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Wirtschaft Josefin macht sich Hände schmutzig

Seit mehr als drei Jahren erlernt die 19-jährige Josefin Krätzsch bei der Doppstadt Calbe GmbH den Beruf der Industriemechanikerin.

Von Susann Salzmann 08.11.2017, 14:33

Calbe l Ihre Ausbildung mit den damit abgeforderten Leistungen haben ihre Erwartungen im positiven Sinn übertroffen, resümiert Josefin Krätzsch. Sie sei keine Tussi, entgegnet sie schlagfertig mit einem frechen Grinsen. Vielmehr mache sie sich lieber die Hände schmutzig. Schon immer wollte sie in ein berufliches Umfeld vordringen, in dem technisches Verständnis sowie Geschick gefragt seien.

Mit ihrem Ausbildungsziel als Industriemechanikerin wähnt sich die junge Calbenserin ihrer Idealvorstellung sehr nah. Dreieinhalb Jahre dauert diese technische Ausbildung. Im Februar des kommenden Jahres möchte sie ihren Abschluss machen und danach beim Ausbildungsbetrieb, der Doppstadt Calbe GmbH, als Fachkraft zur Verfügung stehen.

Ein Mädchen in einem (vermeintlich) typischen Männerberuf. „Der Berufswunsch, etwas Technisches zu lernen, ergab sich bei mir in der sechsten Klasse“, erzählt Josefin. Hinzu kamen spannende Einblicke in das Berufsfeld des Vaters, der als Konstruktionsmechaniker seinen Lebensunterhalt verdient. In der neunten Klasse schließlich findet die damalige Sekundarschülerin der Herder-Schule durch eine Berufsmesse den Weg zu Angela Andreas. Sie ist die Personalreferentin bei Doppstadt am Calbenser Standort und hat sich dafür stark gemacht, die Ausbildungsberufe auch weiblichen Ausbildungssuchenden ans Herz zu legen.

Natürlich, räumt Andreas ein, habe eine anfängliche Skepsis und Unsicherheit vonseiten des Unternehmens vorgeherrscht - gerade bei der Frage, ob das Mädchen die (auch körperlichen) Anstrengungen bewältigen kann. Doch: Man wurde eines Besseren belehrt. „Sie war teilweise von ihren Handfertigkeiten besser als die Jungen“, denkt Andreas zurück. Krätzsch setzt auf Schulpraktika. Hier eine Woche, einige Monate später erneut zwei Wochen - und das freiwillig. In denen kann sich die taffe, robuste Frau hervortun. Von ihren Qualitäten, aber insbesondere von ihrem eisern scheinenden Willen, genau diese Ausbildung bei Doppstadt zu beginnen.

Erinnert sich Personalreferentin Andreas zurück, ist es vor mehr als drei Jahren genau dieser Wille gewesen, mit dem Josefin Krätzsch ihren künftigen Arbeitgeber überzeugt hat. Eine Entscheidung, die bis heute keine der beiden Parteien bereut hat. Für das Unternehmen, das Umwelttechnik herstellt, ist das Mitwirken Josefins in der Produktion eine Premiere. Schließlich ist sie die erste junge Frau in diesem Bereich seit der Wende, kommentiert Andreas.

Schon Monate vor ihrer Abschlussprüfung wird Krätzsch in der Vor- beziehungsweise Bändermontage für die Fließfertigung eingesetzt. „Mir gefällt es hier noch besser, als ich mir anfangs vorgestellt habe“, bekundet die 19-Jährige. Hintergrund sei, dass für diesen Arbeitsplatz verstärkt technisches Verständnis und Vorstellungsvermögen benötigt werden. Das soll nach erfolgreich absolvierter Ausbildung auch der künftige feste Arbeitsplatz für Krätzsch sein.

Dort montiert sie an unterschiedlich großen Stahlrahmen Tragrollen vor. Hinzu komme das Verlegen von Schmierleitungen für die Lager, das Anbringen der Antriebsrollen etc.. „Auch Frauen können meine Arbeit schaffen“, sagt Krätzsch entschlossen. Die Ausbildung ist anspruchsvoll. Besonders das Schweißen. Das zeigt bereits die Fluktuation in ihrer Berufsschulklasse. Von anfänglich 28 Jungen und zwei Mädchen sind noch zwölf Jungen und sie als einziges Mädchen übriggeblieben.

Als Schülerin ist Josefin dem Diskus- und Speerwurf sowie dem Kugelstoßen nachgegangen. Das brachte ihr Kraft. Und wenn diese nicht genügt, dann improvisiert sie. „Die Schrauben bekomme ich nicht so fest angezogen wie ein Mann, aber ich verlängere meinen Hebel dann einfach mit einem Rohr. So funktioniert es“, sagt sie.