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Landwirte Futter für die Biogasanlage

Neben Kot und Gülle werden auch Zuckerrüben und Mais regelmäßig zur Biogasanlage Staßfurt geliefert.

15.01.2020, 23:01

Staßfurt/Mannheim/Hohenerxleben l Berge von Zuckerrüben liegen auf dem Gelände der Biogasanlage Staßfurt. Dabei sind Zuckerrüben vollwertige Futtermittel für Tiere, aber auch in der Lebensmittelproduktion einsetzbar, zum Beispiel für Jogurt oder Buttermilch. „Es kann doch nicht sein, dass diese guten Zuckerrüben genutzt werden, um Biogas zu erzeugen“, ärgert sich ein Staßfurter. „Wie weit ist es schon gekommen, dass wir Futtermittel vernichten?“ Der Staßfurter hatte das Geschehen an einem Donnerstagmittag verfolgt. Welche „Massen“ an einwandfreien Früchten werden hier geopfert?

Das Unternehmen hinter der Staßfurter Biogasanlage ist die MVV Energie AG in Mannheim und betreibt einen Verbund von vier Anlagen in der Börde mit Staßfurt, Klein Wanzleben, Barby und Kroppenstedt. „In der Tat werden in der Biomethananlage auch Zuckerrüben zur Energieerzeugung eingesetzt“, gibt der Sprecher des Unternehmens, Roland Kress, Auskunft.

Das Unternehmen erklärt, dass die Rüben nur für die Verarbeitung in der Anlage zu Biogas angebaut werden. Sie seien „also nicht als Tierfutter oder zur Lebensmittelproduktion vorgesehen“. Zuckerrüben ergänzten bei der Produktion die landwirtschaftlichen Abfälle wie Gülle und Hühnerkot. „Neben Zuckerrüben, deren Anteil unter zehn Prozent liegt, wird auch Maissilage eingesetzt“, so Sprecher Roland Kress.

Was in der Biogasanlage durch Vergärung zu Biomethan verarbeitet wird, bezeichnet man als „Substrat“. Jährlich werden in den vier Anlagen 250 000 Tonnen Gülle, Hühnerkot oder Pflanzen verarbeitet.

Das Zauberwort für das Unternehmen ist der Begriff „nachwachsende Rohstoffe“. Sowohl Zuckerrüben als auch Mais wachsen nach. Und: „Die eingesetzten Substrate werden nach dem Vergären in der Anlage vor Ort wieder komplett als wertvoller Naturdünger eingesetzt und ersetzen dadurch Kunstdünger“, so Sprecher Kress. „Somit schließt sich der Kreis. Denn mit Hilfe dieser wertvollen Nährstoffe wachsen neue Energiepflanzen für die Erzeugung des Biomethans heran.“ Es entstehe eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft, bei der kein Abfallprodukt anfalle. Die Energie sei klimaneutral. Die vier Anlagen sparten 80 000 Tonnen CO2 pro Jahr ein.

Zuckerrüben und Mais, die nur für die Biogasanlage angebaut werden, werden von rund 20 kleineren und größeren landwirtschaftlichen Betrieben der Region geliefert. Als die Anlage 2015 in Betrieb genommen wurde, hat man langfristige Verträge gemacht. Nachgefragt bei Landwirten der Region, erklärt Marc Glowienka vom Agro-Team Unseburg, dass auch er Mais liefert, seit er bei Hohenerxleben Flächen übernommen hat. Um die 60 Hektar, zehn Prozent, sind für die Biogasanlage reserviert.

„Da wir bei Hohenerxleben Getreide anbauen, müssen wir mit dem Anbau von Blattfrüchten wie Zuckerrüben, Erbsen, Winterraps oder Mais für eine abwechselnde Fruchtfolge sorgen“, erklärt Marc Glowienka. „In Unseburg haben wir das Problem nicht, da wir dort auch Kartoffeln und Zwiebeln haben.“ Die wechselnde Fruchtfolge ist in der Landwirtschaft wichtig für die Bodengesundheit und verringert den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.

Das Beliefern der Biogasanlage Staßfurt mit Mais sei natürlich auch eine wirtschaftliche Entscheidung. „Ob ich den Mais an die Biogasanlage liefere oder an die Nahrungsmittel- oder Futtermittelindustrie, macht preislich keinen Unterschied“, so der Landwirt.

Hat man ein komisches Gefühl, wenn Nahrungsmittel so verwendet werden? Marc Glowienka meint: „Das ist politisch so gewollt, grüne Energie ist populär. Wir nutzen keine Ressourcen wie Braunkohle, die unwiederbringlich verloren wären. Außerdem ist die CO2-Bilanz einer Zuckerrübe erstaunlicherweise viel besser als die des Waldes.“ Ein Hektar Zuckerrüben erzeugt im Vergleich zum Hektar Wald 2,5-mal so viel Sauerstoff beziehungsweise bindet Kohlenstoff.