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Sturm "Friederike" Orkan fegt über Straßfurt und Egeln

Nach Sturm „Friederike“ ziehen Einsatzkräfte und Behörden Bilanz: Das Salzland ist glimpflich davon gekommen.

19.01.2018, 19:54

Staßfurt/Egeln/Hecklingen l „Friederike“ bleibt in Erinnerung. Der Sturm ist mit ganzer Kraft über das Flachland und damit auch die Region Staßfurt hinweggefegt. Bereits am Donnerstagmittag musste der Wetterdienst seine Prognosen für die Stärke der Windböen nach oben schrauben. Mit bis zu 140 Stundenkilometern hatte „Friederike“ nahezu die gleiche Stärke wie „Kyrill“ am selben Tag elf Jahre zuvor. Doch das Salzland und die Region Staßfurt sind mit dem Schrecken davongekommen. Am schlimmsten traf es einen 53-jährigen Bernburger. Der Mann war am Donnerstag um 15.43 Uhr in der Waisenhausstraße von Teilen einer umstürzenden Mauer getroffen und verletzt worden. „Er ist in das Krankenhaus gekommen, schwebt aber nicht in Lebensgefahr“, sagt Marco Kopitz. Der Sprecher der Polizei des Salzlandkreises berichtet, dass die Beamten hauptsächlich unterstützend im Einsatz gewesen seien. Ab 14.30 Uhr schlugen die ersten Meldungen, die mit dem heftigen Wind zu tun hatten, auf. „Es mussten zumeist Sperrungen vorgenommen werden. Aber auch Ampelanlagen, die durch den Sturm verdreht wurden, standen auf der Einsatzliste“, fasst der Sprecher zusammen.

Der Fachdienst für Brand-, Katastrophenschutz und Rettungsdienst im Salzlandkreis hatte die Koordination während des Sturms. 63 Ortsfeuerwehren waren im Kreisgebiet gefordert. Bis 20 Uhr war ein Stab für außergewöhnliche Ereignisse im Einsatz. Die Leitstelle, alle sechs Arbeitsplätze mit je zwei Mitarbeitern besetzt, registrierte 500 eingegangene Notrufe. Darunter aber auch Rettungsdiensteinsätze oder Anforderungen vom kassenärztlichen Bereitschaftsdienst. Rund 300 Einsätze hatten aber mit dem Sturm zu tun. Ein zusätzlicher Arbeitsplatz wurde in der Leitstelle für die Weitergabe dieser Einsätze an die 14 örtlichen Einsatzleitungen in den Städten und Gemeinden eingerichtet. Der Salzlandkreis hatte die Kommunen dazu aufgefordert. Außerdem wurde unterstützt bei der Weitergabe von Infos an Energieversorger, die Deutsche Bahn oder Straßenbaulastträger. Insgesamt waren 16 Kreismitarbeiter im Staßfurter Schiff vor Ort, darunter der Kreisbrandmeister. Auch jetzt ist die Leitstelle noch personell aufgestockt, um Aufnahme und Abarbeitung der Folgeschäden zu koordinieren.

Über 100 Einsätze sind allein bei der örtlichen Einsatzleitung in der Staßfurter Feuerwache gemeldet worden. „Es handelte sich hauptsächlich um entwurzelte Bäume, herabgestürzte Äste und Teile von Gebäuden, die der Sturm mitgerissen hatte“, sagt Staßfurts Stadtwehrleiter Tobias Schumann. Er übernahm die Einsatzleitung in der Salzstadt. Feuerwehr und Ordnungsamt der Stadt hatten gemeinsam mit dem Stadtpflegebetrieb den Stab eingerichtet. „Diese Organisation hat sich bewährt. Wir saßen alle an einem Tisch und konnten direkt entscheiden, wo wir Prioritäten setzen“, so der Stadtwehrleiter. Die Leitstelle hat über E-Mail die Einsätze an den Stab in der Wache geschickt, über 80 an der Zahl, hinzu kamen weitere Anrufe von Bürgern.

