommunalaufsicht, also dem Landratsamt Bernburg. Der Landkreis würde nicht über den Bedarf hinaus Kita-Zuschüsse zahlen.

Es war Stadtrat Holger Goldschmidt, der die Verfahrensweise aus formellen Gründen kritisierte. Er wandte sich an das Landratsamt und in der Tat, von dort bekam er die Zusicherung, er habe Recht. Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage, heißt es in einem Schreiben von Michel Peter, dem Leiter der Stabsstelle Kommunalaufsicht, habe er Vertreter der Stadtverwaltung Schönebeck nach Bernburg eingeladen zu einem Gespräch, das am 9. Januar stattfand. Die Botschaft: Eine Schließung der Kita "Storchennest" sei grundsätzlich Sache des Trägers, in dem Fall der Arbeiterwohlfahrt (Awo). Nur die Awo könne dieses Anliegen beim zuständigen Fachdienst in Bernburg beantragen. Und weiter: Auch für einen Standortwechsel müsse „grundsätzlich“ der jeweilige Träger einen Antrag zur Erteilung der Betriebserlaubnis stellen.

Michel Peter im Schreiben an Holger Goldschmidt: „Insofern bleibt festzustellen, dass die Zuständigkeit zur Antragstellung für die Schließung der Kindertagesstätte 'Storchennest' sowie für den geplanten Neubau beziehungsweise Ersatzneubau einer Kindertagesstätte im Wohngebiet ‚Am Schillergarten‘ durch die SWB nicht dem Stadtrat der Stadt Schönebeck obliegt.“

Die Beschlussvorlage vom Juni 2017, hält Holger Goldschmidt fest, war also rechtswidrig. „Wer ist dafür verantwortlich“, wollte er jetzt wissen. Weiterhin stellte er die Frage, welcher Mitarbeiter im Landkreis denn der Stadt Schönebeck versichert habe, dass die Kita in Grünewalde schließen muss, damit die Kita im Schillergarten öffnen kann.

Oberbürgermeister Bert Knoblauch (CDU) berichtete daraufhin von einem Gespräch beim Kreis mit mehreren Verwaltungsmitarbeitern und nannte auch Namen. Seiner Darlegung nach habe es in der Zwischenzeit einen Personalwechsel in Bernburg gegeben und damit sei eine andere Einschätzung der Situation verbunden. Er wehrte sich gegen den im Raum liegenden Vorwurf, er hätte dem Stadtrat absichtlich eine rechtswidrige Vorlage vorgelegt. „Das würde ich niemals tun.“

Um die Angelegenheit aus der Welt zu schaffen, steht das Thema in der Stadtratssitzung am 8. März auf der Tagesordnung. Dann dürfte der Stadtrat einen Beschluss zurücknehmen, den er niemals hätte treffen dürfen.