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Vandalismus Ärger bei den Jägern: Hochsitze verwüstet

Aktualisiert: 20.4.2021, 09:26
Abgesägt und umgekippt: In Hecklingen wurde dieser Hochsitz zerstört. Am Morgen fanden Jäger den Trümmerhaufen.
Abgesägt und umgekippt: In Hecklingen wurde dieser Hochsitz zerstört. Am Morgen fanden Jäger den Trümmerhaufen. Foto: Jäger Hecklingen

Hecklingen (ntu). Der Anblick hat sauer gemacht. Zufällig entdeckt, saß der Schreck dem Betrachter noch Stunden danach in den Knochen. War es Wut? Sind Jagdgegner aktiv geworden? Vielleicht waren es Vegetarier oder Tierschützer? Diese Fragen müssen aber vermutlich mit „nein“ beantwortet werden, meint ein Jäger aus Hecklingen. Er möchte lieber anonym bleiben (Name ist der Redaktion bekannt). Dafür denkt er, dass hinter den Taten, die er jetzt auch zur Anzeige gebracht hat, einfach „purer Vandalismus“ steckt.

In der vergangenen Woche wurden in der Nacht zum Mittwoch und Donnerstag gleich mehrere Hochsitze in Hecklingen und Staßfurt kaputt gemacht.

Die auf Holzstämmen stehenden, zirka drei Meter hohen Aussichtskanzeln wurden abgesägt und zertrümmert. Zwei Standorte des Jägers aus Hecklingen sind betroffen.

Hoher Schaden

Diese hat der Mann – er ist seit über 30 Jahren Jäger – zusammen mit einem Freund erst vor knapp einem Jahr aufgestellt und in Eigenregie gebaut, Geld aus der eigenen Tasche ausgegeben.

„Als ich den Anblick jetzt sah, hat es mich fast erschlagen“, berichtet er. Er sei um die Ecke gekommen, um einfach noch einmal an den Kanzeln vorbeizuschauen, um zu gucken, ob alles in Ordnung sei. Und dann so etwas. „Alles zerschlagen. Fast 1000 Euro Schaden“, ärgert sich der Jäger.

Der Vorfall wühlt auf. Seit 1990 ist der Jagdfreund einer von elf Mitgliedern einer Pächtergemeinschaft in Hecklingen.

Pest eindämmen

Die Stille, die Ruhe, das Beobachten der Tiere, Natur und Landschaft - all das begeistert ihn. Mit seinem Hobby einher gehe die Aufgabe, den Wildbestand zu regulieren, erklärt er. Etwa dann, wenn Populationen nicht ausgeglichen sind oder Gefahr aufgrund möglicher Tierseuchen bestehe. „Ich gehe fast jeden Tag raus und gucke, welche Tiere wo laufen“, berichtet der Naturfreund.

Im Moment gehe es vor allem darum, Wildschweine zu erlegen. „Die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest muss verhindert werden“, erklärt er, dass Jäger sogar vom Landesjagdverband dazu angehalten sind. Von diesem gebe es im Moment einen finanziellen Anreiz. Die Jäger sollen 65?Euro pro erlegtem Wildschwein erhalten. „Denn es besteht Gefahr, dass die Pest über die Wildschweine den Haustierbestand befällt und dann müssten alle gekeult werden“, erklärt der Hecklinger.

Im Ort selbst dürfen Jäger nicht aktiv werden, nur außerhalb, dort, wo sich in Hecklingen beispielsweise die umgekippten Hochsitze befinden.

Absperrband für die „Partyzone“

Weil es sie nicht mehr gibt, kann dort im Moment aber auch nicht mehr geschossen werden. „Sind die Wildschweine erst einmal oben, ist es vielleicht schon zu spät“, fürchtet der Jagdpächter und hat dabei die Tiere der Schweinemastanlage in Hecklingen im Blick.

Erschwerend hinzu komme, wird berichtet, dass Wildschweine sich in der Nähe zu einem angrenzenden Staßfurter Gewerbegebiet mit mehreren Einkaufsmärkten aufhalten. Aufgrund von Essensresten, die dort weggeworfen werden, sei die Gefahr groß, dass sie angelockt werden. Beobachtungen zufolge sollen Lieferanten Sachen weggeschmissen haben, was die Tiere in den Ort ziehe.

Doch zurück zu den zerstörten Hochsitzen: Der verärgerte Jäger hat bereits Anzeige erhoben und war bei der Polizei. Außerdem hat er gleich danach mit der befreundeten Pächtergemeinschaft in Staßfurt Kontakt aufgenommen.

Mitglieder mussten berichten, dass auch sie von dem „Anschlag“ betroffen sind. „Vom Mittwoch zum Donnerstag wurden unsere Kanzeln im Horst umgeworfen. Das waren Chaoten“, schätzt Jäger Marco Flemming aus Staßfurt. Er hat Fotos vom Tatort gemacht. Zu sehen ist ein gelbes Absperrband mit der Aufschrift „Partyzone“, das hinterlassen wurde. Eine Kanzel koste zirka 600 bis 700 Euro, schätzt Flemming. Auf die Problematik mit den Schweinen und der Tierseuche eingehend bestätigt er, was sein Jagdkollege aus Hecklingen berichtet.

Nicht eigenmächtig sein

Die Jäger sind bemüht, die Tiere aus den Orten fernzuhalten. Denn auch in Staßfurt kommen Wildschweine seinen Beobachtungen zufolge fast bis an den Neumarkt ran. „Wir sind bemüht, sie vorher nach hinten zu locken, um sie einfangen zu können“, erklärt Flemming. Bleibt zu fragen, warum es die wilden Tiere in die Stadt zieht? „Zum Staßfurter Horst zählen bestimmt 20 Hektar Schilf.“ Dort seien die Bedingungen für die Schweine ideal, so Flemming.

Der Polizei im Salzlandkreis ist der Vorfall bekannt. Dass Kanzeln von Jägern mutwillig zerstört werden, das komme ab und an vor, teilt der leitende Einsatzleiter in Bernburg, Thomas Meyer, mit. Wenn so etwas passiere, sei es in jedem Fall ratsam, Anzeige zu erstatten. „Jäger sollten aber niemals eigenmächtig mit Waffen handeln, um die Täter zu schnappen.“

Das sei alles schon vorgekommen, so Meyer. Sinnvoller sei ein Aufruf, ob es Zeugen gibt. „Ob jemand Fahrzeuge oder Personen in der Nähe gesehen hat.“

Ein kaputter Hochsitz in Staßfurt: In der Nacht zum Donnerstag wurde er umgekippt. Drumherum sperrten die Täter ein gelbes Band mit der Aufschrift ?Partyzone?.
Ein kaputter Hochsitz in Staßfurt: In der Nacht zum Donnerstag wurde er umgekippt. Drumherum sperrten die Täter ein gelbes Band mit der Aufschrift ?Partyzone?.
Foto: Marco Flemming