Die größten Einsätze waren am Staßfurter Prinzenberg, wo „Friederike“ Dachteile auf die Straße geweht hatte. In Neustaßfurt drohte ein altes und leerstehendes Verwaltungshaus, die ehemalige Kaliverwaltung, einzustürzen, nachdem der starke Wind das Dach auf die Straße geschleudert hatte. Kameraden des Technischen Hilfswerkes Staßfurt waren mit vor Ort und sicherten die Gefahrenstelle ab. Sie beräumten die Straße. Nach Angaben vom Staßfurts Ortsgruppenleiter Christian Wieser nahm man die Dachteile aber nicht auseinander. „Während der heftigen Böen mit der Kettensäge zu arbeiten, hätte nicht funktioniert.“ Die THW-Kameraden waren danach noch in der Staßfurter Grenzstraße im Einsatz. Hier hatte sich ein Trapezdach am Pekrul-Hof angehoben und musste gesichert werden. In Neundorf am Gänseanger stürzte ein Nadelbaum um. Ebenso kam in Löderburg ein Baum zu Fall. Sie sollen am Freitag von Fachfirmen beräumt werden. In der Nacht wäre das für die Feuerwehrleute zu gefährlich gewesen. Neben Löderburg und Neundorf gab es auch Alarmierungen aus Staßfurt, Hohenerxleben, Rathmannsdorf, Üllnitz, Athensleben, Atzendorf und Glöthe. „Dabei ging es zunächst um Gefahrenabwehr“, erklärt Tobias Schumann. Kleinere Schäden wurden danach bearbeitet. Vom städtischen Museum waren Dachziegel heruntergekommen, die eine Firma am Freitag sicherte und durch neue ersetzte. In der Steinstraße kurz vor dem Kreisverkehr Luisenplatz wurden Reste beräumt, die vom Dach zweier Ruinen geflogen waren.

Insgesamt waren während des Orkans 131 Kameraden aller Staßfurter Ortsfeuerwehren im Einsatz. Dazu zwölf Helfer des Technischen Hilfswerkes Staßfurt, sieben Mitarbeiter des Ordnungsamtes, vier Mitarbeiter des Stadtpflegebetriebes und die Bereitschaft der Stadtwerke. Einsatzleiter Tobias Schumann zollt allen großen Respekt. „Ich möchte mich bei allen Kameraden und Beteiligten für ihre Leistung bedanken, besonders vor dem Hintergrund, dass sie in einer besonderen Gefahrensituation agieren mussten.“ Alle Ortswehren seien gemeinsam als eine Feuerwehr Staßfurt aufgetreten. Die Kameraden wurden nicht nur in ihren Heimatorten eingesetzt, sondern auch in anderen Ortschaften und der Kernstadt, so wie sie gebraucht wurden. „Das hat super funktioniert – das war eine super Gemeinschaft!“, so der Stadtwehrleiter.

In Güsten deckte „Friederike“ das Dach der ehemaligen Kindertagesstätte „Güst‘ner Spatzen“ ab. „Wir haben den Schaden der Versicherung gemeldet“, erklärt Jan Ochmann. Es sehe aber schlimmer aus als es ist. „Es regnet nicht rein. Und wir halten an der Nutzung des Objekts als Übergangslösung fest, wenn die Grundschule saniert wird.“ Die Ertüchtigung der ehemaligen Kita steht noch bevor. Gelder dafür sind eingeplant. „Unabhängig von der nun bevorstehenden Schadensbeseitigung hätte ich eigentlich nicht vor, das Gebäude nach der Nutzung als Schule abzureißen“, sagt Ochmann noch. Man sei da noch völlig ergebnisoffen.

In der Verbandsgemeinde Saale-Wipper halten sich die Schäden insgesamt in Grenzen. Größter Ärger war sicher der Stromausfall in den Ilberstedter Ortsteilen Bullenstedt und Cölbigk mit Beginn des Sturms. Dort sollte die Versorgung aber Freitagnachmittag wieder gewährleistet sein. In Güsten mussten zwischenzeitlich die Neue Straße und Abschnitte des Anhaltinerrings gesperrt werden, weil Dachziegel auf die Straßen flogen.

Jan Ochmann ist allen Kameraden dankbar für ihren Einsatz und dass alle unversehrt wieder zurückkamen: „Die waren da draußen bei dem Sturm und haben sich um unsere Sicherheit gekümmert. Immerhin machen sie das ehrenamtlich.“

Insgesamt rückten die Feuerwehren der Verbandsgemeinde am Donnerstag 36-mal aus, die der Stadt Güsten fuhr zwölf Einsätze, zählt Manuela Hüddersen auf, die am Donnerstag die kurzfristig eingerichtete Stabsstelle leitete. Die Einsätze der Wehren hörten am Freitag allerdings nicht auf, denn einige Bäume galt es doch von öffentlichen Flächen zu beräumen. In Amesdorf beispielsweise musste schnellstens eine umgestürzte Pappel auf dem Friedhof beseitigt werden, damit eine Trauerfeier wie geplant stattfinden konnte.

In Hecklingen hatten Stadt und Wehrleitung ab 14 Uhr im Depot eine örtliche Einsatzleitung gebildet. „In Absprache mit der Stadt hatten wir uns bereits am Mittwoch dazu entscheiden, noch bevor der Kreis das eingefordert hat. Wir waren einen Schritt voraus“, sagt Hecklingens Stadtwehrleiter Heinz Broda. Gegen 14.45 Uhr ging es mit den ersten Einsätzen los. Das zog sich bis zirka 20 Uhr hin. Die Gerätehäuser in den Orten waren besetzt. „Einen Tag vorher hatten wir auch das über eine Rundmail geklärt, dass die Wehrleiter dort sind.“ Eine Bereitschaft gab es nicht. 45 Helfer rückten von Hecklingen, Schneidlingen, Groß Börnecke und Cochstedt gezielt insgesamt 18-mal im gesamten Stadtgebiet aus. „Es waren aber nur kleinere Schäden an Dächern oder Fassen zu verzeichnen“, sagt der Feuerwehrchef. Stadtwehrleiter Broda. „Personen sind bei uns zum Glück nicht verletzt worden“, teilt er mit. „Es gibt keine größeren Schäden an Gebäuden. Alles ist händelbar.“ Die örtliche Einsatzleitung habe sich bewährt. Neben der Feuerwehr waren auch Bürgermeister Uwe Epperlein und Ordnungsamtsleiterin Marion Strecker dabei. „Die Einsätze konnten ohne Stress und Hektik abgearbeitet werden. Gemeinsam wurden Entscheidungen getroffen, für die Feuerwehr und Gemeinde die Verantwortung mit übernommen haben. Das ist eine Stütze für das Ehrenamt.“ Am Freitag wertete die Feuerwehr den Sturmtag aus und absolvierte Resteinsätze.

Bis in die Nachtstunden waren auch die acht Feuerwehren der Egelner Mulde gefordert. „Offiziell wurden 52 Einsätze registriert“, sagt Gemeindewehrleiter Michael Kieler gestern. Dabei beseitigten die Feuerwehrleute 27 umgekippte Bäume und wurden 15-mal zu Dachschäden gerufen. Daneben kümmerten sich die Kameraden um abgefallene Äste und umgekippte Straßenschilder. „Es war ganz schön heftig“, sagt der Gemeindewehrleiter.

Im Dauereinsatz war außerdem Verbandsgemeindebürgermeister Michael Stöhr. Er schildert ebenfalls die große Kraft des Orkans. Selten seien so viele Dächer in Mitleidenschaft gezogen worden. Selbst am Anbau des Rathauses in Egeln wurde ein Teil der Dacheindeckung vom Wind fortgerissen. Vor einigen Wochen, beim ersten im vergangenen Jahr, gab es hier bereits Schäden. Gestern wurden die Feuerwehren der Egelner Mulde noch einmal zu zwei Einsätzen gerufen. Insgesamt waren 92 Einsatzkräfte am Donnerstagabend unterwegs. „Ich danke allen Feuerwehrkameraden für ihren stundenlangen Einsatz“, würdigt Michael Stöhr das ehrenamtliche Engagement.

Schäden hat „Friederike“ nicht nur in den Orten angerichtet, sondern auch in der Natur. Im Hakel seien ungefähr 1000 Festmeter betroffen, wie Revierleiter Falko Friedel der Volksstimme mitteilt. „Viele Bäume waren komplett mit Wurzel umgekippt. Das zog sich durch alle Baumarten, die im Hakel zu finden sind“, so Friedel. Allerdings habe es nur wenige Flächenbrüche gegeben. Bei vielen Bäumen seien außerdem die Kronen abgebrochen. „Der Wald ist an den Hauptwegen schon wieder begehbar“, so Friedel. Im Egelner Wald seien lediglich einige Wege zugebrochen gewesen, resümiert Falko Friedel.